Kritik: The Cuphead Show! – Staffel 1
Von Tassen und Teufeln
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Irgendwo auf der Tintenfass-Insel leben die Tassenbrüder Tassilo/Cuphead (Tru Valentino/Alexander Merbeth) und Pottkopp/Mugman (Frank Todaro/Nils Rieke) friedlich bei ihrem Opa Kessel (Joe Hanna/Achim Buch). Normalerweise passiert nicht oft etwas auf dieser ruhigen Insel. Auch diesmal scheint es so als dürften die Geschwister nicht mehr tun als den Zaun zu streichen. Doch der aufgedrehte Cuphead hat eine bessere Idee und so überredet er seinen sonst vernünftigeren Bruder Mugman auf den Rummelplatz zu gehen. Es wird schon nichts Schlimmes passieren…
Zu spät bemerken beide, dass es sich bei diesem Carneval um den „CarnEVIL“ handelt und der gesamte Rummelplatz vom Teufel höchstpersönlich (Luke Millington-Drake) betrieben wird. Dieser verleibt sich die Seelen der Besucher, die in einer seiner Spielbuden verloren haben. Und eher man sich versieht, schuldet Cuphead dem Teufel seine Seele!
Wie wollen die Tassenbrüder da wieder rauskommen?
Als das Indie-Spiel Cuphead 2017 veröffentlicht wurde, stach es sofort von der Masse heraus – und das aus gutem Grund: Die Kombination aus einem handgezeichneten 30er Jahre Cartoonstil, einer klassischen Shoot ’em up Spielweise in 2D und einem hohen Schwierigkeitsgrad für Hardcore Gamers verlieh dem Spiel Kultstatus. Zudem war es noch der Mix aus absurden Nostalgiewelten und den bizarren Storyelementen der heutigen Zeit, die das Spiel so einprägsam machten.
Wie lässt es sich sonst erklären, dass zwei Cartoonfiguren mit Tassenköpfen beim Teufel die Seelen verspielen und diese nur dann zurückbekommen, wenn sie bei zahlreichen Individuen deren Seelenschulden eintreiben? Und das verläuft durch Bosskämpfe, die nie so verlaufen, wie es anfangs scheint. Wenn man über die Absurditäten hinwegsieht (oder speziell darauf achtet) hat man genug Material für eine hervorragende Adaption. Immerhin sind bereits Charaktere wie der verschlagene König Würfel/King Dice (Wayne Brady) mit dabei.
Daher stellt sich noch eine einzige Frage: Lässt sich diese animierte Magie auch auf in Serienformat übertragen?
Kommen wir gleich zum Auffälligsten: der Animation. Diese sieht einfach hervorragend aus. Basierend auf den alten Zeichentrickfilmen ist diese Welt bevölkert von albernen aber einprägsamen anthropomorphen Tieren und Gegenständen. Zwar ist die Serie nicht handgemalt wie noch im Spiel, doch sie schafft es, diesen Eindruck zu erwecken. Die Bewegungen sind aufwendig, flüssig und unvorhersehbar. Hinzu kommen die ausdrucksstarken Gesichtszüge, die sich innerhalb eines Augenblickes drastisch verändern können, um die richtigen Emotionen passend auszuspielen.
Die Serie funktioniert vor allem aufgrund der Hauptcharaktere und ihrem Gegenspieler. Die Dynamik, bestehend aus einem abenteuerlustigen Cuphead und einem vorsichtigen Mugman, ist auf jeden Fall nicht neu, aber sie schafft es dennoch zu funktionieren. Auch die Handlungen, die größtenteils episodisch ablaufen, richten sich zwar auf bekannte Tropes alter Zeichentrickfilme (hier ein gruseliges Spukhaus, da ein Placebo-Gegenstand, der das Selbstvertrauen stärkt) doch die Ausführung ist meist so übertrieben, dass es wieder unterhaltsam wird.
Genauso passend ist auch der Gegenspieler: Der Teufel. Dieser ist stark an die übertriebenen Schurken alter Cartoons angelehnt, die sich extravagant an ihrer eigenen Bosheit ergötzen. Umso witziger wird es, wenn der anfangs noch allmächtige Teufel sich an den Tassenkindern langsam aber sicher die Zähne ausbeißt und auf alberne Tricks zurückgreifen muss, um Cupheads Seele an sich zu reißen.
Da bekommt man ja fast Mitleid mit dem Teufel…
Wenn man gesehen hat, zu welchen animierten Ausmaßen das Cuphead-Spiel gegriffen hat, hofft man natürlich, dass sich der Zauber auch auf die Serie übertragen lässt. Doch im Gegensatz zu den surrealen Welten und Charakteren des Spieles bleibt die Serie doch ziemlich ruhig und sicher. So als wollte man die Wassertemperatur austesten, bevor man mit all den Verrücktheiten eines schrulligen Oldie-Cartoons ins Becken hüpft.
Doch auch so gesehen lässt sich mit der Serienlänge nicht allzu viel machen. Einerseits ist es erstaunlich, wie viel Animationen man in eine elf minütliche Episode reingequetscht hat. Andererseits lässt sich in gerade mal zwölf Episoden nicht allzu viel Handlung reinbringen. Episoden, die von einem gefährlichen Baby oder Mugmans abgebrochenem Henkel handeln, erinnern uns daran, was für Abenteuer wir stattdessen hätten haben können.
Es bleibt abzusehen, wie viel von dem Cartoon-Potenzial sich noch in künftige Staffeln reinbringen lässt. Ein sehr überraschender Cliffhanger lässt hier klar auf mehr hoffen!
The Cuphead Show! erinnert uns erneut daran, dass sowohl Spieleadaptionen als auch alte Animationsstile mit der richtigen Hingabe hervorragend funktionieren können. Die Charaktere sind sympathisch, die Bewegungen dynamisch und die Welt ist bunt und hervorragend animiert.
Und auch wenn man mit der kurzweiligen ersten Staffel noch eine ruhige Kugel geschoben hat, so lässt sich nur erahnen, welche verrückten Abenteuern den Tassenbrüdern noch bevorstehen.
Doch bis dahin heißt es: Abwarten und Tee trinken – aus der eigenen Tasse, versteht sich!
Artikel vom 1. März 2022
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