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Kritik: The Empty Man

EINE LEHRE ÜBER DIE LEERE

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Genres: Horror, Mystery, Startdatum: 26.02.2021

Interessante Fakten für…

  • Der Regisseur David Prior arbeitete ungefähr zehn Jahr mit einen der Größen in Hollywood zusammen: David Fincher. Für Finchers Filme inszenierte Prior zahlreiche Dokumentation und hat sich stilistisch für seinen ersten Langfilm “The Empty Man” inspirieren lassen.

David Priors Spielfilmdebüt hatte es nicht leicht. Ursprünglich sollte sein Horrorfilm im November 2020 erscheinen, wurde aber durch den Kauf von Fox durch Disney unschön seines öffentlichen Rampenlichts beraubt. Das hieß: Kinostart gestrichen, auf unbestimmte Zeit. Doch The Empty Man ist ein extravaganter Horrorfilm, der es nicht verdient hat, nur als Fußnote des Disney + Katalogs zu stehen.

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#kinogänger #humorvoll #enthusiastisch

Darum geht’s

Als Ex-Cop hat man es in der Filmwelt nie wirklich leicht. Das trifft auch auf den Protagonisten von The Empty Man zu. James Lasombra ( James Badge Dale) ist lange nicht mehr in seiner besten Form, scheint ein einsamer Wolf zu sein und ist unterm Strich ein Schatten seiner selbst.

Als jedoch ein Mädchen aus seinem überschaubaren, engen Umfeld verschwindet und deren besorgte Mutter James darum bittet, ihre Tochter wiederzufinden, begibt er sich auf eine Suche, auf dessen Weg er immer wieder mit der kuriosen Legende des „Empty Mans“ die Wege kreuzt.

Schnell nimmt der Vermisstenfall eine Dimension an, die ungeahnte und unerklärliche Ausmaße erreichen.

Mehr bleibt an dieser Stelle besser verschwiegen, da „The Empty Man“ gerade aus seinem Mysterium unerwartete Qualitäten offenbart.

Ein Film im Film

Das erste Überraschungsmoment erleben wir nach knapp 25 Minuten, in denen das erste Mal die Title Card erscheint und nachdem uns die ominöse, gleichnamige Bedrohung versucht wurde, näher zu bringen. Bis wir eigentlich überhaupt merken, dass wir uns gerade nur einen Prolog ansehen, vorausgesetzt man hat sich nicht vorher intensiv mit dem Film beschäftigt, ist dieser nämlich vorbei. Natürlich ist das auf eine filmische Art und Weise sehr erfrischend, denn es gibt zu Beginn verschneite Bergpässe zu sehen, schaurige Höhlen und eine Menge schöner Außenaufnahmen.

Zudem ist aber die Idee, mit einer Art „Kurzfilm“, der erstmal losgelöst vom eigentlichen Plot zu sein scheint, den richtigen Ton zu setzten und die Vorfreude, auf das was da kommt, zu schüren, eine verdammt frische Idee.

Aber nicht nur innerhalb des Prologs und des weiteren Verlaufs der eigentlichen Haupthandlung ist eine solche Diskrepanz zu beobachten, welche stark an die Erwartungshaltung gebunden ist.

Ex-Cop Lasombra (James Badge Dale) kümmert sich aufopferungsvoll um die Tochter einer engen Freundin-
Bis diese unter mysteriösen Umständen verschwindet und er handeln muss.

Teenie Horror oder Psychologisches Drama?

„The Empty Man“ macht es einem nämlich im weiteren Verlauf auch nicht besonders leicht, den Film zu greifen. Wir haben unsere vom Schicksal gebeutelte Figur, die hervorragend verkörpert wird. James Badge Dale gelingt es zwar nur bedingt der beliebten Stereotyper einen individuellen Stempel zu geben, liefert aber dennoch ab und kreiert durch seine zurückhaltende Mimik und die traurige Aura eine liebenswerte Inkarnation dessen.

Aber auch der eigentliche handlungsrelevante Beginn, nach dem Prolog, wirkt erstmal nicht unbedingt neu. Klar, handwerklich sieht der Film super aus und gerade im späteren Verlauf gibt es sogar einige tolle und originelle Spielereien in puncto Szenenbild und Transition, aber auf den ersten Blick wirkt der Plot eher wie ein „Teenie“-Streifen in den Stilen von „Slender-Man“ und „Truth or Dare“

Das sind furchtbare Vergleiche, ich weiß. Warum sollte man einen Film schauen, der solches Vergleichspotenzial mit sich bringt? Ganz klar, weil David Prior dies bewusst als Stilmittel nutzt, um seine Geschichte so unvorhersehbar wie möglich zu gestalten und um Erwartungen zu unterwandern. Der gesamte erste Akt wirkt wie eine falsche Fährte, wie ein Versprechen, welches Gott sei Dank nicht eingelöst wurde.

Denn „The Empty Man“ ist ein überdurchnittlicher „Teenie“-Film, bis er es nicht mehr ist und seine Ideen, Motive und sein Ziel, mehr oder weniger deutlich, an den Zuschauer heranführt.

Einige unerwartete und schockierende Unglücksfälle bringen die Gemeinde einer verschlafenen Kleinstadt aus ihrem täglich gemächlichen Leben.

Das Grauen der Leere

Also, was genau passiert eigentlich in David Priors Langefilmdebüt und warum halte ich mich so wage, zu beschreiben, warum es sich lohnt, für diesen Horrortrip ein Ticket zu lösen? Weil es definitiv einer der eigenwilligsten und originellsten Streifen ist, die es gerade in Genre zu finden gibt. Dazu gehört eben auch seine Ungeschliffenheit, die sich darin äußert, dass es für einen Genrefilm eine gewaltige Laufzeit zu beachten gilt.

Ebenfalls spart sich „The Empty Man“ genauso viele Antworten, wie Fragen, die er stellt. Das ist oft deutlich smarter als man erwarten mag und regen zum Nachdenken an. Wenn man aber nicht unbedingt in der Stimmung für eine solch erschütternde und beunruhigende Reise ist, sollte man sich die Fahrt sparen; zumal der Film mit einer zermürbenden Atmosphäre aufwartet und sich erzählerisch die Schlinge von Minute zu Minute immer dichter zieht. In seinen besten Momenten erinnert das an David Finchers Meisterwerk „Se7en“, was kaum verwundert, da Prior und Fincher enge Kollegen sind und häufig miteinander gearbeitet haben.

Um wenigstens ein paar Antworten zu geben:

Anders als sich um blutrünstige Kills zu scheren oder ein paar gute Jumpscares zu erzeugen, interessiert sich dieser Horrorfilm für das lähmende und grauenvolle Nichts. Eine Art kosmisches Nichts, welches in jedem von uns erkennbar ist, an unseren dunkelsten Tagen und in unseren verwundbarsten Momenten. Der absolute Nihilismus, ausgedrückt durch eine allübergreifende Kraft, der furchterregender nicht sein könnte, weil er keine wirklich bösen oder guten Absichten verfolgt. Er ist überall, in uns und draußen, egal wo wir hingehen, hinfliegen oder fahren. Und das ist viel betäubender und beängstigender als ein freidrehender Poltergeist oder ein böser Mensch mit Küchenmesser.

Fazit

8/10
Gut
Community-Rating:
Handlung 8/10
Spannung 7.5/10
Splatter/Horror 7/10
Atmosphäre 9/10
Visuelle Umsetzung 8.5/10
Details:
Regisseur: David Prior,
FSK: 16 Filmlänge: 137 Min.
Besetzung: James Badge Dale, Marin Ireland, Sasha Frolova,

„The Empty Man“ ist ein zutiefst verstörender Hybrid aus Horrorfilm und psychologischem Drama, der eine gewisse Aufmerksamkeit vom Publikum voraussetzt und dazu einlädt, über gesehenes zu resümieren und sich auszutauschen. Auch wenn der Film überlang ist und zum Ende hin, ohne eigenen gedanklichen Transfer, nicht an allen Stellen funktioniert, ist die Idee so ausgefallen, so originell und die Herangehensweise so unverbraucht, dass man sich diesen Trip nicht entgehen lassen sollte, als Genre Fan erste Recht nicht.

Artikel vom 22. April 2022

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