Kritik: Heartstopper – Staffel 1
DAS IST COMING-OF-AGE-GOLD!
Jetzt direkt streamen auf:
[jw_add_widget-sc]
DAS IST COMING-OF-AGE-GOLD!
Jetzt direkt streamen auf:
[jw_add_widget-sc]
Als Charlie Spring (Joe Locke) zu Beginn des Schuljahres in den Klassenraum kommt, schlägt sprichwörtlich der Blitz ein, als er seinen neuen Sitznachbarn Nick Nelson (Kit Connor) sieht. Doch Charlies Freund:innen Tao (William Gao), Elle (Yasmin Finney) und Isaac (Tobie Donovan) sind noch nicht so ganz von den Erfolgschancen des neuen Crushes überzeugt. Schließlich soll Nick doch der heterosexuellste Junge an der Truham Grammar School sein!
Aber Charlie ist das egal. Trotz seiner Zweifel und Unsicherheiten entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den beiden Jungs, die ihr Schuljahr und vielleicht sogar noch viel mehr für immer verändern wird.
Als Netflix im April die kleine, unscheinbare Serie Heartstopper veröffentlichte, ahnte wohl niemand so wirklich, was man damit lostreten würde: Lobeshymnen von Kritiker:innen und Fans, für Monate ausverkaufte Graphic Novels und Spitzenplätze auf den Bestseller-Listen oder Top-Spots für einige der Songs des Soundtracks. Aber was ist es, was die Coming-of-Age-Geschichte so besonders macht?
Schauen wir zunächst auf den Cast: Obwohl ein Großteil des Casts vor Heartstopper wenig bis gar keine Schauspielerfahrung hatte, strotz die Netflix-Serie nur so vor talentierten Darsteller:innen, die die Gefühlswelt ihrer Figuren scheinbar mühelos unglaublich authentisch auf die Bildschirme zaubern. Allen voran sind hier natürlich Joe Locke in der Rolle des Charlie Spring und Kit Connor als Nick Nelson zu erwähnen. Die Annäherungsversuche und Liebesgeschichte der beiden fühlt sich so echt an, man könnte fast meinen, dass man hier private Aufnahmen und keine Serie anschaut.
Aber auch der Cast rund um Locke und Nelson muss sich nicht verstecken: Da hätten wir Yasmin Finney als selbstbewusste Elle, William Gao als um die Freundesgruppe bangender Tao, Corinna Brown und Kizzy Edgell als die sympathische Tara und verrückte Darcy… Ich könnte den gesamten Cast auflisten und dabei würde mir nur wenige Personen einfallen, die in irgendeiner Form enttäuschen. Das Resultat: Nach den achten Folgen sind die Figuren einem dermaßen ans Herz gewachsen, dass man sich gar nicht mehr von ihnen trennen mag!
Und das Sahnehäubchen auf dieser Lobeshymne: Die Teenager:innen sehen tatsächlich aus wie Teenager:innen! Während in Riverdale, Pretty Little Liars und Co. Mitt- bis End-Zwanziger 16jährige spielen und damit den ein oder anderen unrealistischen Standard für Teenager:innen-Körper in die jungen Köpfe pflanzen, geht der Cast von Heartstopper erfrischend andere Wege.
Was Heartstopper neben dem Top-Cast zu einem wahren Highlight des Jahres macht, ist auch die Geschichte an sich. In den letzten Jahrzehnten haben sich viele neue Serien auf verschiedene Arten und Weisen dem Coming-of-Age- und Queerness-Thema angenähert, manche besser, manche schlechter.
Und was soll ich sagen: Drehbuchautorin Alice Oseman hat’s einfach nur drauf! Selten hat sich eine Geschichte über die Irrungen und Wirrungen der Jugend einerseits so authentisch, so echt und andererseits so verträumt, so magisch angefühlt. Wenn man die fabelhaft geschriebenen Skripte mit dem perfekt sitzenden Soundtrack zusammenlegt, entsteht ein warmes, wohliges Gesamtkunstwerk, das jeden Coming-of-Age-Fan zum Lachen, Mitfiebern und Weinen bringen wird.
Auch wenn Queerness heutzutage in gefühlt jeder zweiten Serie aufkommt, schaffen es nur wenige Werke wirklich, authentisch von dem Thema zu erzählen. Auch hier brilliert Heartstopper auf voller Linie! Das liegt gerade daran, dass die Serie all die Dinge rund um Queerness, wie zum Beispiel das Hinterfragen der eigenen Identität oder Coming-Outs thematisiert, aber nicht unnötig sensationalisiert.
Herausgekommen ist eine emotionale und ehrliche Geschichte über die Suche nach sich selbst. Darüber hinaus vergisst die Serie auch nie die Leichtigkeit und Freude, die das Leben als Teenager:in mit sich bringt. So schafft es Heartstopper, sehr tiefgründig und seicht zugleich zu sein – eine Leistung, die nur wenigen Serien gelingt.
Wenn in Film oder Fernsehen Geschichten über die LGBTQIA+ Community erzählt werden, wird sich oftmals auf sexuelle oder tragische Komponenten fokussiert. Ein grober Fehler, denn zum einen geht es in der Community nicht vorrangig um Sex, es geht darum zu sein, wie man eben sein mag und zu sich selbst zu stehen. Zum anderen beginnt und endet nicht jede Geschichte über Coming-Outs und Co. mit Trauer, Verzweiflung oder gar dem Tod.
Die bis in die letzten Jahrzehnte sehr beschränkte Sicht auf das Thema LGBTQIA+ sorgt nicht nur dafür, dass sich ganz unterbewusst der Gedanke verbreitet, dass das Thema zwangsläufig mit etwas traurigem oder schlechtem verbunden ist. Es sorgt auch dafür, dass Menschen, die sich, ihre Identität oder Sexualität hinterfragen, vermehrt mit negativen Geschichten konfrontiert werden. Diese Geschichten können zwar auch helfen, so richtig in der Selbstfindung bestärken sie allerdings nicht. Und genau hier ist Heartstopper ein leuchtendes Beispiel dafür, dass es auch anders geht!
Anstatt den Fokus darauf zu setzen, wie sehr man angeblich unter Homosexualität und Co. leidet, fokussiert sich die Serie darauf zu zeigen, wie schön es ist, sich selbst zu finden, sich selbst zu mögen und auf der Achterbahn der Gefühle zu fahren, wenn man jemanden trifft, den man mag. Ohne Zweifel alles Themen, die jeder freudig mitfühlen kann, egal ob er/sie zur Community gehört oder eben nicht.
Nicht falsch verstehen: Wir müssen uns auch den unangenehmen, traurigen und ernsten Geschichten widmen, sind sie doch schließlich ein wichtiger Teil der Historie der Community. Aber hier kommt es auf die Vielfalt der Geschichten an. Es ist schön zu sehen, dass man mit Heartstopper einen wichtigen Schritt in Richtung dieser Vielfalt gemacht hat.
Vordergründig geht es eben um Liebe, sowohl zu sich selbst und als auch zu anderen, wie bereits erwähnt zwei wichtige Kernbestandteile der LGBTQIA+ Community. Und genau mit diesen Themen hat Heartstopper dem überwiegenden Negativismus, was queere Filme und Serien angeht, etwas entgegengesetzt. Eigentlich ein ganz kleiner Kniff, aber mit dem Blick auf das große Ganze schon fast revolutionär.
Heartstopper ist eine emotionale, mitreißende und zu Tränen rührende Teenie-Serie, wie sie nur selten daherkommt. Ein toller Cast, eine tolle Geschichte, ein toller Soundtrack und eine universelle, emotionale Botschaft machen das Netflix-Original zu einem ganz besonderen Coming-of-Age-Juwel.
Artikel vom 28. August 2022
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!