Kritik: The Nun II
Da hilft kein Rosenkranz
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Nach dem dämonischen Wüten in einem rumänischen Kloster ist Ruhe eingekehrt in der geistlichen Welt. Doch die Kirche bemerkt eine Spur des Mordens, die sich quer durch Europa zieht. Schwester Irene (Taissa Farmiga) und Schwester Debra (Storm Reid) werden beauftragt, der Sache auf den Grund zu gehen. Bald müssen sie feststellen – Valak, der Dämon in Nonnengestalt ist zurück.
Auch wenn Albert Einstein es zuerst selbst gar nicht glauben konnte: Das Universum dehnt sich aus. Der Kosmos bläht sich auf wie ein riesiger Luftballon, was dazu führt, dass sich die Galaxien stetig voneinander entfernen. Nun ist es so, dass es nicht nur das dunkle Universum voller Sternschnuppen und Satelliten gibt, sondern auch filmische Universen. Und auch diese dehnen sich stetig aus. Die Conjuring-Reihe ist ein solcher Kosmos voller Filme, Figuren und Schauplätze. Im mittlerweile zehnten Jahr des achtteiligen Franchises gibt es noch genug Material welches das Universum öffnet, sich aber gleichzeitig noch in der Schwerkraft des Ursprungs befindet.
Mystisch-religiöser Grusel bringt seit Der Exorzist die Nackenhaare zum stehen, doch pushte Conjuring eine Spielart des Genres die wohl am besten als Catholic Horror umschrieben ist. Neben bösen Puppen sind es vor allem alttestamentliche Dämonen, vergilbte Ikonen und lateinische Flüche, die uns das Fürchten lehren. Auch im säkularen Zeitalter besteht eine unterbewusste Verbindung zu religiöser Tradition. Wenn Geisterjäger in Conjuring Gebete sprechen und im Kloster der Satan umgeht, ist das „unheimlich“ im Freudschen Sinne – fremd und doch irgendwie vertraut. Brrrrrrrrrrr…
Der erste Teil des nun fortgesetzten The Nun-Ablegers war quasi ein Heimspiel. Nachkriegszeit, feuchte Klostergemäuer, da stellt sich das Unwohlsein ganz von allein ein. Der zweite Teil wagt sich nun hervor und riskiert damit einiges. Kann er auch im Sonnenschein Frankreichs aufspielen? Tatsächlich ist der Film auch außerhalb der Klostermauern eine beeindruckende Horror-Revue und übertrifft sogar den Vorgänger. Verantwortlich ist dafür natürlich vor allem Valak, der Dämon in Nonnengestalt, der im ersten Film noch darauf beschränkt war, drohend die Kulisse zu bereichern und für Albträume zu sorgen. Dass der Dämon zurückgehalten wurde, macht sich nun bezahlt. Valak wütet aktiv, greift ins Geschehen ein, attackiert und bewegt sich frei, die Bedrohung ist deutlich gesteigert. Gerade der letzte Akt wird zu einem zwanzigminüten Terror-Orkan. Auch die seit Jahren umstrittenen Jump Scares gibt es und beweisen – Jump Scares sind nicht tot! Gut umgesetzt setzen sie gekonnte Spitzen. Der Film beweist in der ersten Hälfte ein Gleichgewicht aus Anspannung und Entspannung.
Bei der Story macht sich bald jedoch bemerkbar, dass sie auf tönernen Füßen steht. Das liegt einerseits an einer etwas seltsamen Figurenkonstruktion die einerseits etwas ungelenk eine Figur einführt und sich dem Vorwurf des Diversity Washing aussetzt (Afro-Amerikanerin, deren Haus abbrennt und sie deshalb von ihren Eltern in ein Kloster in Frankreich geschickt wird?!) und, verständlich aber dennoch unnatürlich, erzwingt dass im Kloster US-Englisch gesprochen wird. Schade, denn The Nun könnte bereits aus sich selbst heraus ein fortschrittlicher Film sein – das Setting würde eine in sich logische Auseinandersetzung zwischen guten und bösen weiblichen Charakteren möglich machen, Nonne vs. Nonne, Testosteron unnötig. Das schien nicht zu reichen, der diverse US-Cast wirkt dann doch etwas unnatürlich.
Doch auch der eingangs erwähnte Grusel aus der katholischen WTF-Schatzkiste will nicht richtig überzeugen. Die Story über ein uraltes Heiligen-Artefakt ist toll, doch die Reliquie selbst absolut banal. Es passiert viel an vielen Schauplätzen, erst als alle Figuren sich zum großen Finale einfinden, kehrt erzähltechnische Ruhe ein.
Gerettet wird der unstete Plot jedoch von die hervorragende Hauptdarstellerin Taissa Farmiga, die ihre Nonne durch und durch verkörpert, mit allen ihren Stärken aber eben auch Schwächen. Ab der ersten Szene sind wir an ihr und allem, was sie zur Story beiträgt, interessiert. Nach einigen Jahren der manchmal zurecht, manchmal zu Unrecht kritisierten „starken“ Frauenfiguren scheint sich die Gestaltung von realistischen, nahbaren weiblichen Figuren einzupendeln.
Das Ende ist groß, aber nicht befriedigend und lässt einige offene Fäden unverknüpft. Ist Valak besiegt? Was geschieht nun mit Frenchie? Wie verhält sich die Geschichte zum Rest der Reihe? All das bleibt unbeantwortet und lässt eine Lücke, in welche sich das Universum ausdehnen könnte.
Keine Selbstverständlichkeit, doch The Nun II ist ein gutes Sequel und stellt die Spin-Offs um die besessene Nonne auf festen Stand. Diverse Handlungsstränge machen es den Zuschauer:innen etwas schwer, sich zu orientieren, doch der Horror-Faktor ist hoch und besticht durch ein breites Repertoire, vom grummelnden Gemäuer-Schauer bis zum klassischen Jump Scare ist alles dabei. Teil 1 hatte die Optik, Teil 2 hat den Rest. Hoffen wir auf Teil 3, der alles hat.
Artikel vom 3. Oktober 2023
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