8.4/10

Kritik: Hanna – Staffel 1

SUPERGIRL AUS DEM WALD

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Genres: Action, Drama, Thriller, Startdatum: 29.03.2019

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In der neuen Amazon Original Serie hat es sich David Farr, der Co-Writer des gleichnamigen Films von 2011, vorgenommen, die Geschichte noch einmal zu erzählen und verschiedene, bisher nicht beachtete Aspekte, weiterzuspinnen. Wie stark die erste Staffel ‘Hanna’ ist, erfahrt ihr in der Kritik.

Darum geht’s

Sowohl im Film als auch in der Serie sehen wir am Anfang, wie ein 16 jähriges Mädchen (Esme Creed-Miles), das mit seinem Vater Eric (Joel Kinnaman) allein im Wald lebt, von ihm trainiert wird und offensichtlich außergewöhnliche Fähigkeiten in Überlebenstraining und Verteidigungstechniken entwickelt hat. Wo der Film aber eher mysteriös und künstlerisch nur andeutend bleibt mit vielen Verweisen auf Grimm’s Märchen, zeigt uns die Serie eine eher realistische Version, die zwar wenige Fragen unbeantwortet lässt, dafür aber das Ganze ausarbeitet. Was wäre wenn dieses Mädchen auch ein ganz normaler Teenager wäre mit ganz normalen Bedürfnissen nach Kontakt und Freundschaft und Familie?

Hanna überschreitet die Grenzen, die der Vater im Wald gezogen hat und löst dadurch eine Folge von Ereignissen aus, die stark von der Jason Bourne-Reihe beeinflusst scheinen. Da eine Black-Op Gruppe der CIA nicht aufgehört hat, nach dem aus einer illegalen Forschungsstation gestohlen Baby und seines Entführers zu suchen, sehen wir, wie die offensichtlich eiskalte und fanatische Marissa Wiegler (Mireille Enos) die unerbittliche Jagd aufnimmt, die durch mehrere europäische Länder und Marokko führt. Hanna stolpert dabei über eine britische Touristenfamilie und freundet sich mit der Tochter (Rhianne Barreto) an.

Sophie ist eine sehr emotionale Person und ist fasziniert von der neuen Freundin. Zusammen tun sie, was Mädchen in dem Alter so tun, Partys feiern, sich für Jungs interessieren und erste Erfahrungen in dieser Beziehung sammeln. Dazwischen führt die Handlung auch nach Berlin zu einer RAF-ähnlichen Gruppe, in der Hanna und Eric auch Dieter (Benno Fürmann) und seine Familie treffen. Wer die Folgen in Originalton schaut, wird feststellen, dass tatsächlich auch viel deutsch gesprochen wird.

Dreidimensionale Charaktere

Wenn in dem gleichnamige Film Saoirse Ronan mysteriös und unnahbar blieb, so ist die Darstellung von Hanna durch Esme Creed-Miles vielleicht nicht so faszinierend, dafür aber realistischer. Was macht ein offensichtlich genmanipuliertes Mädchen mit Superreflexen, wenn es auf einer Party blöd angemacht wird? Richtig – es kickt den Typen schnell und effektiv mitten ins Gesicht – nur um sich später für diese „unpassende“ Reaktion zu schämen und verwirrt das Weite zu suchen. Das CIA hält Hanna für einzigartig. Doch das ist kein Kompliment:

„Einzigartig heißt nur ‘allein’.“

Hanna zu einer Geheimagentin

Die Einsamkeit, das Gefühl, nicht dazu zu gehörten und gleichzeitig den Wunsch danach zu verspüren, steht im Mittelpunkt der Storyline zwischen Hanna und Sophie. Mir persönlich gefiel die Figur der emotionalen Sophie ganz besonders. Sie ist die ganze Zeit nur genervt von den Eltern, der kleine Bruder ist lästig, man sieht sie eigentlich ständig nur mit den Augen rollen. Und dann tritt Hanna in ihr Leben und ist so ganz anders, geheimnisvoll und naiv gleichzeitig. Die Beziehung der beiden ist eine treibende Kraft der mittleren Episoden.

Klischeefreie Schurkin

Die Gegenspielerin Marissa, von der Eric Hanna immer erzählt hat und sie vor ihr gewarnt hat, scheint auf den ersten Blick die eiskalte CIA-Agentin zu sein, die über Leichen geht und es sich als alleiniges Ziel in Javert-Manier gesetzt hat, Eric und Hanna als einzige Überlende des Forschungsprojekts endgültig auszulöschen. Doch ihr halbirres Grinsen bröckelt, sobald die Handlung auch ihr persönliches Leben erforscht. Sie hat einen Partner und dessen Kind in Paris und sie leidet offensichtlich unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, hervorgerufen durch das, was sie auszuführen hatte.

Indem Eric das Baby aus dem Projekt stahl um es seiner Mutter zurückzugeben – diese kam dann aber beim Fluchtversuch ums Leben – wurde für das Projekt die Reißleine gezogen, d.h. die anderen Babys mussten „entsorgt“ werden. Marissa hat das offensichtlich nicht verkraftet. Als sie in einer der späteren Episoden Hanna trifft, merkt man, dass hier plötzlich Emotionen auftauchen, die überraschen und die man so nicht erwartet hatte. Die Figur der Marissa ist kompliziert und erfreulich mysteriös, man kann auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

Eric hat Hanna nie erzählt, wer sie wirklich ist und wie sie letztendlich im Wald mit ihm gelandet ist. Die Wahrheit ist zu schmerzlich, er wollte es ihr ersparen, doch das versetzt Hanna nun in eine Situation, in der sie nicht nur schnell reagieren muss, um zu überleben, sondern auch verstehen, um was es hier letztendlich geht. Dieser Konflikt ist die treibende Kraft der Serie.

Wenn man Hanna und Eric in den spektakulären Kampfszenen zusammen agieren sieht, dann sind sie ein eingespieltes und tolles Team – er mit einem auch in verletztem Zustand ausgestattetem brutalen Überlebenswillen, die Arme und Beine seiner Gegner brechend, sie mit außergewöhnlichen Reflexen ihre geringere Größe und Kraft wettmachend. Aber Eric ist letztendlich eine tragische Figur, ein ehemaliger und abtrünniger CIA Agent, dessen Gewissen irgendwann eingesetzt hat und er weiß, dass er am Ende dafür zahlen muss. Kinnaman (Altered Carbon) spielt die Rolle mit einer Verletzlichkeit und Einfühlsamkeit, die das Ganze auf ein ansprechendes Niveau hebt.

Vielseitige Settings

Da die Serie eigentlich eine einzige große Verfolgungsjagd darstellt, führt die Handlung vom rumänischen Wald ausgehend nacheinander nach Marokko, Frankreich, Deutschland, England und später in einer Art Roadtrip quer durch Europa wieder zurück nach Rumänien. Offensichtlich hat man sich Originalschauplätze ausgesucht, in Berlin z.B. sind sie szenisch gut ausgewählt und sehr prägnant in ihrem DDR-morbiden und heruntergekommen Ambiente. Zwischenzeitlich beobachtet die Kamera immer wieder das Ganze aus der Vogelperspektive, die Landschaft wird realistisch, plastisch und greifbar. Diese Serie sieht ganz ohne Zweifel gut aus und macht deshalb auch viel Freude beim Ansehen.

Die Musik

Während im Film die Handlung durch den stampfenden Score der Chemical Brothers akzentuiert wurde, setzt man hier auf melancholische Balladen von Karen O und ihrer Band, den Yeah Yeah Yeahs. Der Unterschied ist enorm, da ein tragisches und trauriges Gefühl erzeugt wird.

Doch nicht alles funktioniert

Die Schwäche liegt im Konzept einer auf acht Stunden ausgedehnten Streaming-Serie mit einem aufregenden Beginn, viel Action am Ende und dazwischen große Längen, die lediglich bestimmte Punkte ausschmücken. Es gibt aufregende Thriller, herzzerreißende Coming-of-Age Filme und Mystery-Geschichten rund um ein ganz besondere Mädchen (TheHunger Games, Stranger Things u.a.). Das alles unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach. Ob es hier gelungen ist, kann jeder für sich selbst entscheiden, unterhaltsam ist die Serie aber auf jeden Fall.

Fazit

8.4/10
Stark
Community-Rating:
Handlung 7/10
Spannung 9/10
Visuelle Umsetzung 9/10
Charaktere 8/10
Action 9/10
Details:
Showrunner: David Farr,
FSK: 16 Epiosden: 8
Besetzung: Esme Creed-Miles, Joel Kinnaman, Khalid Abdalla, Mireille Enos, Rhianne Barreto,

‘Hanna’ – Staffel 1 ist eine gelungene Neuauflage des Kinofilms

David Farr’s Ausarbeitung des Films zu einer Serie besticht durch eine interessante Charakterdarstellung der Hauptakteure, eine rasante und optisch beeindruckende, actiongeladene Handlung, die sich zwischendurch aber auch die Zeit nimmt, auf die persönlichen Probleme der Hauptperson einzugehen und in ihr nicht nur eine Art Superheldin zu sehen, sondern auch einen normalen Teenager mit Sehnsüchten und Wünschen nach einem normalen Leben. Einige Längen im Mittelteil der Staffel schmälern nicht die uneingeschränkte Empfehlung für einen Bingewatch.

Artikel vom 3. Mai 2019

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