Die Einsamkeit, das Gefühl, nicht dazu zu gehörten und gleichzeitig den Wunsch danach zu verspüren, steht im Mittelpunkt der Storyline zwischen Hanna und Sophie. Mir persönlich gefiel die Figur der emotionalen Sophie ganz besonders. Sie ist die ganze Zeit nur genervt von den Eltern, der kleine Bruder ist lästig, man sieht sie eigentlich ständig nur mit den Augen rollen. Und dann tritt Hanna in ihr Leben und ist so ganz anders, geheimnisvoll und naiv gleichzeitig. Die Beziehung der beiden ist eine treibende Kraft der mittleren Episoden.
Klischeefreie Schurkin
Die Gegenspielerin Marissa, von der Eric Hanna immer erzählt hat und sie vor ihr gewarnt hat, scheint auf den ersten Blick die eiskalte CIA-Agentin zu sein, die über Leichen geht und es sich als alleiniges Ziel in Javert-Manier gesetzt hat, Eric und Hanna als einzige Überlende des Forschungsprojekts endgültig auszulöschen. Doch ihr halbirres Grinsen bröckelt, sobald die Handlung auch ihr persönliches Leben erforscht. Sie hat einen Partner und dessen Kind in Paris und sie leidet offensichtlich unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, hervorgerufen durch das, was sie auszuführen hatte.
Indem Eric das Baby aus dem Projekt stahl um es seiner Mutter zurückzugeben – diese kam dann aber beim Fluchtversuch ums Leben – wurde für das Projekt die Reißleine gezogen, d.h. die anderen Babys mussten „entsorgt“ werden. Marissa hat das offensichtlich nicht verkraftet. Als sie in einer der späteren Episoden Hanna trifft, merkt man, dass hier plötzlich Emotionen auftauchen, die überraschen und die man so nicht erwartet hatte. Die Figur der Marissa ist kompliziert und erfreulich mysteriös, man kann auf die weitere Entwicklung gespannt sein.
Eric hat Hanna nie erzählt, wer sie wirklich ist und wie sie letztendlich im Wald mit ihm gelandet ist. Die Wahrheit ist zu schmerzlich, er wollte es ihr ersparen, doch das versetzt Hanna nun in eine Situation, in der sie nicht nur schnell reagieren muss, um zu überleben, sondern auch verstehen, um was es hier letztendlich geht. Dieser Konflikt ist die treibende Kraft der Serie.
Wenn man Hanna und Eric in den spektakulären Kampfszenen zusammen agieren sieht, dann sind sie ein eingespieltes und tolles Team – er mit einem auch in verletztem Zustand ausgestattetem brutalen Überlebenswillen, die Arme und Beine seiner Gegner brechend, sie mit außergewöhnlichen Reflexen ihre geringere Größe und Kraft wettmachend. Aber Eric ist letztendlich eine tragische Figur, ein ehemaliger und abtrünniger CIA Agent, dessen Gewissen irgendwann eingesetzt hat und er weiß, dass er am Ende dafür zahlen muss. Kinnaman (Altered Carbon) spielt die Rolle mit einer Verletzlichkeit und Einfühlsamkeit, die das Ganze auf ein ansprechendes Niveau hebt.
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