Kritik: Mary & George – Staffel 1
HISTORIENDRAMA MIT SKANDALÖSEM TWIST
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England, Anfang des 17. Jahrhunderts: Mary Villiers (Julianne Moore) möchte ihren zweitgeborenen Sohn George (Nicholas Galitzine) zur Erziehung nach Frankreich schicken, doch ihr Mann ist von dieser Idee wenig begeistert. Als Mary ihn im Streit tötet, scheint das Problem gelöst. Doch dann der Schock: Ihr Mann hat ihr weder Haus noch Geld hinterlassen. Mary erkennt, dass sie sich selbst um ihre Zukunft und die Sicherheit ihrer Kinder kümmern muss und schmiedet einen Plan. König James I. (Tony Curran) ist bekannt dafür, dass er jederzeit eine Gruppe junger Männer um sich und in seinem Bett hat. Da trifft es sich gut, dass Marys Sohn George in Frankreich seine Anziehungskraft auf Männer entdeckt hat. Gemeinsam schaffen sie es, George zum Kammerritter zu befördern, und so beginnt ihr ausgeklügeltes Schachspiel am Hof bis ganz nach oben.
Intrigen am Hof, rauschende Bälle und ein König, dem man die Füße küsst. Dazu eine Familie, die aufsteigen will und dafür ihr Kind schickt, um den König zu verführen. Eine Geschichte, die so schon oft und in allen möglichen Genres erzählt wurde. Der Twist bei Mary & George? Es ist nicht die Tochter, die ins Schlafzimmer des Königs geschickt wird, sondern der Sohn – und George ist gar nicht so abgeneigt von der Aussicht, Kammerherr von Jakob I. zu werden. Denn als Zweitgeborener hat er sonst keine Aussicht auf Erbe oder sozialen Aufstieg.
„Wäre ich ein Mann und würde aussehen wie du, ich würde den Planeten beherrschen.“
Mary Villiers in Mary & George
Dieser Twist macht Mary & George nicht zu etwas weltbewegend Neuem, aber es macht Spaß zuzusehen, wie die Männer ausnahmsweise einmal auf dem Präsentierteller sitzen und sich darum streiten, wer mit dem König ins Bett darf.
Strippenzieherin ist Mutter Mary, die den Körper ihres Sohnes schamlos für ihren sozialen Aufstieg instrumentalisiert. Juliane Moore brilliert hier mit einer Darstellung, die es schafft, dass wir Mary trotz ihrer vielen hinterhältigen und unmoralischen Machenschaften nie als wirkliche Bösewichtin sehen. Stattdessen fiebern wir bei jedem Hindernis, das ihr in den Weg gelegt wird, mit und hoffen fast, dass es ihrem Sohn George gelingt, die Gunst des Königs zu gewinnen.
Dazu trägt auch Nicholas Galitzine bei, der der Oscar-Preisträgerin in nichts nachsteht. Ihm gelingt es, George von seinen unsicheren Anfängen bis hin zu dem vor Eitelkeit und Selbstbewusstsein strotzenden Mann überzeugend darzustellen, ohne dabei Georges verletzliche Seiten zu vernachlässigen.
Und auch Tony Curran überzeugt in seiner Rolle als König James I. mit seinen zahlreichen Gefühlsausbrüchen von Tobsuchtsanfällen über depressive Episoden bis hin zu übermütigen Ausbrüchen bei diversen Feierlichkeiten oder auf der Jagd.
Von Anfang an stellt sich die Frage, wer hier eigentlich tatsächlich die Fäden in der Hand hält. Denn schon bevor sich Mary und George in die Privatgemächer des Königs schleichen, scheint England von seinem Kammerherrn, dem Earl of Somerset (Laurie Davidson), regiert zu werden. Dieser versucht natürlich, George das Leben am Hof zur Hölle zu machen, da er sich in seiner Machtposition bedroht sieht.
Doch auch als George es geschafft hat, zum engsten Vertrauten des Königs zu werden, stellt sich die unausgesprochene Frage, wer eigentlich das Sagen hat. Ist George nur der Vollstrecker der Pläne seiner Mutter? Kann sich Mary gegen die alteingesessenen Aristokraten durchsetzen? Ist James I. wirklich so leicht zu beeinflussen, wie Mutter und Sohn es sich vorstellen? Und vor allem: Können sie die gewonnene Macht auch behalten?
Eine Intrige jagt die nächste, James I. hat einen Hofstaat um sich, in dem jeder nach mehr Macht giert, und wir fragen uns beim Zuschauen, wie lange das gut gehen kann.
Der Spannungsbogen der zahlreichen Intrigen am Hof wird in der ersten Hälfte der Serie gut aufgebaut. Allerdings in einem Tempo, das es dem Zuschauer manchmal schwer macht, den Charakteren zu folgen.
Vor allem die Charakterentwicklung Georges vom suizidalen, unsicheren jungen Mann zum selbstbewussten Verführer vollzieht sich wie im Zeitraffer, so dass man nach der ersten Folge schon wieder vergessen hat, wie George zu Beginn der Serie gestartet ist und diese Charakterentwicklung fast überflüssig macht.
Auch dass George zu James engstem Vertrauten wird, glaubt man erst viel später, als die Serie es einem erklären will. Denn es gibt zwar immer wieder intime Szenen, in denen sich beide Charaktere auch verletzlich zeigen, aber man sieht nicht wirklich, wie die beiden zu dieser emotionalen Nähe kommen, was die ganze Entwicklung etwas unglaubwürdig erscheinen lässt.
Sobald George und seine Familie jedoch in der Gunst des Königs stehen, nimmt das Tempo der Show ab und man taucht tiefer in die Charaktere ein und spürt auch ihre Vielschichtigkeit. Leider verliert die Show dann an anderen Stellen an Tempo und verliert etwas von der Spannung, den pointierten Dialogen und dem schwarzen Humor der ersten Hälfte. Ein Mittelweg zwischen den beiden Hälften wäre wohl das Beste gewesen.
Mary & George erfindet das Rad der historischen Skandalserie nicht neu. Trotz Schwächen in Erzähltempo und Dramaturgie bleibt die Spannung von Anfang an erhalten und die schlagfertigen Dialoge und ständigen Intrigen machen das Zuschauen zum Vergnügen.
Artikel vom 4. April 2024
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