Kritik: Stranger Things – Staffel 3
Liebeserklärung an die 80’s
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Fast forward nach Hawkins, Indiana, 1985. Es ist Sommer, Dustin (Gaten Matarazzo) kehrt aus mehreren Wochen Sommercamp zurück und zwischen Will (Noah Schnapp), Mike (Finn Wolfhard), Lucas (Caleb McLaughlin), Max (Sadie Sink) und Eleven (Millie Bobby Brown) haben sich neue Beziehungsdynamiken entwickelt. Während Eleven und Mike sich näherkommen, beginnt die Freundschaft zwischen den Jugendlichen zu bröckeln. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für Teenie-Drama, denn der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion bringt nicht nur neue Antagonisten ins Spiel, sondern geht auch mit der Rückkehr des Mind Flayers einher.
Man muss als Fan schon ein bisschen schlucken, wenn man den Darstellern beim Älterwerden zusieht und feststellen muss, dass die Kinderclique nun keine solche mehr ist. Einige Szenen werden kitschiger, die Einteilung in Geschlechter ist stärker, Gesprächsthemen und Zeitvertreib wandeln sich und genauso wie manche Zuschauer haben auch Will und Polizeichef Jim (David Harbour) ein Problem mit dieser Entwicklung. Die Duffer-Brothers haben hier viel Potenzial für Konflikte zwischen den Charakteren erkannt und es in Staffel drei intensiv erkundet.
Im Großen und Ganzen wirken die einzelnen Charakterentwicklungen natürlich, zwangsläufig müssen die Rollen eben mit den Schauspielern älter werden, um glaubwürdig zu bleiben. Neue Beziehungen entstehen und bereits dagewesene entwickeln sich in andere Richtungen. Besonders schön ist Elevens Freundschaft zu Max, denn sie führt dazu, dass Eleven mehr zu sich findet und zunehmend beginnt, für sich selbst einzustehen. Nancy (Natalia Dyer) und Jonathan (Charlie Heaton) werfen währenddessen erste Blicke ins Berufsleben und müssen feststellen, dass es nicht immer einfach ist, sich dort zu beweisen. Auch Steve (Joe Keery) ist in dieser Lage. Er arbeitet nun in einer Eisdiele und trägt dabei ein Seemanns Outfit, das Fans bereits im ersten Staffel-Teaser zu liebevollem Spott einlud. Zur Freude aller nimmt er auch in dieser Staffel wieder seine Vaterrolle ein und ist viel zu sehen, vor allem mit Dustin. Die beiden folgen begeistert ihrer Leidenschaft zur Detektivarbeit und gehören damit zu den klaren Helden der Staffel.
Mit von der Partie sind Lucas Schwerster Erica (Priah Ferguson), die mit ihrer Schlagfertigkeit und Eigensinnigkeit schon in Staffel zwei ihre Dialoge dominiert und die Zuschauer begeistert hat, und die alternative Robin, gespielt von Maya Ray Thurman Hawk, die zusammen mit Steve im Eisladen arbeitet. Sie ist die Tochter von Uma Thurman und Ethan Hawke, wie es der Name vermuten lässt, und bringt in ihrer Rolle frischen Wind nach Hawkins. Gleiches gilt für die Beziehung zwischen Karen Wheeler (Cara Buono) und Billy Hargrove (Dacre Montgomery), denn die Rollenentwicklung dieser beiden Charaktere wird durch ihre gemeinsame Geschichte vorangetrieben.
Für die meisten dürfte es keine Überraschung sein, dass auch Joyce (Winona Ryder) und Jim mehr Zeit miteinander verbringen. Leider wirken ihre Dialoge oft übertrieben und unauthentisch, was nicht der Leistung der Schauspieler geschuldet ist, sondern dem Drehbuch. Vor allem Jim macht eine intensive und rasante Charakterentwicklung durch, die für den Zuschauer erst gegen Ende der Staffel wirklich nachvollziehbar wird, aber auch dann nicht ganz überzeugen kann.
Generell hat die dritte Staffel von Stranger Things ein ziemlich hohes Tempo drauf, was besonders in Folge eins auffällt, in der man als Zuschauer wenig Zeit hat sich einzufinden, weil die Serie hektisch zwischen verschiedenen Handlungssträngen hin- und her springt. Viele Entwicklungen sind vorhersehbar, einige aber auch nicht und somit bleibt es größtenteils spannend und macht wie gewohnt Spaß, zuzuschauen. Mehr als in den vorherigen Staffeln fordert die Geschichte den Zuschauer dazu heraus, Parallelen zum eigenen Leben zu sehen und so nostalgisch auf die Kindheit und das Älterwerden zurückzublicken. Das Staffelende gehört zu den bewegendsten Momenten in der Geschichte der Serie, es lohnt sich also, bis zum Ende dabei zu bleiben. Die schauspielerischen Leistungen sind immer noch grandios und die Zeitreise ins Teenager- und Erwachsenenalter der Charakter wird glaubhaft vermittelt.
Die dritte Staffel ist auch aufgrund ihres Settings eine Zeitreise: Sie schreit geradezu nach den 80ern, ist bunt und wild und bietet somit den perfekten Rahmen für die Entwicklung der Teenager. Zeitgleich mit der Eröffnung des lokalen Einkaufszentrums, der Starcourt Mall, verändert sich auch der Modestil der Charaktere. Schrille und knallig bunte Kleidung nimmt Einzug in den Kleiderschränken von Hawkins und wird z.B. auf dem farbig leuchtenden Vergnügungspark zur Feier des amerikanischen Unabhängigkeitstages am 04. Juli oder im Freibad zur Schau gestellt. Songs aus den 70er und 80er Jahren untermalen die visuelle Farbexplosion und als Lucas die New Coke zum Gesprächsthema macht, die 1985 auf den Markt kam, ist die Illusion von der Zeitreise perfekt.
Der Hinweis, dass die Serie in einer amerikanischen Kleinstadt spielt, ist nicht nur aufgrund von Produktplatzierungen allgegenwärtig. Auch die ständige Präsenz der amerikanischen Flagge erinnert daran, denn selbst Elevens Augenbinde trägt irgendwann ihr Muster. Es sind amerikanische Elemente, die der Serie ihre Farbenpracht verleihen. Der damalige Zeitgeist, die Furcht der USA vor der Sowjetunion und dem Kommunismus und ihre Kampfbereitschaft dagegen, wird in der Handlung thematisiert (dieses Schema ist übrigens in vielen Filmen aus dieser Zeit zu finden, siehe z.B. Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts). Diese Angst spiegelt sich auch in der Bildsprache wieder, denn entsprechend brutal und dunkel werden auch die Antagonisten und ihr Umfeld gezeichnet.
Dadurch ist die dritte Staffel nicht nur bunter als ihre Vorgänger, sondern auch extrem düster. Es gibt mehr Szenen, die rohe Gewalt zeigen, viele, die in der Dunkelheit oder in kargen Räumlichkeiten spielen und durch die höhere Anzahl an Antagonisten nehmen auch die beängstigenden Vorfälle und der psychische Leidensdruck der Charaktere zu. Der Horror ist in dieser Staffel sehr präsent in Hawkins. In diesem Spannungsfeld zwischen knalliger Farbenfreude und düsterer Atmosphäre liegt die Stärke der Bilder und Stranger Things übertrifft sich wieder einmal selbst in seiner visuellen Umsetzung.
Hawkins tritt noch mehr in den Vordergrund und man könnte argumentieren, dass die Stadt sich langsam selbst zu einem Seriencharakter entwickelt. Denn sie ist eng mit der Handlung verbunden und der Blickwinkel auf die Stadt weitet sich aus, indem mehr Nebenrollen und städtische Themen in die Handlung mit einbezogen werden. Beispielsweise erfährt man etwas über die Mentalität in der von Männern dominierten Zeitungsredaktion von The Hawkins Post oder über die Beweggründe der Proteste gegen die Eröffnung der Starcourt Mall. Der Ort des Geschehens wird dadurch noch nahbarer und man kann sich in den Zeitgeist und die Probleme der Kleinstadt einfühlen. Die Starcourt Mall als zentraler Treffpunkt der städtischen Gemeinschaft bildet zudem die Kulisse für einen phänomenalen Schlusskampf, der visuell nicht besser hätte umgesetzt werden können und einen als Zuschauer vom Stuhl haut.
Ob es mit der Serie weitergeht und welche Rolle Hawkins zukünftig spielen wird, bleibt abzuwarten – doch lässt das Staffelende auf eine Fortsetzung hoffen. Die Produktion einer vierten Staffel wurde schon 2018 von Regisseur und Executive Producer Shawn Levy angedeutet, jedoch noch nicht offiziell von Netflix bestätigt.
Die dritte Staffel des Netflix-Hits Stranger Things wird dem Hype erneut gerecht. Auch wenn es nach den ersten beiden Staffeln kaum zu glauben ist, übertrifft die Serie sich in ihrer visuellen Umsetzung hier doch noch einmal selbst und raubt einem restlos den Atem. Mit ihrer Mischung aus knalligen 80ern und düsterem Horror ist sie ein konstanter Blickfang und auch inhaltlich wird der Zuschauer gut unterhalten. Das Altern der Schauspieler wird gekonnt mit der Handlung verwoben und schafft Raum für neue Konflikte und Beziehungen. Ein bisschen Nostalgie ist auch dabei, denn mit der Thematik des Älterwerdens wird auch das Mitfühlpotenzial beim Zuschauer geweckt. Viele Charaktere befinden sich in einem neuen Lebensabschnitt und auch wenn vereinzelte Charakterentwicklungen und Handlungsstränge nicht ganz glaubwürdig sind, überzeugt die Geschichte als Ganzes. Nicht nur Fans sollten diese Staffel bis zum Ende sehen.
Artikel vom 6. Juli 2019
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