Kritik: The Crown – Staffel 3
EINE HAUCH VON BITTERKEIT
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Im Jahr 1964, kurze Zeit nach den Ereignissen aus Staffel 2, sieht Queen Elizabeth II sich auf Briefmarken ihrem gealterten Spiegelbild gegenübergesetzt. Aus ihr ist eine “alte Schachtel” geworden, wie sie kritisch anmerkt, die erste einer Reihe von Selbsterkenntnissen, die dem Zuschauer die Menschlichkeit der Königin vor Augen führen soll. Mitglieder der Königsfamilie hadern mit ihren Lebensumständen und eigenen Charakterzügen und durchleben, trotz ihres besonderen Status, typische Anzeichen einer Midlife-Crisis, so wie viele “normale” Menschen und Zuschauer auch. Kritik an königlichen Gepflogenheiten und historischen Geschehnissen ist stark präsent, auch dadurch ist die Atmosphäre bitterer und roher als in den vorangegangenen Staffeln. Während Schauspielerin Claire Foy in ihrer Rolle der Königin noch Wärme und Herzlichkeit ausstrahlte, bringt Olivia Colman eine emotionale Härte in die Produktion ein, die die dargestellten Konflikte unterstreicht. Mit Helena Bonham Carter als schauspielerische Ergänzung in der Rolle einer schlagfertigen, manchmal flapsigen Princess Margaret ist der Serie eine perfekte Besetzung für die charakterliche Weiterentwicklung gelungen.
„Age is rarely kind to anyone.“
Queen Elizabeth II (Olivia Colman)
Doch auch die weiche Seite der Königsfamilie wird nicht komplett vernachlässigt. Alte Beziehungskonflikte werden überwunden, bei tragischen Ereignissen zeigen die Royals Empathie mit den Betroffenen, sie gehen Bindungen mit Menschen aus der breiten Bevölkerung ein und versuchen, sich ihr gegenüber gut darzustellen. Am aufrichtigsten jedoch wirkt die gesellschaftliche Anteilnahme des königlichen Außenseiters Prince Charles (Josh O’Connor), der als “Softie” und idealistischer Romantiker den konservativen Gepflogenheiten seines Elternhauses gegenübergestellt wird und bewusst versucht, sich von vorgegebenen Normen zu lösen und eigene Gedanken in seine Rolle als zukünftiger Thronfolger einzubringen – was das traditionelle Milieu ihm jedoch nicht einfach macht.
Während Charles Leben mit Empathie und Emotionen zu beobachten ist, wird die charakterliche Entwicklung von Queen Elizabeth II, der Krone selbst, eher oberflächlich angeschnitten. Die emotionale “Rauheit” und Distanz der Monarchin erschweren das Mitgefühl mit ihr, dieses Hindernis steht auch zwischen anderen Charakteren und dem Zuschauer.
Obwohl das Drehbuch sich bemüht, die Royals nahbar zu machen, gelingt dies nicht immer. Als Folge davon bleibt die Sympathie mit ihnen zu großen Teilen aus, was den emotionalen Bezug zu den Charakteren erschwert. Hinzu kommt, dass familiäre und persönliche Konflikte wie eine dicke graue Wolke über der Story hängen und einem nur wenige leichte Momente beim Zusehen vergönnt sind. Das Zuschauererlebnis ist dadurch streckenweise eintönig.
In dieser Hinsicht hinkt die dritte Staffeln ihren Vorgängern etwas hinterher: Die fürs Binge Watching nötige Spannung wird nicht immer erreicht, die emotionale Tiefe kann nicht mit früheren Inszenierungen mithalten. Manche Storylines sind jedoch so phänomenal umgesetzt, dass sie diese Schwächen teilweise kompensieren.
Jetzt zurückerinnern: Unsere Zusammenfassung zu allen The Crown-Staffeln
Trotz anderer inhaltlicher Schwächen schafft der Dokumentarstil der dritten Staffel weiterhin interessante Momente, die empfundene Realitätsnähe kommt der Spannung zugute. Einige tiefgreifende historische Ereignisse sind mit der Serienhandlung verwoben, so wie die Katastrophe von Aberfan oder die erste bemannte Mondlandung der Apollo 11. Die dargestellte Zeitgeschichte wirkt oft authentisch, auch wenn nicht alle Begebenheiten einem Faktencheck standhalten könnten. Der zeitliche Sprung zwischen der zweiten und der dritten Staffel ist weniger gelungen und somit auch der Übergang zu den neuen Schauspielern: Nichtmal ein Jahr liegt zwischen den Ereignissen aus Staffel 2 und 3, weshalb also sind die Charaktere in der Zwischenzeit derart gealtert und verändert? Insgesamt wurden die geschichtlichen Vorfälle jedoch relativ gelungen mit den fiktionalen Elementen der Handlung verschmolzen.
Die dritte Staffel von The Crown entwickelt im Hinblick auf Spannung und emotionale Tiefe nicht die gleiche Stärke wie ihre Vorgänger. Veränderungen der Charakter werden teilweise ungenügend beleuchtet, was der Identifikation mit der Handlung Steine in den Weg legt. Gleichzeitig sind die Folgen von emotionaler Schwere geprägt, nur selten unterbricht leichter Stoff diese Atmosphäre. Das führt phasenweise zu einem langatmigen Zuschauererlebnis, wodurch die Spannung einbüßt. Die Schauspieler brillieren jedoch in ihren Rollen, einige Folgen sind phänomenal geschrieben und umgesetzt und rein optisch steht die dritte Staffel den Vorherigen um nichts nach. Auch die Verknüpfung von Fiktion und Geschichte ist, wie auch zuvor, mehr oder weniger gelungen. Für Fans bleibt es somit abzuwarten, ob die vierte Staffel der Erfolgsserie es schaffen wird, inhaltliche Schwächen auszumerzen. Die Dreharbeiten sollen Berichten zufolge bereits im ersten Quartal 2020 abgeschlossen werden, daher kann man auf eine diesjährige Ausstrahlung hoffen.
Artikel vom 30. Januar 2020
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