Kritik: The Man in the High Castle – Staffel 2
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Die erste Staffel ließ uns mit einem fiesen Cliffhanger zurück. Handelsminister Tagomi (Cary-Hiroyuki Tagawa) fand sich in einer Paralleldimension wieder, in der die Alliierten den zweiten Weltkrieg gewannen und Amerika seine (gewohnte) amerikanischen Kultur auslebt. Ist Tagomi etwa ein Weltenwanderer?
Juliana Crane (Alexa Davalos) sucht immer noch den mysteriösen „Man in the High Castle“ – und findet ihn letztendlich. Verfolgt von dem Widerstand und den Japanern, sucht Juliana jedoch schnell Asyl im „Greater Nazi Reich“. Obergruppenführer Smith (Rufus Sewell) sorgt sich persönlich um ihren Schutz und lässt sie am Alltag seiner vorbildlichen Nazi-Familie teilhaben. Überrascht von deren Herzlichkeit, befindet sich Juliana in einem Konflikt: Denn die Nähe zum mächtigsten Nazi Amerikas macht sie beim Widerstand natürlich zur Wunschkandidatin für einen Spitzel
Die Buddys Frank (Rupert Evans) und Ed (DJ Qualls) befinden sich in den Fängen der Yakuza und begleichen ihre Schuld zusammen mit dem Antiquitätenhändler Robert Childan (Brennan Brown), indem sie täuschungsechte Fälschungen von historischen Gegenständen herstellen. Tatsächlich freunden aber auch sie sich mit dem Widerstand an.
Währenddessen ist Joe Blake (Luke Kleintank) auf einem Selbstfindungstrip in Berlin. Sein Vater ist ein hohes Tier in der Nazi-Nahrungskettte und möchte Joe unbedingt von dem Gedankengut des Nationalsozialismus überzeugen.
Die Serie lässt sich nicht in ein Genre zwängen. Basierend auf der Buchvorlage von Philip K. Dick, baute sich The Man in the High Castle ein vertracktes Universum auf, das seine wahre Gestalt bisher verbarg. Mit Staffel 2 begibt sich die Serie nun endgültig in neue Fiktion, die mit Dicks Vision nur noch entfernt verwandt ist.
Schon in der ersten Staffel war „Mystery“ das Kernelement der Serie, das uns bei der Stange hielt. Woher kommen die Filmrollen? Wer ist der Mann im hohen Schloss? Staffel 2 bemüht sich zum Glück nicht, die Geheimniskrämerei zu schnell aufzugeben und uns Erklärungen auf alle offenen Fragen zu liefern. Obwohl der mysteriöse Mann schon sehr früh in Staffel 2 zu sehen ist, gibt es in den neuen Folgen sogar noch mehr „What the…?“-Momente als in Staffel 1. Fans von Lost werden begeistert sein.
Viel Mystery bedeutet leider auch viele lose Handlungsfäden. Die erste Staffel hat zum eigenen Vergnügen eine ganze Menge Dominosteine angestoßen, die die zweite Staffel erst wieder sorgfältig aufstellen muss. Aus diesem Grund kommen die ersten Episoden nur schleppend voran und verwirren zeitweilig. Um nochmal richtig in die Handlung reinzukommen, haben wir daher für euch eine Zusammenfassung der ersten Staffel geschrieben.
Während die Hauptcharaktere bisher eher das Manko der Show waren, sind sie mit der neuen Staffel plötzlich deren größte Stärke geworden. Juliana Crane haben wir eigentlich als die weinerliche und immer besorgte Protagonistin kennengelernt, doch in Staffel 2 befreit sie sich aus dem „Graue Mäuschen“-Kostüm und entwickelt sich zu einer vielschichtigen Hauptrolle.
Stichwort Charakterentwicklung: The Man in the High Castle zeigt, wie’s richtig geht. Joe Blake, der nun von seinem Love-Interest Julianna getrennt wurde und in Nazi-Deutschland seiner Vergangenheit hinterher jagt, ist auf einmal gar nicht mehr so langweilig. Sein innerer Konflikt lässt ihn zwischen den Polen „Nazi“ und „Rebell“ hin und her pendeln.
Auch wenn die Dilemmas der Charaktere etwas plakativ und offensichtlich aufgezogen werden, macht es die blassen Darsteller aus der ersten Staffel viel interessanter und sympathischer. Selbst der Schurke Obergruppenführer Smith wirkt plötzlich irgendwie „nett“.
Dass ausgerechnet ein Nazi nun als das eigentliche Herz der Serie benutzt wird, ist genial und kontrovers zugleich. Wenn ein überzeugter Faschist von seiner eigenen Ideologie geknebelt wird, indem er seinen kranken Sohn „beseitigen“ muss, dann ist das ein Konflikt der Meisterklasse. Der ambivalente Charakter, gespielt von Rufus Sewell, ist einer der faszinierendsten Serien-Charaktere des Jahres und mit Sicherheit das beste Element in The Man in the High Castle.
Der Mindfuck ist mittlerweile ein Massenphänomen. Wir alle lieben Mindfucks. Christopher Nolan machte sie mit Filmen wie Memento, Shutter Island und Interstellar massentauglich. Seitdem beleben sie das moderne Storytelling der Film- und Serienwelt. Wir lieben es einfach, verarscht zu werden.
Auch in Staffel 2 gibt es viel zu Rätseln und Kopfzerbrechen. Das Drehbuch entscheidet dabei penibel, welche Informationen dem Zuschauer vorenthalten und welche ausnahmsweise direkt erklärt werden. Gerade wegen diesem Informationsmangel, kann The Man in the High Castle nicht immer die Balance zwischen Mystery und Mischmasch halten. Die Verwirrungen werden aber spätestens mit den letzten zwei Folgen aufgeräumt. Das Gesamtbild der Handlung fasziniert mit verschachtelten Twists und Auflösungen – Mindfuck in Reinkultur!
Die zweite Staffel, die auf Amazon Video abrufbar ist, hätte ordentlich in die Hose gehen können. Doch zum Glück sind die Drehbuchautoren der Aufgabe gewachsen, die Geschichte von Philip K. Dick sinnvoll fortzuführen. The Man in the High Castle reift zu einer der komplexesten und ambitioniertesten Newcomer-Serien der letzten Jahre heran und hält das hohe Niveau der ersten Staffel, indem das innovative Setting weiter erforscht und ausgebaut wird. Ich warte gespannt auf die dritte Staffel, die bereits Ende 2017 auf Amazon erscheinen soll!
Artikel vom 13. Januar 2017
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