Kritik: Fack ju Göhte 3
ES HAT SICH AUSGEFACKT
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Es geht wieder rund in der Goethe-Gesamtschule: Chantal (Jella Haase), Danger (Max von der Groeben) und die anderen Leistungsverweigerer aus der gefürchteten b-Klasse stehen kurz vor dem Abitur. Doch ans Lernen denken die Problemkinder nicht wirklich. Zocken, Party, Drogen – alles ist spaßiger, als sich den Abi-Stoff reinzupauken. Für Wahllehrer Zeki Müller (Elyas M’Barek) eine echte Herausforderung – immerhin sind ihm seine Schüler mittlerweile ans Herz gewachsen. Doch mit seinen Motivierungsversuchen stößt er immer wieder auf taube Ohren. Immerhin greift ihm die seelenverwandte Lehrerin Biggi Enzberger (Sandra Hüller) unter die Arme.
Währendessen kämpft Schulleiterin Gudrun Gerster (Katja Riemann) mit wesentlich existenzielleren Problemen: da etliche Verordnungen nicht eingehalten wurden, soll die Gesamtschule geschlossen und ein zusätzlicher Leistungstest für die werdenden Abiturienten eingeführt werden. Das Aus für die berühmt-berüchtigte Lehranstalt ist somit fast schon besiegelt…
Was Fack Ju Göhte 2013 so erfolgreich machte, war zweifelsohne seine frische, unkonventionelle Machart. Die überspitzten Charaktere gepaart mit der wenig subtilen Bildungskritik zeichneten ein überraschend akkurates Bild vieler deutscher Schulen. Vor allem war es aber das herrlich unverblümte, frische Drehbuch und das großartige Schauspiel von Elyas M’Barek & Co, das die Komödie so kurzweilig werden ließ.
In Fack Ju Göhte 3 will das Team um Regisseur Bora Dağtekin zunächst auf Teufel komm raus diesen derb-witzigen Spirit der Vorgängerfilme erzwingen: Zeki Müller wacht neben einer fremden Frau auf, schüttet sich Bier in seine Cornflakes, säuft Kaffee direkt aus der Kanne und spricht mit völliger Gleichgültigkeit eine Gruppe Schüler mit “Hey, ihr geplatzten Kondome!” an. Das ist längst bekannt und dazu noch so forciert, dass die erste halbe Stunde fast wie ein lahmer Aufguss wirkt. Erst danach wird das Timing wieder stimmig.
Auch scheint man in der Charakterentwicklung des Protagonisten wieder einen Schritt zurück gemacht zu haben: das übermäßig prollige Verhalten und das viel zu kalte Auftreten wurde eigentlich im Vorgängerfilm schon folgerichtig zurückgeschraubt. In Fack Ju Göhte 3 ist Zeki Müller wieder ein Assi und benimmt sich, als wäre der charakterliche Reset-Button gedrückt worden. Das ist wenig nachvollziehbar.
Obwohl in Fack Ju Göhte 3 immer viel passiert, ist die Geschichte im Grunde schnell erzählt. Die dünne Storyline fällt dabei aber nicht auf, da im Minutentakt die Schauplätze, Charaktere und Handlungen durchrotiert werden. Diese teilweise für die Geschichte unbedeutenden Sequenzen sind dabei mit ordentlich vielen Gags durchzogen. Chantal bei ihrer journalistischen Arbeit für die Schülerzeitung “Klassenfurz” zuzuschauen ist wie erwartet einfach nur herrlich. Oder wenn die Gang versucht, ihrem Lehrer ein Zäpfchen einzuführen, nachdem dieser einen Crack-Rückfall hatte.
Leider zündet aber auch ein guter Batzen der Gags nicht. Gerade dann, wenn für die Reihe typische zeitgemäße Anspielungen auf das weltpolitische Geschehen aufgefahren werden. Der Kommentar zur AfD in Brandenburg oder ein Kurzauftritt von Geflüchteten wird unmotiviert abgefrühstückt. Sonderlich viel Mühe hat man sich hier nicht gemacht.
Spannend wird es, wenn es um die Themen der Teenager geht: Mobbing, Zukunftsängste, Minderwert. Im Kern der Filmreihe geht es darum, dass Jugendliche in ihrer Unsicherheit zu ihren Stärken und Talenten finden. Dieser langwierige Kampf wird erneut glaubhaft erzählt. Gleichzeitig fällt der Erklärungsversuch, wie die Schüler am unteren Rand der Gesellschaft gelandet sind, arg plakativ aus.
Ein Besuch bei Chantals Mutter beispielsweise funktioniert so gar nicht: ganz wie erwartet handelt es sich bei ihr um einen versoffenen, gesellschaftlichen Totalausfall. Das erklärt zwar die Minderwertigkeitskomplexe der jungen Möchtegern-Influencerin Chantal, doch sehr viel mehr Tiefe wird dem Zuschauer nicht zugetraut.
Während das allgegenwärtige Thema Mobbing in einer ausführlichen, sehr rührenden Szene stark aufgefangen und kommentiert wird, leisten sich die Macher woanders einen groben Schnitzer. In einer Nebenhandlung wollen sich ein paar junge Mädels das Leben nehmen. Ein derart großes Thema nach der Hälfte der Laufzeit anzuschneiden und nur halbherzig zu Ende zu führen (noch dazu mit dem Spruch: “Hey, ihr Suizid-Fotzen!”) ist schlichtweg fahrlässig. Wenn man dieses heikle Thema unbedingt reinzwängen muss, sollte man es wesentlich sensibler behandeln.
Schauspielerisch setzt Fack Ju Göhte 3 auf bekannte Gesichter. Zwar ist Karoline Herfurth diesmal nicht mehr dabei, aber der Cast rund um Elyas M’Barek, Jella Haase und Max von der Groeben spielt einmal mehr großartig auf. Insgesamt ist das Zusammenspiel sehr stimmig, die Energie hoch und die Spielfreude nicht abzusprechen. Hier und da dürfen sich einige Schauspieler sogar ein wenig mehr austoben – vor allem Katja Riemann als überforderte und Klebstoff-süchtige Schulleiterin ist zum Brüllen komisch.
Ergänzt wird die Riege mit Cameos namhafter Schauspieler und Promis: Julia Dietze, Corinna Harfouch, Farid Bang – sogar ein Teil des Kaders des FC Bayern München hat einen augenzwinkernden Kurzauftritt. Hier haben die Macher alles richtig gemacht!
Fack Ju Göhte 3 kann über die zwei Stunden Laufzeit gut unterhalten. Auch wenn der Humor nicht so frisch und die Story längst nicht so ausgeklügelt ist wie im ersten Teil, werden Fans mal wieder auf ihre Kosten kommen. Es macht Spaß, die bekannten Charaktere noch ein letztes Mal auf der Kinoleinwand bewundern zu dürfen, obgleich das Storytelling und die komödiantische Qualität des letzten Films merklich zu wünschen übrig lassen. Wird es die Fans stören? Nein, sicherlich nicht. Dem Erfolg des letzten Films wird ohnehin nichts entgegen zu setzen sein.
Insgesamt kann der abschließende Teil der erfolgreichen Reihe weder inhaltlich noch humortechnisch so ganz mit den Vorgängern mithalten. Die Story ist solide, aber nicht weltbewegend. Einige der zahlreich eingestreuten Gags zünden nur bedingt, andere treffen ins Schwarze. Auch die tieferen Themen werden mal gekonnt, mal viel zu plakativ behandelt. Fack Ju Göhte 3 kann zwar unterhalten, wirkt insgesamt jedoch holprig und zu beliebig, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Artikel vom 23. Oktober 2017
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