Kritik: Community – Staffel 1-6
DIE ETWAS ANDERE COMEDY AN EINEM ETWAS ANDEREN COLLEGE
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DIE ETWAS ANDERE COMEDY AN EINEM ETWAS ANDEREN COLLEGE
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Jeff Winger (Joel McHale) ist ein charmanter Anwalt, der jeden um den Finger wickeln kann. Naja, zumindest war er das. Denn als sich herausstellt, dass sein Abschluss nicht so hieb und stichfest ist, wie er behauptet, verliert er seine Zulassung. Fazit: Er muss er seinen Abschluss nachholen. Und was eignet sich dafür besser, als das heruntergekommene Greendale Community College, in dem er sich schnellstmöglich die Zulassung erschleichen will. Dort angekommen verguckt er sich in die hübsche Aktivistin Britta Perry (Gillian Jacobs). Um sich an sie ranzumachen, gibt er sich als falscher Spanisch-Tutor aus, und gründet eine Lerngruppe. Was er jedoch nicht geplant hat ist, dass sich fünf weitere Studenten zu der falschen Lerngruppe hinzugesellen. Zuerst bemüht er sich die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen, doch muss er schließlich feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, diese fünf liebenswerten Außenseiter wieder loszuwerden.
Die Lerngruppe hat sich versammelt, die Hauptbesetzung steht fest. Dabei liegt der Fokus der Serie jedoch nicht auf dem vermeintlichen Protagonisten Jeff Winger, sondern viel mehr in der Dynamik dieses bunt zusammen gewürfelten Haufens. Genauso wie Jeff und Britta haben sich diese kulturell und ethnisch verschieden Persönlichkeiten in Greendale getroffen, weil etwas bei ihnen falsch lief und sie noch mal von vorne anfangen wollen: Troy Barnes (Donald Glover), ein High School Quarterback, verlor verletzungsbedingt sein Stipendium. Abed Nadir (Danny Pudi), ein sozial unfähiger Filmenthusiast, würde lieber im Regiestuhl als im Hörsaal sitzen. Die ehemalige Musterschülerin Annie Edison (Alison Brie) erlitt durch Pillenmissbrauch einen Nervenzusammenbruch. Die christlich-religiöse Mutter Shirley Bennett (Yvette Nicole Brown) strebt, nachdem ihr Mann sie betrogen hat, ihre finanzielle Unabhängigkeit an. Und zum Schluss wäre da noch Pierce Hawthorne (Chevy Chase, bekannt u.a. durch die Chevy Chase Show), ein politisch inkorrekter, alter Millionär, der aus Langeweile und Einsamkeit das College bereits seit Jahren besucht.
Einzeln betrachtet fällt auf, dass man derartige Backgroundstories schon mal gesehen hat. Sehr oft. Machen wir uns nichts vor: All diese Charaktere sind Stereotypen. Der dümmliche Sportler, die ehrgeizige Musterschülerin, der rassistische alte Sack, all das hat man schon bis zum Abwinken gesehen – doch Drehbuchautor Dan Harmon versucht das auch nicht zu verschleiern. Im Gegenteil, er baut gezielt darauf auf. Zu Anfang wirken die Charaktere so, als seien sie aus unterschiedlichen Sitcoms entflohen, um gemeinsam mit der realen Welt konfrontiert zu werden. Tatsächlich funktioniert das sogar. Die Gruppe entwickelt unerwartete Tiefe, und brilliert durch fantastische Dialoge, die durch eine gehörige Portion Wortwitz serviert werden. Dadurch erwecken alle Charaktere die Sympathie des Zuschauers, ohne dass sie dabei ihren “Durchgeknallt-Faktor” verlieren.
Apropos “Durchgeknallt-Faktor”. Kommen wir zum Greendale Community College. Als diese, einst noch geistig gesunden Individuen, durch die Eingangstüren schritten, betraten sie eine andere Welt, die jenseits jeder Vernunft existiert. Kein anderes College ist so heruntergekommen und so verrückt.
Die Dozentenschaft, wie bspw. der herrlich inkompetente Studienleiter Craig Pelton (Jim Rash), aber auch der größenwahnsinnige Spanischdozent Ben Chang (Ken Jeong, Hangover) oder die Dozenten von Kursen wie “Leitern” und “Baby-Sprache” tragen gehörig zum Wahnsinn bei.
Der Großteil der Episoden beginnt recht gewöhnlich im berühmt berüchtigten Lerngruppenraum. Dann werden die anstehenden Ereignisse eingeführt. Seien es verrückte Collegekurse oder eine der unzähligen Veranstaltungen, die definitiv aus den Fugen geraten. Durch dieses Setting versucht Drehbuchautor Dan Harmon die Grenzen zu erforschen, die er in einer Serie dieses Formates nutzen kann, wobei der Wahnsinn mit jeder Staffel zunimmt. Lag der Witz in der ersten Staffel noch in einem heruntergekommenen College, dass sein Ansehen um jeden Preis steigern will, so kommt es später zu Ereignissen wie einem Paintball-Krieg, einer Zombie-Apokalypse und der intensivsten Pen-&-Paper-Runde von Dungeons and Dragons aller Zeiten. Der College-Alltag ist herrlich abgedreht, unvorhersehbar und strotzt nur so vor Einfallsreichtum. Zweifelsohne die größte Stärke der Serie.
Was macht eine Comedyserie in einem Zeitalter, in dem die Popkultur soweit ausgeprägt ist, dass das Publikum bereits jedes Storyelement und jeden Witz kennt? Klare Antwort: man macht Witze über Witze. Das nennt man dann Metahumor. Tatsächlich liegt der Fokus der gesamten Serie im Medienbewusstsein ihrer Charaktere. Sie ist sich der ungeschriebenen Regeln von Film und Fernsehen wohl bewusst und zieht sie gezielt durch den Kakao. Und keiner verkörpert diese Komik besser als der heimliche Star der Serie: Abed Nadir. Der schräge und etwas roboterhafte Filmstudent ist besessen von Film und Fernsehen. Er lässt keine Chance verstreichen, um mit seinem angehäuftes Nerd-Wissen um sich zu schmeißen. Davon erhofft er sich, sein Leben zu ordnen und soziale Kontakte knüpfen zu können. Abed Nadir stellt sich vor, dass das reale Leben eine Geschichte ist. Die Lerngruppe ist seiner festen Überzeugung nach eine Fernsehserie. So überrascht es beispielsweise auch niemanden, wenn Abed als Voice-Over das Geschehen kommentiert, obwohl er in diesem Moment gar nicht im Bild zu sehen ist. Ganze Ereignisse kann er vorhersehen, einfach weil er mit klassischen Geschichten vertraut ist. Tatsächlich ist Abed mehr als nur ein Charakter. Er ist ein Sprachrohr, durch den Drehbuchautor Harmon seinen Kommentar über Film und Fernsehen und die Medienwelt loswerden kann, ohne kontinuierlich die Vierte Wand durchbrechen zu müssen. Diese Mischung von Medienbewusstsein und dem Spiel mit Erwartungen ist ein weiterer Aspekt, der die Serie Community ausmacht.
Community verfolgt mit ihrem Fokus auf Metahumor gewagte und innovative Ansätze. Ganze sechs Staffeln sollte die Comedy-Serie ursprünglich umfassen. Doch lange Zeit stand die Weiterführung der Serie unter keinem guten Stern. Bereits ab der dritten Staffel gab es Konflikte. Hinter den Kulissen gab es Streitigkeiten mit Darsteller Chevy Chase. Selbst Drehbuchautor Dan Harmon kam nicht gut weg. Es endet mit seiner Entlassung, die eine vierte Staffel zur Folge hatte, die abhängig vom Befragten entweder “ganz gut”, oder “der Untergang der Serie” war. Ab der fünften Staffel ist Dan Harmon wieder dabei und mit ihm die Qualitätssteigerung. Dennoch wird hier ein Problem ersichtlich: der Erzählstrang. Der rote Faden umfasst vier Staffeln, in denen Jeff und seine Freunde ihr Studium erledigen, doch mit der fünften Staffel fragt man sich langsam, was es da noch zu erzählen gibt. Spätestens ab der sechsten Staffel, die nur durch die Unterstützung des Internetunternehmens Yahoo zustande kam, und in der nur zwei Drittel der Hauptfiguren dabei sind, kommt die Frage auf, wann die Charaktere denn endlich ihren Abschluss machen würden. Da eine Staffel die Ereignisse jeweils eines Studienjahres erzählt, wünscht sich der Zuschauer zunehmend, dass diese Langzeitstudenten endlich ihr Leben „weiterleben”.
Glücklicherweise springt Community noch während der sechsten Staffel auf den Zug moderner Serien auf, deren dramaturgischer Kern stets aus der (Weiter-)Entwicklung ihrer Charaktere besteht und beschert der Serie ein würdiges Ende.
Die Comedy-Serie Community, die einst nur als einfacher Gag angedacht war, ist mittlerweile Kult. Die Fans wollten unbedingt sechs Staffeln und einen Film sehen. Trotz aller Widrigkeiten hat es Community auf die gewünschten sechs Staffeln gebracht. Und das ist auch kein Wunder. Alles passt. Die Charaktere sind abgedreht und liebenswert, die Sprüche sitzen, Community ist sauwitzig, clever und einfallsreich. Besonders der innovative Umgang mit Popkultur macht die Serie zum Geheimtipp. Community ist ein Serie von TV-Nerds für TV-Nerds. Es bleibt nur noch sehnsüchtig abzuwarten, wann wir ein Community: The Movie zu Gesicht bekommen.
Artikel vom 2. Juni 2016
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