6.9/10

Kritik: Parthenope

BELLA NAPOLI

Genres: Drama, Startdatum: 10.04.2025

Interessante Fakten für…

  • Parthenope war der Sage nach eine der Sirenen in der Odyssee.
  • Die prächtige Villa der Familie liegt im neapolitanischen Stadtteil Posillipo.

Kann man sich mal angucken: Paolo Sorrentinos neuer Film ist ästhetisch wie ein Parfum-Werbespot und versucht auch inhaltlich, Schönheit zu ergründen. Doch kann ein Film beides haben – Schönheit und Tiefe?

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#Kinogänger #Klassiker #Trashfan

Darum geht’s

Die junge Studentin Parthenope (Celeste Dalla Porta) verdreht die Köpfe von Neapel. Sogar ihr engster Freund (Dario Aita) und ihr eigener Bruder (Daniele Rienzo) schwärmen für sie. Doch die neapolitanische Schönheit ist noch lange nicht bereit, sich auf ihrem Aussehen auszuruhen. Das Studium fordert sie und das Mittelmeer ruft. So zieht Parthenope aus, um sich in Land und Leute zu verlieben.

Verdrehte Köpfe

Terracotta-Fliesen auf der Terrazza, Wein im Glas und Ausblick auf den azurblauen Golf von Neapel. Das Leben ist gut, das Leben ist angenehm, vor allem ist es eins: Schön. An einem der schönsten Orte unter dem Himmel wird Parthenope geboren, dem Meer entstiegen wie eine mythische Erscheinung, bereit, die Welt im Sturm zu nehmen. Zwar ist sie wortgewandt und eine brillante Studentin, doch ist es vor allem ihr Äußeres, dass der Männerwelt von Neapel bis Capri den Kopf verdreht und die Zuschauer:innen fesselt.

Eine derartige Charaktergestaltung erscheint natürlich fahrlässig, insbesondere für eine Frauenfigur. Wer möchte schon einzig über die Schönheit definiert werden? Doch Paolo Sorrentino ist kein plumper Autor. Seine Drehbücher wandern häufig an Klischees entlang, doch obwohl er alte, junge, männliche und weibliche Figuren klassisch aufstellt, stehen sie am Ende meist nicht mehr am Ausgangspunkt. Auch Parthenope bietet mehr als ihre Anmut. Sie ist nicht nur passives Material der Anbetung, auch sie selbst verliebt sich und sucht ihren Platz.

Schönheit überall

Doch trotz all der vielen Momente, die sich fast ausnahmslos um Parthenope drehen, entsteht kein ganz rundes Bild der Hauptfigur. Auch dies ist vermutlich keine fehlende Drehbuchkunst, sondern Teil des Werkes selbst. Paolo Sorrentinos Film ist eher Märchen als Drama, die schöne Parthenope ist eine mythische Figur, kein Mensch. Von Medea, Medusa oder Gretel wird keine Charaktertiefe erwartet. Sie sind funktionale Archetypen, die das Geschehene in Gang bringen. Wichtig ist, was um sie herum passiert.

Im Film arbeiten sich so die verschiedenen Instanzen der Schönheit aneinander ab. Der hässliche, aber intellektuell erhabene Schriftsteller. Die ehemalige Diva, durch OPs entstellt. Der Priester, der in allem Schönen Gott sieht. Unzählige Szenenfolgen spielen Konstellationen durch und bald ist man ermüdet von der Symbolik und den Eindrücken. Große Momente, die nachdrücklich auf der Netzhaut verweilen gibt es viele, doch werden diese mit Füllmomenten verbunden, die nicht überzeugen. Wo die Geschichte und ihre Charaktere gerade stehen – zeitlich, räumlich, handlungsbezogen – ist häufig schwer zu verfolgen. “Traumhaft” könnte man wohlmeinend sagen. “Schwerfällig” ist das, was intuitiv einfällt.

Tirade auf Neapel

Paolo Sorrentino ist mit diesem Film so nah wie nie am italienischen Klassiker Federico Fellini, ohne sich in einer Kopie zu verlieren. Die Handlung zieht wie Wolken vorbei und es geht, wie eigentlich immer irgendwie bei Sorrentino, um Körperlichkeit. Celeste Dalla Porta ist eine fesselnde Hauptdarstellerin. Doch nicht nur Menschen haben hier Körper, auch Neapel wird zunächst rein äußerlich beobachtet und angebetet. Das Meer wirkt beinahe künstlich, es ist schwer vorstellbar, dass es in der Realität noch schöner sein könnte. Doch sobald es unter die Oberfläche geht, bröckelt der Putz. Im Armenviertel begegnet uns die rohere, ursprüngliche Lebenskraft der Stadt.

In einer zynischen Tirade wirft eine Einwohnerin der Stadt am Vesuv vor, von äußerlicher Schönheit geblendet, doch innerlich verkommen, kleingeistig und primitiv zu sein. Ein hartes Urteil, doch es verändert den Ton des Films deutlich. Die reine bellezza bedeutet nichts ohne ein Leben dahinter. Schriftsteller John bemerkt: Schönheit ist wie Krieg – sie öffnet Türen. Doch hindurchgehen und dahinter Sinn suchen, müssen wir selbst. Wer nach dem guten Leben strebt, findet Schönheit – nicht andersherum.

Fazit

6.9/10
Ganz okay
Community-Rating:
Visuelle Umsetzung 8/10
Schauspiel 7.5/10
Tiefgang 7/10
Atmosphäre 7/10
Charaktere 5/10
Details:
Regisseur: Paolo Sorrentino,
FSK: 16 Filmlänge: 136 Min.
Besetzung: Celeste Dalla Porta, Daniele Rienzo, Dario Aita, Gary Oldman,

Parthenope ist kein Film mit tiefen Figuren, er lässt sie vor einer wundervollen Leinwand auf- und wieder abtreten. Gary Oldman stolpert unerwartet in den Film und genauso schnell wieder hinaus. Auch ein zunächst aufgespanntes Figuren-Dreieck überlebt die Mitte des Films nicht. An der Hand der jungen Studentin wandelt die Kamera durch unzählige symbolische Szenen und der Kern der Erzählung ist erkennbar: Was kann Schönheit sein, außer einem Türöffner? Leider gibt der Film selbst keine überzeugende Antwort. Seine Bilder sind berauschend, doch bleibt nach dem Rausch wenig übrig.

Artikel vom 23. April 2025

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