9/10

Kritik: Bohemian Rhapsody

DER ROCKLEGENDE WÜRDIG?

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Genres: Biografie, Drama, Startdatum: 31.10.2018

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Bei den Oscars 2019 hat er die meisten Preise abgestaubt, im Box-Office hat er Rekorde erzielt: ‘Bohemian Rhapsody’ war einer der Zuschauerlieblinge des Jahres. Was den Film auszeichnet und wo seine Grenzen liegen, erfährst du in der Kritik.

Darum geht’s

Bohemian Rhapsody beleuchtet die Gründung und den Werdegang der weltweit bekannt gewordenen Band Queen, sowie das Leben ihres Sängers Freddie Mercury. Auf dem Weg, zu einer Rocklegende zu werden, muss die junge Band für die Durchsetzung ihres eigenen Musikstils kämpfen. Frontmann Freddie Mercury sieht sich währenddessen den Wirrungen und Schicksalsschlägen seines Lebens gegenübergestellt. Der Film begleitet seine Entwicklung zu einem der erfolgreichsten Performer aller Zeiten mit Empathie, Humor und einer ganzen Menge Energie.

Unterhaltsamer Film mit biografischen Lücken

Vier Oscars gewann das Musik-Biopic von Regisseur Bryan Singer um Queen und deren berühmten Sänger Freddie Mercury dieses Jahr. Sein Leben und Talent stehen im Zentrum des Geschehens und werden aus respektvoll distanzierter Perspektive gezeichnet, wodurch Bohemian Rhapsody wie eine Hommage an den verstorbenen Künstler wirkt.

Rami Malek, bekannt aus Mr. Robot, nimmt die Rolle des tragischen Helden ein, der in seinem Leben aufgrund seiner Sexualität jede Menge Komplikationen durchlebt. Da ist zum einen die schöne und symphatische Mary Austin (Lucy Boynton), die er als Liebe seines Lebens bezeichnet, im Laufe des Films stellt er jedoch fest, dass er homosexuell ist. Die daraus resultierende Einsamkeit ist nicht die einzige Konfliktquelle im Leben von Mercury, denn der Queen Frontmann erfährt, dass er an AIDS erkrankt ist.

Während der Erfolg der Band steil bergauf geht, wird ihr Zusammenhalt immer wieder auf die Probe gestellt. In diesen Hindernissen bietet der Film Raum zum mitfiebern und er ist auf Handlungs- und Musikebene unterhaltsam genug, um den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen und das Leben des Protagonisten zu teilen.

Als die finanziell erfolgreichste Musik-Filmbiografie jemals, hat der Film die 1970 gegründete Band auch in jüngeren Generationen bekannt gemacht.. Langjährige Queen-Fans erfahren aber wenig Neues und der Film beleuchtet kaum, weshalb Freddie Mercury zu der Person geworden ist, die er war.

Wie wurde aus Farrokh Bulsara Freddie Mercury? Dieser Teil der Geschichte ist ‘Bohemian Rhapsody’ weniger wichtig als der anschließende Werdegang von Queen.

Rami Malek als Freddie Mercury in Bohemian Rhapsody

Mit den tatsächlichen biografischen Begebenheiten nimmt Bohemian Rhapsody es ebenfalls nicht so genau und einige Geschehnisse der Bandgeschichte müssen sich der Handlung anpassen. Die Gründung von Queen und deren damalige Besetzung zum Beispiel. Wer Informationen über Queen und deren Mitglieder sammeln möchte, sollte sich also besser an anderer Stelle bedienen – sehenswert ist der Film aber trotzdem.

Große Emotionen, wenn auch gelegentlich zu dick aufgetragen

Trotz aller Konflikte kann man Bohemian Rhapsody nicht als einen schwermütigen Film bezeichnen, auch wenn einige Aspekte in Freddie Mercuys Leben dazu verleiten. Mercury trotzt seinen persönlichen Schicksalsschlägen und wird als eine willensstarke Person dargestellt, die nicht aufgibt. Ganz im Gegenteil: Bei seinem (im Film) letzten Auftritt, dem Benefizkonzert Live Aid, triumphiert er mit ganzer Kraft und beweist somit nicht nur der Welt sondern auch sich selbst, dass er das Publikum trotz seines geschwächten gesundheitlichen Zustands immer noch begeistern kann. Ein echter tragischer Held eben.

Die Dialoge im Film sind hier und da von Witz geprägt und dem Zuschauer werden humorvolle Elemente geboten. Man lacht, weint, feiert still mit bei den Konzerten und verlässt den Kinosaal nach einer kleinen Gefühlsexplosion. Die Fülle an Emotionen, die über die Leinwand vermittelt werden, ziehen den Zuschauer in Bann und lassen ihn in den Film eintauchen.

Dennoch ist das Drama nicht frei von Kitsch. Beispielsweise als Mercurys frühere Verlobte Mary Austin ihn nach einer längeren Zeit des Rückzugs aufsucht, um ihn zu überreden, zu Freunden und Familie zurückzukehren und seinen Liebhaber und seine Solokarriere hinter sich zu lassen. Nach einer Auseinandersetzung rennt Mary zurück zu ihrem Taxi, das ihm strömenden Regen steht. Mercury folgt ihr, versucht ihr zuzureden und bleibt auch noch lange nach ihrer Abfahrt im Regen stehen. Auch wenn das schlechte Wetter hier wahrscheinlich absichtlich zur Situationsbetonung gewählt wurde und den psychisch zerrütteten Zustand des Protagonisten unterstreichen soll, ist die Darstellung des dramatischen im Regen Stehens abgedroschen und übertrieben. Für einen kurzen Moment kann man hier aus der Filmillusion herausgerissen werden, da man sich bewusst wird, dass man eben doch gerade einen konstruierten Film schaut.

Insgesamt ist der Film mit seiner Fülle an Emotionen aber überzeugend und erreicht seine Wirkung: der Identifikation des Zuschauers mit den Charakteren und der Handlung den Weg zu ebnen.

Die Verkörperung des Rockstars trägt die Geschichte

Nicht ohne Grund durfte Rami Malek für seine Rolle als Freddie Mercury dieses Jahr den Oscar in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ entgegennehmen. Der Film verdankt einen Großteil seiner Kraft den herausragenden Leistungen des Schauspielers. Wer den echten Freddie Mercury, ob in Videos oder live, bereits auf der Bühne gesehen hat, kann darüber staunen, wie überzeugend es Malek gelingt, in die Rolle des Queen Sängers zu schlüpfen. Bewegungen auf der Bühne, Mimik im Dialog und das generelle Auftreten des Performers werden auf der Leinwand authentisch vermittelt, ohne dabei den Spagat zwischen Mercurys Verletzlichkeit und seiner Extravaganz sowie Exzentrik zu weit zu dehnen und dadurch seine Rolle ins Lächerliche zu ziehen.

Die Ähnlichkeit ist absolut verblüffend. Rami Malek hat seinen Oscar als “Bester Hauptdarsteller” absolut verdient.

Rami Malek und Freddie Mercury im Vergleich in einem Bild für Kritik Bohemian Rhapsody

Seine überzeugende Performance verdankt Malek unter anderem der Vorbereitung mit einem Movement-Coach, der ihm beim Erlernen von Mercurys Bewegungen zur Seite stand. Das Kostüm tut sein Übriges, um die Illusion der Rocklegende zu vollenden: In frei flatternden oder eng anliegenden und anzüglichen Outfits tanzt Mercury über die Bühne, schwebt mit Krone und königlichem Umhang bei einer Party die Treppe seiner Villa herunter oder zeigt sich beim Videodreh zu „I Want to Break Free“ mit seinem Schnurrbart in Frauenkleidern, mit Perücke und geschminkt. Visuell macht der Film in diesem Bezug einiges her und ist alleine durch Mercurys Erscheinung ein echter Hingucker.

Auch die Bandmitglieder Brian May (Gwilym Lee), Roger Taylor (Ben Hardy) und John Deacon (Jospeh Mazzello) wirken glaubhaft, der Schauspieler Gwilym Lee kann sogar fast als Ebenbild des jungen Brian May durchgehen. Letzter spendete dem Film eigene Kleidungsstücke aus der Queen-Zeit, um ihn visuell authentischer zu machen.

Die Musik von Queen ist Herz und Seele des Films

Bei einem Film über eine der erfolgreichsten britischen Rockbands aller Zeiten kann musiktechnisch wenig schief gehen. Bohemian Rhapsody nutzt das zu seinem Vorteil und hat sich aus der Schatztruhe von Queen das Beste herausgesucht, um für musikalische Unterhaltung zu sorgen.

Dazu gehören unter anderem die Hits „Bohemian Rhapsody“, nach dem der Film auch benannt ist, und „We Will Rock You“, die beide erfolgreich mit der Handlung verwoben wurden.

Bohemian Rhapsody, ein Herzensstück der Band, das Freddie Mercury 1975 geschrieben hat, führt im Film zu einem Streit der Band mit Plattenboss Ray Foster (den es in Realität übrigens nie gegeben hat), der das Lied mit 6 Minuten zu lang findet und dessen Misserfolg vorhersagt. Auch wenn der Song von Kritikern zunichte gemacht wird, wie es der Film zeigt, wurde er vom Publikum geliebt und zu einem Nummer-Eins-Hit der Band – dieses Wissen wird im Film aber leider nicht direkt vermittelt.

Wenn man so will, findet sich hier eine Kernaussage des Films: Obwohl Queen aufgrund ihrer teilweise außerwöhnlichen kreativen Entscheidungen kritisiert wurde, haben diese sie zu dem gemacht, was sie waren, nämlich einer der erfolgreichsten britischen Rockbands aller Zeiten.

Die Entstehung von We Will Rock You, einem von Gitarrist Brian May geschriebenen Lied, ist definitiv erwähnenswert aufgrund ihrer visuellen Darstellung im Film. Der Zusammenschnitt aus der klatschenden und Fußstampfenden Band und den nachgestellten Konzertmitschnitten des Songs hat große Kraft und man wäre als Kinozuschauer am liebsten aktiver Teil der Konzertmenge.

Auch der Queen-Song „Love of My Life” nimmt im Film eine zentrale Rolle ein, ein Stück, dass Freddie Mercury für Mary Austin schreibt, kurz nachdem seine Homosexualität im Film zum ersten Mal angedeutet wird. Das Lied ist eng mit dem Ende ihrer Verlobung verwoben, denn mit dem Songtext:

„Love of my life, you‘ve hurt me. You’ve broken my heart and now you leave me. Love of my life, can’t you see? Bring it back, bring it back, don’t take it away from me“

Queen – “Love of my life”

wird die zukünftige Trennung der beiden bereits früh angedeutet und schließlich auch vollbracht. Durch die Platzierung von Queens Auftritt bei Live Aid am Ende des Films, ein Konzert bei dem mehr als 70.000 Zuschauer teilnahmen, verabschiedet sich der Film mit einem Höhepunkt der Musikgeschichte und einem Höhepunkt für den Zuschauer.

Fazit

9/10
Sehr gut
Community-Rating:
Handlung 7.5/10
Schauspiel 10/10
Emotionen 8.5/10
Musik 10/10
Kostüm & Maske 9/10
Details:
Regisseur: Bryan Singer,
FSK: 6 Filmlänge: 135 Min.
Besetzung: Aidan Gillen, Ben Hardy, Gwilym Lee, Lucy Boynton, Rami Malek, Tom Hollander,

Wird dich rocken

Bohemian Rhapsody ist eine sehenswerte und unterhaltsame Hommage an den verstorbenen Queen-Sänger Freddie Mercury, die auf musikalischer und schauspielerischer Ebene glänzt und Einblicke in das Leben des Künstlers sowie den Werdegang der Band gewährt – allerdings ohne dabei sehr in die Tiefe zu gehen. Wer sich emotional und visuell mitreißen lassen möchte, ist hier richtig. Als detailgetreue Biografie der Band und ihres Frontmannes sollte der Film nicht verstanden werden.

Artikel vom 30. April 2019

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