6.4/10

Kritik: Das Rätsel

UM CHRISTIE WILLEN!

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Genres: Krimi, Mystery, Startdatum: 01.06.2023

Interessante Fakten für…

  • Die Geschehnisse sind von der Veröffentlichung des Romans Inferno inspiriert, auch für diesen fanden die unterschiedlichen Übersetzungen zeitgleich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
  • Wie die von ihm dargestellte Figur Alex Goodman ist auch Schauspieler Alex Lawther ein ausgesprochener Freund Frankreichs, der die Sprache fließend spricht und an vielen weiteren französischen Produktionen beteiligt war.

Es muss nicht immer Mord sein! In diesem Thriller sucht eine Gruppe Bunker-Insassen den mysteriösen Urheberrechts-Piraten in ihrer Mitte. Das ist nicht ganz so langweilig-bürokratisch wie es klingt – aber auch weit entfernt von Rätselspaß.

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#Kinogänger #Klassiker #Trashfan

Darum geht’s

Die Dedalus-Romane sind absolute Bestseller. Für die Veröffentlichung des dritten Buches hat sich der Verleger Éric Angstrom (Lambert Wilson) einen Coup überlegt – der Text soll zeitgleich mit der französischsprachigen Originalausgabe in neun Übersetzungen erscheinen. Aus Angst vor Leaks und illegaler Verbreitung des Bestsellers lädt er eine illustre Runde von Übersetzer:innen in seine Villa ein. In einem luxuriösen Bunker unter der Erde sollen sie ungestört ihrer Arbeit nachgehen können. Abgeschirmt von Internet und Öffentlichkeit können sie so den druckfrischen Text häppchenweise übersetzen. Doch die Katastrophe passiert: die ersten hundert Seiten des Romans erscheinen im Internet, gemeinsam mit der Drohung an den Verlag, ein Lösegeld zu zahlen, um zu verhindern, dass auch der Rest seinen Weg ins Netz findet. Außer dem Autoren selbst lag der Text nur Angstrom und den Übersetzungs-Team vor – in den grauen Betonwänden des Bunkers beginnt die Suche nach dem Hacker.

Meine Braut, Das Rätsel und ich

Sie haben es wieder getan, es darf doch echt nicht wahr sein. Ausgerechnet bei diesem Film! Übersetzer:innen deutscher Filmverleiher sind ja bekanntermaßen von einem unergründlichen Zwang getrieben, fremdsprachige Filmtitel ins Deutsche zu übertragen und nehmen sich dabei zumeist Freiheiten, die Fragezeichen zurücklassen. Unzähligen Filmen wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, eine deutsche Titelschöpfung verpasst zu bekommen und nun hat es auch Les Traducteurs erwischt, der französische Thriller, welcher bereits 2019 erschien und es nun in die deutschen Kinos schaffte. „Das Rätsel“ raunt es nun mysteriös auf dem Filmplakat, wo vorher noch im französischen Original „Die Übersetzer“ stand. Ein Bärendienst des deutschen Verleihs, denn dieser Film, dessen Titel nun von Übersetzer:innen verbogen wurde, möchte doch eigentlich genau diesen Berufsstand ins Rampenlicht stellen – und wählt damit ein faszinierendes Setting.

Neun Autor:innen unterschiedlichster Herkunft, eingesperrt in einer unterirdischen, luxuriösen Bunkeranlage. Da darf im Thriller-Fan schon mal angenehmes Kribbeln aufsteigen, schließlich sind derartige Kammerspiele meist solide Unterhaltung, denn früher oder später kommt es zur erwartbar unerwarteten Straftat und Neun Finger zeigen aufeinander und fragen – wer ist’s gewesen? Fast jeder Teenie-Horrorfilm funktionierte nach diesem „Der Mörder muss einer von uns sein!“-Schema und auch die Knives Out-Reihe brachte kurzweilige Zeug:innenvernehmung auf die Leinwand. Doch statt Mord und Totschlag gibt es hier: Urheberrechtsverletzung! Nicht gerade etwas, das für eiskalte Schauer sorgt. Trotz spannendem Setting (Bunker) und unverbrauchten Figuren will einfach kein Crime-Spaß aufkommen.

Von falschen Pferden

Das Ensemble findet zu keinem Zeitpunkt wirklich zueinander. Der großen Gruppe an Hauptfiguren wird zu Beginn sorgfältig Raum gegeben, jede Person ist mit einem kleinen Alleinstellungsmerkmal gekennzeichnet und bleibt für die Länge des Films in Erinnerung. Eine etwas beliebig wirkende Mischung aus europäischen Topstars, Mittelgewichten und Unbekannten spielt nebeneinander her.  Dennoch können die Schauspieler:innen den Film nicht tragen, da sich das Drehbuch entscheidet, die weniger charismatischen Charaktere in den Vordergrund stellt. Olga Kurylenko beispielsweise spielt die verführerisch-tagträumerische russische Übersetzerin einnehmend, versinkt zwischen den Zeilen des Drehbuchs jedoch in der Bedeutungslosigkeit. Auch dem tollen Riccardo Scamarcio fällt es leicht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, leider verdient seine Rolle keine.

Falsche Fährten gehören zum Handwerkszeug derartiger Filmstoffe aber als sich der Film auf die Zielgerade begibt und sich die Identitäten der Täter:innen zu lüften beginnen, wird sich manch einer doch wundern und nachträglich enttäuscht sein, wie wenig nachvollziehbar das Schauspiel der versteckten Straftäter war.

Auseinanderfallende Handlung

Was beispielsweise Knives Out so spaßig machte und sich seit Agatha Christie-Verfilmungen bewährt hat, ist die Platzierung eines Detektivs in der Mitte des Films. Die Handlung wird regelrecht an die Hand genommen, bewegt sich mit der Hauptfigur und ist immer am Stand der Ermittlungen orientiert. In Das Rätsel wird auf einen Ermittler verzichtet, keine Privatdetektivin führt durch die Untersuchungen, die Spurensuche gerät dadurch etwas zäh. Wobei, von Spurensuche kann keine Rede sein, das Skript zeigt sich ungeduldig und entwirrt in Rückblenden und Monologen den Tathergang anstatt Stellvertreter:innen knobeln zu lassen.

Wenn die Ermittlungsarbeiten entfallen, wird das Publikum um zwei Freuden des Krimis gebracht – die Freude des Selbstratens einerseits, andererseits die Bewunderung für die Spürnase, welche den Fall aufdeckt. Das Rätsel lässt keine Ratespiele zu, sondern präsentiert uns einen Fall und einen vor Wut schäumenden Bösewicht, der dann schreit, droht und schießt, bis der Film auseinanderfällt. Die Auflösung ruft wenig Begeisterung hervor. Obwohl die filmischen Mittel voll ausgereizt werden, bleibt wirkliches Sehvergnügen Fehlanzeige.

Fazit

6.4/10
Mäßig
Community-Rating:
Spannung 5/10
Atmosphäre 7/10
Charaktere 7.5/10
Handlung 5.5/10
Schauspiel 7/10
Details:

Spannende, unverbrauchte Figuren treffen in diesem kammerspielartigen Thriller aufeinander, leider zerreibt sie ein zielloses Drehbuch. Die eine Hälfte des Ensembles wird schnell links liegen gelassen, leider stellt sich bald das Gefühl ein, dass es die falsche Hälfte war. Wenig charismatische Charaktere arbeiten sich durch ein durchgeplantes Skript, welches leider keinen Platz für Überraschungen und – Kardinalsfehler im Krimi! – keinen Raum für’s Mitraten lässt.

Artikel vom 7. Juni 2023

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