6.8/10

Kritik: Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht – Staffel 1

Jede Woche eine neue Episodenkritik

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Genres: Abenteuer, Fantasy, Startdatum: 02.09.2022

Interessante Fakten für…

  • Amazon befand sich in einem Bieterwettstreit mit Netflix um die Rechte an den Fortsetzungen der Romane. Am Ende erwarb Amazon die Rechte für 250 Millionen Dollar.
  • Die Serie soll mindestens fünf Staffeln lang laufen.

Nie waren die Ansprüche an eine Serie höher als an Die Ringe der Macht von Amazon. Kann die Serie den Meisterwerken von Peter Jackson und der Vorlage von Tolkien gerecht werden? Wir finden es heraus in unserer Episodenkritik.

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#PotterUltra #SchwerMetaller #Storyteller

Zur Episodenkritik

Bis auf die ersten zwei Folgen der Staffel werden alle Folgen der Serie separat bewertet. Zum Schluss wird sich aus den Bewertungen der Folgen eine Gesamtbewertung ergeben. Begleite uns auf der Reise durch die acht Folgen der epischen Serie freue dich jede Woche auf eine neue Kritik!

Kritik: Folge 1 & 2: Schatten der Vergangenheit & Treibgut

(Original: Episode 1: Shadows of the Past / Episode 2: Adrift)

Darum geht’s: 

Tausende Jahre vor den Ereignissen aus Der Herr der Ringe herrscht Frieden im Zweiten Zeitalter von Mittelerde. Doch Hochelbin Galadriel (Morfydd Clark) fürchtet, dass Sauron in der Dunkelheit abwartet, um im richtigen Moment zuzuschlagen. Währenddessen entdecken die beiden Harfüßer-Mädchen Nori und Poppy einen mysteriösen Mann, der vom Himmel gefallen ist. 

Kritik: 

Seit Jahren haben wir immer wieder Gerüchte über die teuerste Serie aller Zeiten gehört. Wir haben uns Bilder im Kopf ausgemalt, wie Amazons Herr der Ringe-Serie aussehen könnte, was sie erzählen würde und ob sie Tolkiens oder Jacksons Vision von Mittelerde gerecht werden könne. Nun haben wir eine erste Antwort. 

Eine Serie im Doppelpack starten zu lassen, ist immer eine gute Idee. Nur den wenigsten Formaten gelingt es, nach nur einer Folge die Herzen der Zuschauer zu erobern. Zwar ist es eben erst House of the Dragon gelungen, eine Serie, die nun wahrscheinlich immer wieder als Vergleich zugezogen wird, doch die Grundvoraussetzungen für Die Ringe der Macht sind ganz andere: Wir starten mit zwei epischen Folgen mit einer gepaarten Laufzeit von über 140 Minuten. 

Da es sich hier um Episodenkritiken handelt, müsste ich die Folgen eigentlich separat bewerten. Doch gibt es zu viele Punkte, die ich als ersten “Gesamteindruck” loswerden möchte, da sie für beide Folgen gleichermaßen gelten. 

Wie beschreibt man die ersten 140 Minuten in Worte? Sie fühlten sich an, als wäre ich für zwei Stunden in einem halb wachen Traumzustand gewesen, während ich mich an den großartigen – wirklich großartigen – visuellen Effekten sattgesehen und von Sinneseindrücken berieseln lassen habe. 

Doch war meine Aufmerksamkeit nie wirklich in der Serie, sondern viel mehr auf der Serie, oberflächlich, auf der Scheibe meines Fernsehers, ohne wirklich in die Ereignisse versunken zu sein. Ich habe die Show als Gemälde betrachtet, doch mehr wie gefällige Kunst ohne großen Interpretationsspielraum. 

Wo ist die Handlung? Unter tausend Schichten von CGI ist sie noch nicht zu sehen, bloß zu erahnen. Die ersten zwei Folgen gleichen einem Prolog, den wir in Peter Jacksons Filmen zwar lieben gelernt haben, doch in diesem Fall einfach nicht enden will. Tonnen an Exposition werden vor uns abgeladen, umschmeichelt mit Grandeur, der sich ohne echte Konflikte aber noch nicht so grandios anfühlt. 

Das “Style over Substance”-Problem kennen wir bereits aus den Hobbit-Filmen. Doch im direkten Vergleich zu Die Ringe der Macht wirkt Der Hobbit vom Erzähltempo wie ein Bourne-Film. Die Erzählstränge der Serie laufen in Zeitlupe; da es nicht nur einen, sondern gleich drei langsame Stränge gibt, steht die Handlung für die ersten zwei Folgen quasi still. 

Die Geschichte um die Hochelben fokussiert sich auf zwei bekannte Namen, nämlich Elrond und Galadriel, die bisherige Hauptdarstellerin der Serie. Während die beiden durchaus Chemie haben, schafft es Morfydd Clark als Galadriel (noch) nicht, das Charisma sprühen zu lassen. Ihr Charakter wirkt im Kampf überstark und im Dialog monoton und trotzig. Robert Aramayo als Elrond ist hingegen sehr zahm, wenngleich charismatischer im Schauspiel. 

Besonders gelungen ist das Best-Match von Elb und Zwerg mit Elrond und Prinz Durin (Owain Arthur). Was Legolas und Gimli waren, wird mit diesen beiden Rollen fortgesetzt. Besonders Durin und seine Frau Disa (Sophie Nomvete) bringen Energie und Herz in die bis dahin relativ antriebslose Serie. 

War eine schwarze, bartlose Zwergenfrau nun wirklich die negative Aufregung wert? Nein. Da wir ohnehin noch keine Zwergenfrauen in den Mittelerde-Filmen gesehen haben und damit auch kein festgefahrenes Bild von Zwergenfrauen haben können, sollte man an die Diversität offener herangehen. Vor allem, da der diverse Cast so weit davon entfernt ist, zu den tatsächlichen Problemen der Serie zu gehören. 

Tiefpunkt der ersten zwei Folgen ist die sehr leblose Geschichte um Elb Arondir (Ismael Cruz Cordova) und sein “Men-Crush” Bronwyn (Nazanin Boniadi), die ohne Feuer vor sich hin plätschert. Das Interessanteste an diesem Handlungsstrang war bisher tatsächlich eine kranke Kuh, die schwarze Milch absondert. Es fehlt den beiden Charakteren an klar erkennbaren Motivationen, Fallhöhen und Chemie. 

Schließlich wäre da noch die Geschichte der Harfüßer. Wie sich die Vorfahren der Hobbits als Nomaden im Wald verstecken, Lager auf und abbauen und Zeichen der Natur deuten, ist mit so viel Liebe inszeniert, dass man beim ersten Durchlauf überhaupt nicht alle Details auflesen kann. Nori und Betty sind ein charmantes Pendant zu Frodo und Sam und ein Hommage an Der Herr der Ringe und Der Hobbit, dessen Abenteuer ebenfalls mit Halblingen starten, die mit größerer Magie in Kontakt kommen. 

So sind bisher also die kleinen Völker die Highlights der Serie, denn Zwerge und Harfüßer versprühen bisher die meiste Magie, die wir mit Mittelerde verbinden. Auch, wenn ein Großteil der Magie erkauft wurde, nämlich durch maßloses Production Value, steckt einiges an Virtuosität in der Inszenierung.  

Doch frage ich mich an dieser Stelle, warum man den Cast nicht mit wenigstens ein bis zwei namhaften Schauspielern besetzt hat? Ist das Argument, “ausschließlich frische Gesichter” zu benutzen, wirklich ein Argument? Denn abgesehen davon, dass echte Standout-Performances bisher fehlen, ist es einfach ein ungeheurer Spaß, Lieblingsschauspieler in Cosplays zu sehen. Die Ringe der Macht fehlt schlichtweg ein Schauspieler der Sternenliga, ein Martin Freeman, oder ein Sean Bean, oder ein Ian McKellen, oder eine Cate Blanchett. 

Auffällig wird das nicht ganz gereifte Können der Schauspieler bei einigen Dialogen, die Tolkiens Sprache mit beinahe neurotischem Ehrgeiz anbiedern. Aus elegant wird oftmals geschwollen, was sich vor allem während der Dialoge der Elben zeigt. Erfahrene Schauspieler können jedoch auch kitschige Passagen durch eigene Nuancen retten. Das passiert hier leider nicht. Stattdessen schmecken einige Konversationen nach Poesie aus der Konservendose. 

Zum Glück erhöht Folge 2 durch ein bis zwei Actionszenen das Tempo der Serie, endet aber mit einem erstaunlich uninteressanten Cliffhanger. Zwar bleibt das Interesse an der Serie erhalten, doch mehr der visuellen Effekte wegen, weniger der Charaktere oder der Handlung. Folge 3 muss mehr Momentum schaffen. 

Fazit: Folge 1 und 2

Der Auftakt von Die Ringe der Macht erschlägt uns mit den großartigsten Bildern, die Fernsehen jemals produziert hat. Doch funktioniert die Immersion bisher leider nur auf rein visueller Ebene, denn die ersten zwei Folgen werden durch zu viel Exposition für zu viel Handlungsstränge ausgebremst. Die Spannung ist noch nicht vorhanden, die Hook fehlt komplett. Doch ist Die Ringe der Macht dennoch zu gutes Handwerk, um einfach wegzuschauen. Die nächsten Folgen müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass die visuelle Epik durch ebenso episches Storytelling gedeckt wird. 

Bewertung Folge 1: 6.8

Bewertung Folge 2: 7.3

Podcast zur 1 & 2 Episode mit Daniel:

Kritik: Folge 3: Adar

Darum geht’s: 

Galadriel und Halbrand werden von Kapitän Elendil (Lloyd Owen) auf See aufgelesen, der sie in das Menschenreich Numenor führt. Dort sind Elben jedoch wenig willkommen. Währenddessen muss Arondir als Sklave für die Orks schuften, die einem gewissen “Adar” dienen. Nori kümmert sich weiterhin um ihren mysteriösen Mann von den Sternen. 

Kritik: 

Die dritte Folge verzichtet auf den Handlungsstrang um Elrond und Durin und fokussiert sich stattdessen auf das neue Setting Numenor. Für Galadriel und Halbrand ist dies ein neuer Ort, den es zu entdecken gilt, wodurch wir als Zuschauer das erste Mal einen Hauch von Abenteuer spüren, den die ersten zwei Folgen vermissen ließen. 

Lloyd Owen als Elendil funktioniert aufgrund seiner stoischen Art als willkommenes Gegengewicht für die sonst sehr theatralischen Charaktere, allen voran Galadriel, die leider immer noch das Schlusslicht der Haupt-Castes bildet. Ihre bedeutungsschwangeren Phrasen und ihr rollendes R bei jeder Gelegenheit rutschen leider in die Gefilde des Kitsches ab; insbesondere eine vollkommen unnötige Zeitlupen-Aufnahme von Galadriel auf einem Schimmel ist unfreiwillige Komik pur. 

Dennoch ist das neue Setting Numenor eine starke Bereicherung für Worldbuilding und Atmosphäre der Serie. Mehr bekommt man das Gefühl, dass Die Ringe der Macht wirklich auf eigenen Füßen stehen könnte, vor allem, da Konflikte aufgebaut und Character-Arcs angedeutet werden. Halbrands königliche Abstammung wirkt zwar kaum als Überraschung, zeichnet seine Geschichte aber vielversprechender. Uns erwartet womöglich ein klassischer “From Zero to Hero”-Plot, der zwar abgedroschen sein mag, aber die Serie mit noch mehr Energie befeuern könnte.  

Energiereicher fällt auch das neue Szenenmaterial um Arondir aus. Das erste Mal bekommen wir die “neuen” Orks zu sehen und sie sehen lebendiger aus als jemals zuvor. Der Folter Adars widerlicher Anhänger ausgesetzt wächst auch Arondir zu einem interessanten Charakter heran, da er als beinharter Actionheld um einiges mehr zu bieten hat als in einer Liebesgeschichte. 

Auch die Geschichte um die Harfüßer kommt endlich vom Fleck. Sie werden als Volk etwas “de-romantisiert”, indem sie eine düstere Facette verliehen bekommen: Wer nicht mehr gehen kann, der wird zurückgelassen. Das hört sich nach einer harten Norm für dieses warmherzige Volk an, doch scheint sie überlebensnotwendig zu sein. Dass der mysteriöse Mann von den Sternen nun vor der gesamten Mannschaft aufgeflogen ist, macht die Dynamik zwischen ihm und den Harfüßern noch spannender. 

Fazit: Folge 3

Adar ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Weniger Exposition und mehr Momentum machen die Folge unterhaltsamer als die ersten beiden Auftaktfolgen. Numenor ist das bisher interessanteste und optisch beeindruckendste Setting der Serie. Dazu weckt ein frecher Cliffhanger das erste Mal echte Neugier für die nächste Folge. Die Ringe der Macht scheint nach 140 Minuten des Anrollens nun doch seine Startbahn gefunden zu haben. Ready for takeoff! 

Bewertung: 8.5

Podcast zur 3. Episode mit Daniel & Sophie:

Kritik: Folge 4: Die Große Woge (Original: The Great Wave)

Darum geht’s: 

Königin Miriel von Numenor teilt mit Galadriel eine schreckliche Vision, die den Untergang ihres Reiches prophezeit. Adar nutzt Arondir, um eine Botschaft an die Menschen zu überbringen. Durin entdeckt in den Tiefen seiner Minen ein wertvolles Metall, dass die Zukunft der Zwerge bestimmen könnte. 

Kritik: 

Die Große Woge bildet das letzte Kapitel der ersten Staffelhälfte. Wir sind nun für beinahe fünf Stunden im Zweiten Zeitalter von Mittelerde. Doch nach dem Ende dieser Folge habe ich die Realisation, dass wir uns immer noch in der Vorbereitungsphase befinden. 

Ich muss an ein Zitat von Bilbo Beutlin aus Die Gefährten denken: „Ich fühle mich dünn, Gandalf. Wie Butter auf zu viel Brot verstrichen.“ Genauso fühlt sich die Geschichte von Der Ringe der Macht bisher an. 

Mehr als die Folgen zuvor springt Die Große Woge zwischen den Handlungssträngen. Leider wirkt dieses „Hopping“ oftmals sehr frustrierend, da keine Geschichte lange genug Luft bekommt, um einmal kräftig durchzuatmen. Gelegentlich fühlt man sich auch an gewisse Telenovelas erinnert, die eine Szene beenden, kurz bevor der entscheidende Satz fällt oder die kritische Offenbarung gemacht wird, um die Zuschauer künstlich bei der Stange zu halten.

Während die dritte Folge ein strafferes Erzähltempo einschlug und Lust weckte, sich in der Geschichte zu verlieren, ist Die Große Woge wieder ein Schritt zurück. Zwar wird die Geschichte um Numenor dank der großen Prophezeiung stärker ausgemalt, doch dümpeln die Geschichten um Elrond und Durin oder Arrondir und Bronwyn weiter vor sich hin. Diese Folge wäre der Zeitpunkt gewesen, einen Gang hochzuschalten. 

Galadriel ist leider immer noch unsympathisch und frei von Charisma. Zwar spricht sie Halbrand auf ihre kindische Sturheit an und wie diese Sturheit ihr selbst im Weg stehe, Menschen zu beeinflussen, doch bringt uns dieses induzierte Bewusstsein für ihre Charakterschwäche nichts, wenn sie keine Stärken besitzt, für welche wir sie anfeuern könnten. 

Es gibt Charaktere, die zu Beginn unsympathisch erscheinen und über die Geschichte hinweg zu Publikumslieblingen werden. Denken wir zum Beispiel an Jamie Lannister aus Game of Thrones. Doch hat man bei Galadriel das Gefühl, dass wir sie bereits jetzt mögen sollten, es dem Skript und der Schauspielerin aber nicht gelingt, diese Sympathie zu transportieren. 

Überzeugender ist der Neuzugang Adar, gespielt von Joseph Mawle (Benjen Stark aus Game of Thrones). Sein schurkisches Aussehen ist genau das, was diese doch sehr glatte Serie unbedingt braucht. Sein Auftritt ist zwar kurz, doch ist seine beinahe schon liebenswürdige Beziehung zu den Orks eine erfrischende Note für ein Universum, indem Orks sonst nur zum Schlachten benutzt werden.

In den Südlanden bekommen wir eine weiteres Versteckspiel zwischen Theo und Orks in einem Dorf zu sehen. Zwar besitzt der Junge ein scheinbar wichtiges MacGuffin, dass relevant für die Geschichte und gesamt Mittelerde sein wird, doch wirkt vieles in diesem Handlungsstrang wie Zeitverschwendung. Müssen wir wirklich für 20 Minuten sehen, wie sich Theo vor den Orks versteckt? Und in welchem Kontext steht seine Mutter Bronwyn zu der Geschichte der Serie? Die Daseinsberechtigung ihrer Rolle wurde nach vier Folgen noch nicht etabliert. Das Wiedersehen zwischen Arrondir und Bronwyn lässt uns so kalt wie das Wiedersehen mit einem unbekannten DHL-Postboten. 

Immerhin bekommt man das Gefühl, dass die Serie so langsam beginnt, die Fäden zusammenzuführen. So trifft Arrondir auf Theo und es beginnt eine in Zeitlupe marinierte Verfolgungsjagd durch den Wald. 

Die Szene besitzt eine cinematische Wucht, und hätte man sie vorab aus dem Kontext der Serie gesehen, zum Beispiel als Clip auf YouTube, so hätte man vielleicht eine epische Geschichte dahinter vermutet. 

Wir erinnern uns, wie sich Boromir durch ähnliche Zeitlupen-Aufnahmen wälzte, während er die Pfeil der Orks für Frodo und Sam einfing. Das war episches Kino, gepaart mit einem epischen Pay-Off. Nun setzt Die Ringe der Macht dieselbe visuelle Epik für Szenen ein, die diese Größe überhaupt nicht verdient haben. Es ist quasi eine dramaturgische Inflation. Viel Geld, wenig Substanz. Das Resultat ist, dass diese Szenen in den Kitsch abdriften. Leider passiert das Die Ringe der Macht immer öfter als seltener, je weiter die Serie voranschreitet. 

Ein weiteres Problem der Serie, das auch zunehmend schlimmer als besser wird, ist die Wortwörtlichkeit der Dialoge. Der Grundsatz „Show, don’t tell.“ wird hier nicht nur ignoriert, sondern umgedreht. So muss Elrond zum zehnten Mal wiederholen, dass Durin sein Freund ist, bis wir endlich einmal tatsächliche Freundschaft zwischen den beiden sehen, indem sich beide über den Ablauf ihrer ersten Begegnung necken. 

Die Inszenierung der Welt der Zwerge bleibt weiterhin das Highlight der Serie. Eine private Szene zwischen Durin und seinem Vater erinnert an die Qualitäten eines Peter Jackson, doch besitzt dieser Konflikt zwischen Vater und Sohn absolut keine Vorgeschichte. Es ist wie eine Resolution für einen längeren Konflikt, von dem wir jedoch noch nichts gesehen haben, was beinahe schon absurd ist, da die Serie bereits seit vier Stunden damit beschäftigt ist, Vorgeschichten zu erzählen. 

In den letzten Minuten kündigt Die Ringe der Macht jedoch an, endgültig mit der Vorbereitung fertig zu sein: Die Menschen von Numenor eilen den Südländern zur Hilfe. Alles scheint sich nun irgendwo in der Mitte zu treffen. Das ist nun aber auch bitter nötig und es ist die aller letzte Chance für die Serie, endlich aus den Pötten zu kommen und zu begeistern. 

Fazit: Folge 4

Die Große Woge ist leider ein Rückschritt im Vergleich zur letzten Folge, da der Zeitpunkt verpasst wurde, das Erzähltempo in einen höheren Gang zu schalten. Die Spannung entweicht langsam aber sicher, wie aus einer kaputten Luftmatratze, bis erst in den letzten zehn Minuten nachgepumpt wird und ein großer Konflikt sich anzubahnen scheint. Die Schwächen der Serie, wie die inflationäre Epik und die substanzlosen Dialoge, fallen in dieser Folge stärker auf als zuvor. Doch noch sind die Schauwerte geboten und die Hoffnung noch nicht erloschen, denn Adar wirkt wie ein vielversprechender Schurke für alles, was noch kommen mag. 

Bewertung: 6.3

Podcast zur 4. Episode

Kritik: Folge 5: Abschiede (Original: Partings)

Galadriel zeigt den Numenorern wo der Pfeffer wächst.

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Darum geht’s: 

Isildur versucht sich einen Platz auf den Schiffen nach Mittelerde zu sichern und greift dabei zu mehr oder weniger aufrichtigen Methoden. Die Geheimnisse rund um den mysteriösen Fremden verdichten sich, während die Haarfüße ihre weite Wanderung fortsetzen. Die Freundschaft von Durin und Elrond wird auf die Probe gestellt und im Wachturm von Ostirith droht die große Konfrontation mit dem finsteren Adar.

Kritik: 

Nur 8 Episoden spendet uns Amazon für das erste Kapitel der neuen Geschichte rund um Mittelerde. Eine knappe Laufzeit, die uns in wenigen Stunden davon überzeugen muss, dass Amazons-Mammutprojekt einen Platz neben der legendären Jackson-Filmtrilogie verdient. 

Inzwischen haben wir die Halbzeit überschritten und nähern uns dem letzten Akt dieser ersten Staffel – und immer noch verschwendet die Serie ihre Zeit, als würden wir eine 24 Episoden Staffel á la lost gucken. 

In den letzten Wochen sprach ich innerhalb unseres Podcasts oft über das Erzähltempo von Die Ringe der Macht und brach nicht selten eine Lanze für die Serie. Amazon würde eine gigantische Geschichte erzählen, die auf 5 Staffeln ausgelegt ist. Ein Projekt, das eine langsam ausgelegte erste Staffel rechtfertige, da sie nur der Auftakt für etwas viel Größeres sei. Doch bei Aussagen wie “Die Handlung wird noch Fahrt aufnehmen” oder “warten wir bis nächste Woche” fühle auch ich mich inzwischen wie eine kaputte Schallplatte. 

Dabei bleibe ich bei meiner Aussage: Ich brauche keinen großen Konflikte mit Risiko zum Weltuntergang. Ich bin vielleicht sogar glücklich mit einem langsamen Erzähltempo. Doch Abschiede dreht sich die Serie so arg im Kreis, dass jeder Wind aus den Segeln der Serie genommen wird. 

Wind aus den Segeln, ist dabei der Kern des Problems. Am Ende der letzten Episode lockte die Serie mit dem Aufbruch aus Numenor und dem Versprechen, dass Galadriel und Halbrand nun endlich aus dem schwarzen Plot-Loch dieser Insel entfliehen würden. Doch falsch gedacht: Die Segel werden flink wieder eingerollt und statt eines Aufbruchs bekommen wir einen unnötigen und denkbar konstruierten Konflikt rund um Isildur und seine Freunde aufgetischt. Die ca 30 Minuten, in denen ich Isildur dabei zusehen musste, wie er eine vernunftbefreite Aktion an die andere reihte, sind für mich der bisherige Tiefpunkt der Serie. Unsinnige Zufälle, peinliche Dialoge und eine verdrehte moralische Aussage: Isildur wird vielleicht irgendwann mal wichtig, aber bis jetzt geht er mir nur auf die Nerven. Gleichzeitig verschwendet Galadriel ihre Zeit mit minutenlangen Schwertkampf-Trainingsszenen. Diese sind zwar nett inszeniert, aber bringen die Handlung kein Schritt voran. Wann lassen wir Numenor endlich hinter uns?

Eine ähnlich merkwürdige Plot-Konstruktion lässt sich in Elronds Handlungsstrang finden, der sich von Khazad Dum zurück nach Lindon bewegt. Die Serie trifft hier einige gewagte Entscheidungen, die an den absoluten Grundpfeilern der Tolkien-Lore herumbasteln. Persönlich habe ich kein Problem damit, wenn die Macher:innen hinter Die Ringe der Macht eigene Wege gehen wollen und Tolkiens Geschichte auf neue Wege leiten. Die Serie braucht eine eigene Identität, um nicht in Jacksons Schatten unterzugehen.  Doch eine derartig große Veränderung der etablierten Lore, wie in Folge 5, braucht einen guten Grund, den ich aktuell noch nicht erkennen kann. Dennoch bleibt die Freundschaft zwischen Durin und Elrond ein Highlight der Serie. 

Ein anderes Highlight ist das wunderschöne Wanderlied von Poppy, das von einer Montage mit absolutem Mittelerde-Feeling begleitet wird. Das Mysterium rund um den Stranger bleibt für mich immer noch spannend und die wenigen Sekunden in denen wir die Eminem-esquen, finsteren Gestalten aus den Trailern zu Gesicht bekamen waren spannender als der gesamte Numenor-Handlungsblock. 

Auch Adar bleibt eine faszinierende Präsenz, mit den Chancen für einen wirklich spannenden Fiesling. Die Ringe der Macht spielt mit unserer Vorstellung von Orks und dreht diese auf den Kopf, indem sie uns emotionale und nahbare Momente zwischen dem einstigen Schlachtfutter zeigt. Das Böse in Mittelerde hatte nie ein Gesicht: Sauron ist das abstrakte Böse und die Orks seine dunkle Masse an Schergen. Doch mit Adar bekommen beide Seiten eine Menschlichkeit und plötzliche Tiefe. Ist der gefallene Elb und Orkvater im Endeffekt vielleicht sogar der spannendere Bösewicht als Sauron?

Fazit: Folge 5

Abschiede hat tolle Momente, die mich immer noch an Die Ringe der Macht glauben lassen. Adar ist fantastisch, die Haarfüße bleiben interessant und Elrond und Durin wachsen mir Folge für Folge mehr ans Herz. Doch der absolute Stillstand der Handlung ist inzwischen nicht mehr zu verteidigen. Letzte Woche schrieb Keyvan noch über die absolute Notwendigkeit für irgendeine Bewegung in der Handlung, doch Abschiede ist NOCH langsamer als Die große Woge. Hätte man den Numenor-Plot aus der Serie herausgeschnitten, wäre man bei einem fast identischen Endprodukt wie nach Folge 4 gelandet. Die Serie verschwendet Zeit und bietet massig Füller, der jedoch auch nicht gut geschrieben ist. So wird der Numenor Handlungsstrang und viele der damit verbundenen Figuren allmählich unerträglich für mich. Ab wann ist es zu spät, um noch auf eine Beschleunigung der Handlung zu hoffen?

Bewertung: 6.0

Podcast zur 5. Episode

Kritik: Folge 6: Udûn

Adar gehört inzwischen zu den stärksten Figuren der gesamten Serie.

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Darum geht’s: 

In den Südlanden endet die Ruhe vor dem Sturm und ein entscheidender Kampf steht bevor. Adar und seine Orks marschieren Richtung Ostirith und die Menschen rund um Bronwyn und Arondir müssen ihren Mut in der ersten größeren Schlacht der Serie beweisen. Gleichzeitig verlassen Galadriel und Halbrand Numenor, um sich dem Kampf gegen Sauron anzuschließen.

Kritik: 

Die sechste Folge Die Ringe der Macht zeigt uns endlich, wie viel es bringen kann, sich statt etlichen Parallelhandlungen auf nur einen Konflikt zu konzentrieren. Der klare Fokus von Udûn liegt auf dem Kampf um den Wachturm von Ostirith. Adar sammelt seine Orks und marschiert zielgerichtet Richtung Arondir und Co. Eine Handlungsentwicklung, mit der ich zwar bereits letzte Woche gerechnet habe, doch was lange währt, wird endlich gut. Denn das erste Aufeinandertreffen von Menschen und Orks hat es in sich. 

Grund dafür ist, dass neben der Handlung auch die Inszenierung endlich in Fahrt kommt. Statt merkwürdigen Slow Mos und unangenehmen Kampfsequenzen liefert Regisseurin Charlotte Brändström in ihrem Ringe der Macht-Debüt ein Highlight nach dem anderen. One-Take-Faustkämpfe, atemberaubende Spannungsmomente und malerische Bilder der Zerstörung. Allein Arondir bekommt mehrere epische Actionsequenzen spendiert, auf die selbst Legolas einen anerkennenden Blick werfen würde. 

Im Rahmen dieser Action zieht die Serie den Gewaltgrad merklich an. Spritzendes Orkblut, fehlende Augen und ausgebrannte Wunden – Udûn reizt die Grenzen des FSK 12 Siegels bis an dessen Grenzen aus. Die gnadenlose Inszenierung sorgt zwar für mehrere Adrenalin-geladene Schockmomente, doch über die explizite Gewaltdarstellung lässt es sich durchaus diskutieren. Braucht eine ursprünglich familienfreundliche Geschichte derartig inszenierte Momente? Zwar ist Die Ringe der Macht immer noch weit von den Gewalteskapaden eines Game of Thrones entfernt, doch der Unterschied zu den vorherigen Folgen fällt deutlich auf. 

Doch Action beiseite! Denn Udûn kann noch mehr als Adrenalin-Achterbahn. Die neue Folge schafft die perfekte Balance zwischen Schlachsequenzen und ruhigeren Charaktermomenten, die das Innenleben der Figuren genauso vorantreiben, wie der Kampf um Ostirith. Dabei bleibt Schurke Adar wie schon in den vorherigen Folgen der faszinierende Blickfang der Serie. Die Handlung taucht immer tiefer in die ethische Frage hinter der Existenz der Orks ein, wobei sie es sogar schafft, mich kurz auf Adars Seite zu ziehen. Wenn Galadriel einen waschechten Genozid Monolog zum Besten gibt und Adar gleichzeitig von den Namen und Herzen seiner “Ork-Kinder” redet, schafft Udûn spannende moralische Zwischenräume, in denen die Konzepte von Gut und Böse verwischen. 

Auch außerhalb von Adars Szenen, bewegen sich immer mehr Figuren im schwammig-grauen Bereich zwischen hell und dunkel. Galadriel wird mehr und mehr zur traumatisierten Antiheldin und ihre unsympathische Inszenierung wirkt auf mich allmählich wie eine spannende und bewusste Entscheidung der Macher:innen hinter der Serie. Auch ihr mysteriöser Begleiter Halbrand sorgt erneut für einige Fragezeichen, die das Rätsel rund um seine Identität spannend bleiben lassen. Erkennen Galadriel und Halbrand ihre gegenseitige Dunkelheit? Sollte der mysteriöse Schiffbrüchige wirklich König der Südländer werden? Die Konflikte der Figuren haben endlich in Udûn endlich Substanz und drehen sich nicht in unnötigen Füller-Kreisen, wie es noch letzte Woche der Fall war. 

Und in den allerletzten Schlussminuten setzt die Folge dann nochmal einen drauf und liefert eine spektakuläre Wendung, die zu dem bisher besten Ende der 6 Episoden hinführt. Wenn die Serie diesen Standard für die nächsten zwei Folgen halten kann, dann sind die Schwächen der letzten Wochen wie vergessen.

Fazit: Folge 5

Kennt ihr das: Ihr seid vollkommen von einer Serie begeistert und könnt an nichts anderes mehr denken? Logischerweise wollt ihr euer neues Herzensprojekt an eure Freund:innen weiterempfehlen, aber ihr wisst, dass es etwas Zeit braucht, um in die Serie reinzufinden. Oft fällt in solchen Situationen der Satz “du musst dich nur durch die ersten Folgen kämpfen und dann wird es richtig gut”. Viele Serien haben bestimmte Punkte, an denen plötzlich alles zusammengreift und die Handlung einen Sog entwickelt – Schwellenfolgen, die zeigen, was eine Serie alles bieten kann. Mit Udûn erreicht Die Ringe der Macht endlich eine solche Schwelle, die der Übergang in eine potenziell großartige Zukunft für die Serie sein könnte. Jetzt heißt es hoffen, dass die Serie nicht bereits nächste Woche über diese Schwelle stolpert. 

Bewertung: 8.8

Podcast zur 6. Episode

Kritik: Folge 7: Das Auge (Original: The Eye)

Darum geht’s: 

Die Helden verlieren sich im Trümmerfeld, das der Vulkanausbruch hinterlassen hat. Durin steht zwischen Elrond und seinem Vater, das Schicksal der Elben in seinen Händen. Währenddessen bewundern die Harfüßer die magischen Kräfte des Fremden.

Kritik: 

Die Qualität der Folgen könnte man mit dem Bau einer Achterbahn vergleichen: Auf ein Hoch folgt auch ein Tief. Letzte Woche befanden wir uns auf einem Hoch, doch Das Auge wird vom Antiklimax wieder einmal zu Boden gerissen.

Die von Staub und Asche eingeschneiten Südlande dienen zwar als stimmungsvolles Setting, doch passiert dort absolut nichts erzählenswertes. Die Folge kompensiert das mit Tricks aus der Mottenkiste, wie falsche Tode oder brenzlige Versteckspiele.

Das grundlegende Problem der Serie bleibt jedoch bestehen: Nahezu kein Charakter hat eine nachvollziehbare Motivation, überhaupt hier zu sein. Natürlich werden sie alle angetrieben durch die ehrenhafte Bestrebung, das Richtige zu tun und das Land vor dem Bösen zu retten, doch sind diese Motivationen so austauschbar und so generisch, dass weder Galadriel, noch Theo, noch Isildur, noch Elendil, und schon gar nicht Arrondir oder Bronwyn unsere Aufmerksamkeit packen können.

Das stärkste Beispiel für die Belanglosigkeit, mit der das Skript seine Figuren bestraft, sind die Szenen zwischen Galadriel und Theo. Die Dialoge sind so schablonenhaft und austauschbar, dass man sie eigentlich nicht als Dialog betiteln dürfte, sondern viel mehr als Imitat eines Dialoges, produziert von einer künstlichen Intelligenz, gefüttert mit den Skripten aller epischen Filme der letzten zwanzig Jahre.

Jeder einzelne Satz ist so geschwollen wie Shakespeare, doch dahinter steckt keine Substanz und damit versinkt einfach alles im Kitsch. Es geht um “Licht und Dunkel” oder “den Schrecken des Tötens”. In Der Herr der Ringe und Der Hobbit haben sich die Charaktere die großen Worte nachvollziehbaren Intentionen verdient. Der Serie gelingt das jedoch nicht.

Die Harfüßer treten trotz ihrer nomadischen Lebensweise seit sieben Folgen auf der Stelle. Es ist unfassbar, dass man für so wenig Handlung so viel Zeit totschlagen konnte. Zwar gehört das Mysterium des Fremden immer noch zu den Stärken der Serie und auch sein Pairing mit den Vorfahren der Hobbits ist aus gleich mehreren Gründen herzerwärmend, doch hätte man all das innerhalb der ersten zwei oder drei Folgen erzählen können.

Largo Brandyfuss’ motivierende Rede an Seinesgleichen ist ebenfalls so ermüdend und deplatziert wie die Motivationsrede des Chefs in der Teams-Konferenz direkt nach der Mittagspause. Warum hat man diese Rede nicht Nori gegeben, oder Poppy? Es ist wieder ein Beispiel dafür, dass es in dieser Serie absolut keine Rolle spielt, wer was gerade sagt.

Doch es gibt eine Ausnahme in der gesamten Problematik und sie heißt Durin. Er ist tatsächlich der einzige Charakter mit nachvollziehbarer Motivation und einem echten inneren Konflikt. Seine Bromance mit Elrond unterhält weiterhin und bekommt in dieser Episode einen bittersüßen Beigeschmack, der als einziges, wirklich wirksames dramatisches Element die Serie antreibt.

Fazit:

Im Kontext der vorletzten Episode ist Das Auge eine Enttäuschung. Selbst der Balrog und die Enthüllung des Namens Mordor ändern nichts daran, dass die erste Staffel Die Ringe der Macht ein dramaturgisches Wrack mit kolossaler Außenverarbeitung bleibt. Selbst, wenn das Finale nun noch einmal alle Kanonen abfeuert und echtes Action-Fest liefert, bezweifle ich stark, dass ich mich jetzt noch in die schwach geschriebenen Charaktere hinein fühlen kann.

Bewertung: 5.5

Podcast zur 7. Episode

Kritik: Folge 8: Gebunden (Original: Alloyed)

Darum geht’s: 

Galadriel bringt den schwer verwundeten Halbrand nach Eregion. Dort unterstützt er Celebrimbor bei der Legierung des Mithrils mit anderen Metallen, um eine machtvolle Waffe zu erschaffen. Doch dann sieht Galadriel Halbrands wahres Gesicht. Währenddessen retten die Harfüßer den Fremden aus den Fängen eines mysteriösen Trios, das den verwirrten Zauberer für Sauron hält.

Kritik: 

Leise habe ich auf ein Finale gehofft, das der ersten Staffel eine Absolution erteilt; sie vielleicht auf ein höheres Level hievt, eine großartige Schlacht abfackelt oder mit unerwarteten Twists überrascht, die vergangene Fehlentscheidungen rechtfertigen. Doch leider ist das Staffelfinale eine Landung per Autopilot, die keinen Applaus verdient.

Erneut schafft es die Serie, innerhalb von 80 Minuten unglaublich wenig zu erzählen, sodass man sich retrospektiv fragt, wieso es Figuren wie Durin, Arrondir oder Adar nicht einmal in das Serienfinale geschafft haben. Die Entscheidung, den Strang der Zwerge und der Orks im Finale nicht auf die Spitze zu treiben, ist so antiklimatisch, wie es Die Gefährten ohne Boromirs Tod wäre; dabei hat man dem ersten Teil der Trilogie lange Zeit vorgehalten, kein echtes Finale zu besitzen.

Doch die Talfahrt der staffelübergreifenden Spannung ist nur ein Symptom einer grundlegenden Fehlentscheidung der Drehbuchautoren. Die scheinen nämlich vergessen zu haben, dass es sich bei Die Ringe der Macht um ein Prequel handelt. Wie etwas passiert ist relevanter als was passiert. Das künstliche Aufputschen von Mysterien um die Identitäten gewisser Charaktere wirkt wie eine Blockbremse der gesamten Handlung, denn echte Charakterentwicklung würde deren wahre Identität ja zu schnell verraten.

Dass Halbrand in Wirklichkeit Sauron ist, überrascht mittlerweile wohl die wenigsten. Doch die Zuschauer zu Beginn der Folge anzuflunkern, dass der Fremde vielleicht Sauron sein könnte, ist verzweifelt und gar schon beleidigend gegenüber der Intelligenz der Fans. Dieser schlechte Handbuch-Trick, kurz vor dem entscheidenen Reveal noch einmal Verwirrung zu stiften, ist etwa so effektiv wie ein “Ich hab’ deine Nase”-Witz. Wir wissen genau, wo die Nase ist – wer Sauron ist – und zwar unbewegt dort, wo sie schon immer war – und zwar der, den jeder vermutet hätte.

Saurons Enthüllung gehört zwar zu den stärksten Szenen des Finales, mit seinen (alb-)traumhaften Sequenzen, die bekannte Momente der Staffel noch einmal Revue passieren lassen, doch wird durch diese Enthüllung einer der spannendsten Protagonisten der Serie geopfert. Halbrand war der einzige Charakter, der etwas an die Leads der Herr der Ringe-Trilogie erinnerte, wie beispielsweise Aragorn. Bei all seiner stolzen Diversität tötet die Serie nun also ihren einzigen männlichen Archetypen eines Fantasy-Helden. Vielleicht eine bewusste Provokation, die man aus dramaturgischer Sicht aber kaum rechtfertigen kann.

Ohne Rechtfertigung ist auch der exzessiv lange Abschied zwischen Gandalf dem Struppigen und den Harfüßern. Die Verabschiedung verweilt länger als der auch schon überlange Abschied aus Die Rückkehr des Königs, mit dem Unterschied, dass uns Die Ringe der Macht einmal mehr absolut kalt lässt. Da in Noris Handlungsstrang so gut wie nichts passiert ist, was emotionale Tiefe hätte graben können, da man ja mehr darauf fokussiert war, das Mysterium des Fremden aufrecht zu halten und jede spannende Interaktion mit ihm zu meiden, fühlt sich dieser Abschied regelrecht unverdient an.

Urplötzlich kann sich der Zauberer nun auch eloquent ausdrücken und beginnt den ersten Dialog mit Nori. Hätte man seine Entwicklung vom Verwirrten zum Weisen nicht über acht Folgen langsam ausbauen können? Hätte man nicht sofort den Zuschauern anvertrauen können, dass es sich womöglich um Gandalf handle und stattdessen eine echte Freundschaft inklusive Charakterentwicklung zwischen Nori und ihm erzählen können? Wie spannend wäre das Verhältnis zwischen einem naiven Zauberer und einem Hobbit-Mädchen gewesen, wenn man sich auf echte Kommunikation und weniger Gegrunze und halbherzige Gebärdensprache konzentriert hätte? Nori und Poppi hätten auch eine Vogelscheuche mit sich herumtragen können, ich hätte nicht mehr oder weniger Freundschaft zwischen ihnen gespürt als jetzt.

Das Finale endet mit dem Schmieden der ersten drei Ringe für die Elben. Die Herstellung ist episch in Szene gesetzt und erinnert tatsächlich etwas an die cinematischen Qualitäten der Filme. Doch als die letzte Einstellung ins Schwarz ausgeblendet wird, bin ich wirklich überrascht, dass uns die erste Staffel noch nicht einmal eine wirklich epische Schlacht liefern konnte. Zwar ist Action für mich bei weitem nicht das wichtigste Kriterium einer Serie, doch bei diesem übermenschlichen Budgettopf nur eine einzige, relativ konventionelle Actionszene zu bekommen, ist kaum nachzuvollziehen.

Fazit:

Gebunden ist leider ebenso enttäuschend wie die gesamte Entwicklung der ersten Staffel. Die großartige Optik kann das schwache Drehbuch nicht mehr kaschieren, die Charaktere können die Gunst der Zuschauer nicht mehr für sich gewinnen, die Handlung kann sich zu keinem Höhepunkt mehr aufraffen. Dass Staffel 1 ja nur die Vorbereitung für etwas größeres wäre, schmettere ich als Argument für die Bewertung dieser Staffel vehement ab. Bei dieser Laufzeit und diesem Budget hätten wir mindestens im Finale mehr verdient. Doch die Folge schafft es nicht einmal, jeden Handlungsstrang seiner Charaktere spannend in die nächste Staffel überzuleiten. Gebunden ist für sich gesehen nicht die schlechteste Folge der Staffel, doch als Staffelfinale die wohl größte Enttäuschung der acht Kapitel.

Bewertung: 5.3

Podcast zur 8. Episode

Fazit

6.8/10
Ganz okay
Community-Rating: (6 Votes)
Schatten der Vergangenheit 6.8/10
Treibgut 7.3/10
Adar 8.5/10
Die Große Woge 6.3/10
Abschiede 6/10
Udûn 8.6/10
Das Auge 5.5/10
Gebunden 5.3/10

Die erste Staffel begann mit einem vielversprechenden Auftakt und plättete uns mit den bombastischsten Bildern der TV-Welt. Doch spätestens ab Folge 4 warteten wir von Woche zu Woche auf die Zündung der nächsten Stufe, die jedoch nicht eintrat. Im Gegenteil, entwich der Handlung von Folge zu Folge die Spannung, da die schablonenhaften Dialoge der Charaktere keinen Konflikt, kein Drama und auch keine nachvollziehbaren Intentionen erzählen konnten. Wir verloren das Interesse an den Figuren und warteten vergebens auf epische Auseinandersetzungen; stattdessen mussten wir uns für Enthüllungen gedulden, die wir schon meilenweit kommen sehen haben. Die Ringe der Macht ist eine visuelle Augenweide und gleichzeitig ein inhaltliche Nullnummer. Ich hoffe stark, dass man für Staffel 2 anfängt, echte Geschichten zu erzählen, mit echten Charakteren.

Artikel vom 16. Oktober 2022

9 Kommentare
  1. Cora
    Cora sagte:

    Das hat wenig bis gar nichts mit LOTR zu tun! Schwache Story, hölzerne Dialoge und ab Folge 3 deutlich zu brutal!!
    Es mögen nicht alle Menschen (besonders die mit Intellekt und Empathie) die Brutalität à la Game of Thrones!!! Einfach widerlich!!!

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  2. Bartlaus
    Bartlaus sagte:

    Eine ausgezeichnete und ehrliche Kritik, der ich mich weitgehend anschliesse. Wäre ich kein leidenschaftlicher Anhänger des HdR Universums, würde mein persönliches Urteil sogar deutlich negativer ausfallen. Guten Gewissens kann ich die Serie niemandem weiter empfehlen. Ein Jammer, wenn man bedenkt, welch gigantisches, monumentales Serien-Epos man mit solch einem Budget hätte schaffen können. Zwar werde ich mir die 2. Staffel anschauen, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich nach der Serie. Doch wird mir das zweijährige Warten darauf nicht schwer fallen. Zugegeben, ich hatte bereits im Vorfeld meine Zweifel, als ich hörte, dass die Handlung auf 5 Staffeln aufgeblasen werden soll. Selbst wenn die gesamte Handlung des Silmarillon als Grundlage genommen worden wäre, wäre dies mE immer noch zu wenig Inhalt als Grundlage. Ich brauche auch keine Nonstop Action, aber ohne Handlung wird keine Spannung generiert.
    Die Darsteller der Serie gefallen mir überwiegend gut, können aber aufgrund der schwachen Dialoge und des faden Storytelling selten brillieren. Und auch ein Morgan Freeman, IanMcKellen oder Julia Roberts hätten hier nicht den Karren aus dem Dreck gezogen. In diesem einen Punkt widerspreche ich dem Autor. Auch eine Galadriel macht einen guten Job. Sie braucht Zeit sich zu entfalten, aber ihre teils unsympathische und arrogante Art halte ich für gewollt. Man bedenke, dass die Arroganz der Elben nicht von ungefähr kommt. Als Lieblinge ihres Schöpfers ist ihnen ein unsterbliches Leben an der Seite der Valar vergönnt, während die Menschen in Mittelerde sterben (Nicht zuletzt machen sich Morgoth und später Sauron diese Ungerechtigkeit zunutze, um Neid und Hass in den Herzen der Menschen zu schüren und diese auf ihre Seite zu ziehen.) Natürlich ist die Frage nach den Darstellern auch vom persönlichen Geschmack geprägt. Dennoch können mMn auch die besten Darsteller keine dramaturgischen Fehlentscheidungen ausbügeln. Ansonsten habe ich dem nichts mehr hinzuzufügen. Sollte mich jemand nach meinem Urteil zu der Serie fragen, werde ich Ihre Kritik weiterempfehlen. LG

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  3. Kilian
    Kilian sagte:

    Schade, dass Netflix das nicht gewonnen hat. Denn beschissener als Amazon hätte man das sicher nicht mehr umsetzen können…

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  4. Rasta80
    Rasta80 sagte:

    Wieso sollte der mysteriöse Zauberer Gandalf sein? Find den Gedankengang irgendwie merkwürdig weil Saruman doch eigentlich der “Anführer” der Zauberer ausgewählt worden und wenn es nach gegangen wäre Gandalf nicht mal dabei gewesen ist als sie damals frisch in Mittelerde ankommen sind oder trügen mich meine , zugegebenermaßen etwas vernebelten , Erinnerungen daran? Wenn Saruman also Leader ist warum sollte er Gandalf zuerst senden? Außerdem ist Gandalfs Refugium das er “schützen” soll doch eher bree und das Auenland aber die Vorfahren der Hobbits waren noch nicht sesshaft und haben in anderen Gebieten ihr auskommen gesucht. Meiner Meinung nach ist der istari Saruman der weiße und nicht gabba Gandalf . Und seine Klamotten sind einfach nur keimig und sind deshalb grau. Immerhin ist er auch wie ne Rakete eingeschlagen in Mittelerde und da dürfen die lumpen schon etwas dreckig in Fetzen hängen . Würd sogar glatt meinen alten jungfräulichen ars.. drauf verwetten das es sich bei dem rocketman um Saruman handelt

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