Kritik: Sound of Freedom
DAS TABUTHEMA SCHLECHTHIN!
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Tim Ballard (Jim Caviezel) arbeitet seit Jahren als Spezialagent für die Homeland Security Investigations. Sein Job: Das Aufspüren und Verhaften von Menschen, die Kinderpornografie verbreiten. Diese erschütternde Arbeit strapaziert immer stärker seine Psyche. Doch was ihn am meisten belastet ist die Erkenntnis, dass sie nur Schuldige festnehmen, aber nicht in der Lage sind, die betroffenen Kinder zu retten. Das liegt daran, dass die meisten davon nicht in den USA sind. Nichtsdestotrotz will Tim das ändern.
Nun erhält er endlich eine Spur. Als er einen Täter ausquetscht, kann er einen Jungen namens Miguel (Lucás Ávila) retten. Dessen Vater Roberto (José Zúñiga) fiel auf die ehemalige Schönheitskönigin Giselle (Yessica Borroto Perryman) rein, die vorgab, seine Kinder für ein Fotoshooting als Kindermodels ausgewählt zu haben. Das jedoch war nur ein Vorwand, um seine und andere Kinder als Sexsklaven zu verkaufen. Miguel ist zwar gerettet, doch dessen Schwester Rocío (Cristal Aparicio) wird immer noch irgendwo in Südamerika gefangen gehalten. So macht sich Tim Ballard auf, sie und noch viele weitere Kinder zu retten.
Sound of Freedom ist ein Film, der auf die erschreckenden Ausmaße des globalen Kinderhandels aufmerksam machen will. Also hat, logischerweise Hollywood ein Problem damit.
Aber auch, wenn man von ungeschickten Formulierungen und wilden Anschuldigungen absieht, es war schon erstaunlich, welche Kontroverse sich um diesen Film gebildet hat. Dabei war bereits die Veröffentlichung schwierig. Der Film über die Ereignisse rund um den echten Tim Ballard wurde eigentlich im Jahr 2018 gedreht und sollte von 20th Century Fox veröffentlicht werden. Doch dummerweise war es dieser Zeitraum, indem Disney Fox übernahm und haufenweise Filme cancelte, einschließlich Sound of Freedom. Offenbar fand die große Maus-Firma, dass ein Film über Kinderausbeutung nicht gerade zu ihrem Image passt. Zudem haben sie ganz andere Methoden, um Kinder auszubeuten…
Erst nach zahlreichen Spenden und der Übernahme durch das christlich geprägte Studio Angel Studios wurde Sound of Freedom 2023 veröffentlicht und landete mitten im politisch und kulturell gespaltenen Amerika. Einerseits wurde er schnell zu einem der erfolgreichsten Filme des Jahres, doch gleichzeitig wurde er das Ziel von Kontroversen. Man warf den Produzenten vor, sie würden Verschwörungstheorien verbreiten und QAnon fördern, eine Gruppe Verschwörungstheoretiker, die unter anderem glauben, dass die Elite aus der Politik und Hollywood Kinder entführt. In der wildesten Auslegung wird aus ihrem Blut eine Chemikalie extrahiert. Hinzu kommt noch, dass Jim Caviezel, der Jesus-Darsteller aus Die Passion Christi und selbst ein überzeugter Christ, bereits ähnliche Verschwörungstheorien ausgesprochen hat.
Natürlich kann man die fragwürdigen Äußerungen des Schauspielers kritisieren. Doch wenn man nun anfängt, schlecht über den Film und die Produzenten zu sprechen oder gar anfängt, die Botschaft im Film zu verleugnen, weil ihnen die politischen Ansichten des Schauspielers nicht gefallen, dann muss man sich fragen, wann die Objektivität aufhört und die persönliche Meinung anfängt. Das es zudem ein unabhängiger Film ist, der Hollywood Konkurrenz macht, ist noch ein weiterer Faktor. Und wenn man dem Film, der seit fünf Jahren fertiggestellt ist, vorwirft, Propaganda zu betreiben, fragt man sich schon, wer hier eigentlich die Verschwörungstheoretiker sind.
Da sich viele Kritiker ohnehin stärker auf die Kontroverse konzentriert haben als auf die eigentliche Filmhandlung, möchte ich hier einen Punkt setzen, um mal über den eigentlichen Film zu reden.
Bereits der Anfang der Filmes führt uns mit leisen Schritten in verstörende Abgründe: Eine ärmliche Familie vertraut sich einer Person mit gutem Image an, die ihnen eine Gelegenheit anbietet. Doch spätestens sobald das Fotoshooting beginnt, wird für jeden erschreckend klar, worauf das hinausläuft. Und wenn die Kinder dann naiv versuchen, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, ohne den Kontext zu wissen, hat man als Zuschauer Probleme, direkt auf die Leinwand zu schauen. Glücklicherweise hat der Film die Güte, einen Schnitt zu machen, bevor man es gar nicht mehr erträgt. Tatsächlich zeigt der Film auch im späteren Verlauf erstaunlich wenig von den erschreckendsten Szenen im Film – Man kann sich vorstellen, was passiert und das ist schlimm genug.
Diese Fassungslosigkeit wird am besten von Jim Caviezel als Tim Ballard selbst verkörpert. Während den Einsätzen mit seinem Team hält er sich gegenüber seinen Kollegen stoisch und gefasst, fast schon kalt. Doch wenn er alleine seinen Ermittlungen nachgeht und unaussprechliche Gräueltaten im Internet analysiert, wirkt er wie ein Mann, der kurz vor dem kompletten Zusammenbruch steht. Dies macht es auch umso verständlicher, wieso er trotz allen Widrigkeiten alles daran setzt, Kinder zu retten, statt nur ihre Peiniger einzubuchten. Denn auch wenn durch Letzteres die Nachfrage zurückgehen sollte, so zeigt Sound of Freedom dennoch den klaren Unterschied zwischen Zahlen und tatsächlichen Menschenleben.
Anfangs noch hinterlässt der Film den Eindruck, dass es sich hierbei um einen Actionthriller handeln wird, mit Jim Caviezel als stählernen Actionhelden der alten Schule. Doch tatsächlich ist der Film sehr ruhig gehalten und ähnelt schon einem Drama. Auch die Einsätze werden nicht ausschweifend präsentiert. Hier wird mal recherchiert, da wird mal mit Triebtätern verhandelt und anschließend eine Razzia durchgeführt. Der Film bleibt hier auf einer durchgehend realistischen Ebene und fokussiert sich hier eher auf den Aufbau einer langsamen, erdrückenden Atmosphäre. Und auch im späteren Verlauf, wenn die Einsätze größer werden, bleibt der Vorgang durchgehend realistisch. Man schmiedet Pläne, schauspielert und sucht sich ein gewilltes Team mit verschiedenen Hintergründen zusammen. In diesem Punkt setzt der Film gewollt auf Realismus.
Umso überraschender wird es, als der Film gegen Ende dann die ursprüngliche Vorgehensweise über Bord wirft und tatsächlich Züge eines Actionthrillers annimmt. Ohne groß zu spoilern geht es um isoliertes Eindringen in Sperrgebiete, um Schleichmissionen und um einen deutlich stärkeren Kampf auf Leben und Tod. Natürlich kann man für das Finale etwas drastischer werden und den Konflikt deutlich anheben. Doch hier stellt sich die Frage, ob man es nicht etwas zu sehr ausgeschmückt hat, da es zu sehr mit der bisherigen Handlung kontrastiert und es zudem sehr schwer fällt zu glauben, dass es sich so tatsächlich abgespielt hat.
In vielerlei Hinsicht ist Sound of Freedom sehr geradlinig, was seine Thematik betrifft. Tim Ballard möchte so viele Kinder wie möglich retten und genau das thematisiert der Film, ohne irgendwelche Parteien zu ergreifen. Es gibt keine politischen Äußerungen, keine kontroversen Botschaften und auch keine religiösen Verweise, obwohl der Film ja eigentlich von einem christlich geprägten Studio übernommen wurde. Abgesehen von einzelnen Aussagen wie dieser:
„Gottes Kinder stehen nicht zum Verkauf!“
Tim Ballard (Jim Caviezel)
Was man dem Film nämlich vorwerfen kann, sind Dialoge, die ins Kitschige abdriften. Während der Film schon früh ins Dramatische und Emotionale eintaucht, passen die Dialoge noch zum Ton. Doch wenn Ballard zum x-ten mal eine emotionale Rede über die Rettung von Kindern ausspricht, ist man schon bereit, ihn ans Ende der Welt zu schicken, nur damit er endlich aufhört zu reden. Auch so wirkt Ballard vor allem mit zunehmender Handlung immer mehr wie einer dieser stählenden, idealistischen Filmhelden aus vergangenen Jahrzehnten. Da wäre es schon besser gewesen, wenn man ein paar menschlichere Züge der Person Ballard gezeigt hätte, zum Beispiel wie er mit sich kämpft, seine Familie für so lange Zeit verlassen zu müssen und wie die zunehmenden Risiken der Unternehmungen an ihm psychisch nagen. So wirken einige Elemente immer noch gekünstelt.
Doch der fragwürdigste Moment ereignet sich nach Credits. Da wendet sich nämlich Jim Caviezel selbst an das Publikum mit einer “wichtigen Botschaft”. Hierbei kommentiert er, wie wichtig dieser Film ist und wie entscheidend es ist, dass möglichst viele Menschen den Film sehen, damit die Botschaft verbreitet wird. Diese Mitteilung ist so fehl am Platz, dass einem sofort in den Sinn kommt: “Ach ja, genau: Christliches Studio!” Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen. Zum Beispiel ein Verweis auf eine Stiftung und gut ist’s.
Sound of Freedom hält genau das, was er verspricht. Der Film thematisiert die Grausamkeiten des Kinderhandels und schreckt nicht davor zurück, auf düstere Momente einzugehen, ohne auf billige Schocker angewiesen zu sein. Auch die Handlung rund um Tim Ballard, der diesen Gräueltaten auf die Schliche kommen will, ist ruhig und realitätsnah gehalten. Hier zeigt sich Jim Caviezel als stoischer Agent, der an seine Grenzen gerät, von seiner starken Seite, auch wenn er im späteren Handlungsverlauf zu sehr in die klassische Heldenrolle eintaucht.
Und auch wenn die Dialoge schonmal ins Kitschige abdriften und manchmal schon predigende Züge annehmen, so werden die Zuschauer durchaus emotional ergriffen. Sei es nun durch die erschreckenden Abgründe, die sich in beängstigender Nähe abspielen oder durch wohlverdiente Erfolgsmomente der Hauptcharaktere – Kalt wird es die Zuschauer nicht lassen.
Und nicht vergessen: Gottes Kinder stehen nicht zum Verkauf!
Artikel vom 16. November 2023
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