Review: Brooklyn
EIN 7000 KILOMETER BREITES LIEBES-DREIECK
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Tatsächlich ist der Film dann doch gar nicht so unamerikanisch. Schließlich ist Brooklyn ein Viertel in New York, und das Hauptsetting des Films. In den 50er Jahren war es der Auffangbecken für irische Immigranten, die in Massen das Land der unbegrenzten Möglichkeiten aufsuchten, auf der Suche nach Selbstbestimmung und Erfolg. Auch die junge Eilis (Saoirse Ronan), ein verunsichertes Mädchen aus dem tiefsten und grünsten Irland, hat die Möglichkeit in die USA auszuwandern und dort eine Ausbildung zu absolvieren. Doch hierfür muss sie sich von ihrer geliebten Schwester Rose (Fiona Glascott) und der gebrechlichen Mutter (Jane Brennan) für sehr lange Zeit verabschieden. Denn eine Überfahrt vor 50 Jahren war – im Gegensatz zu heute – in erster Linie eines: Ein Lebewohl.
In New York angekommen, wird Eilis von einer alten Landlady aufgenommen. Doch sie ist nicht die Einzige, neben ihr wohnen ein halbes Dutzend weitere junge, irische Mädchen unter einem Dach, die alle auf der Suche nach der Liebe ihres Lebens sind. Vielleicht ist es ja Eilis neue Bekanntschaft Anthony (Emory Cohen), ein junger und temperamentvoller Italiener? Aber nicht alles läuft wie geplant, denn in Irland geschieht eine familiäre Tragödie, die Rose zur Rückkehr zwingt. Und das, obwohl sie sich gerade erst richtig eingelebt hat. Hinzu kommt, dass in der Heimat ein weiterer Anwerber (Domhnall Gleeson) den Weg mit Rose kreuzt…
Regisseur John Crowley hat mit Brooklyn einen Liebesfilm geschaffen, der fast gänzlich ohne Kuss- und Bettszenen auskommt. Mit Geschmack und Niveau, erzählt die Handlung eine romantische Dreiecksbeziehung, die mit feinen Dialogen und sauber gecasteten Schauspielern inszeniert ist.
Gepaart mit dem typischen „BBC-Pathos“, der in mit seinem zuckersüßen Nachgeschmack vielleicht dem ein oder anderen etwas Zahnschmerzen bereiten kann, bietet Brooklyn aber genau das, was Genre-Fans von einer Historien-Romanze erwarten.
Brooklyn ist eine Geschichte, die Themen wie Selbstfindung, Erwachsenwerden, Bindung und Heimat ineinander vereint. In erster Linie scheinen sich für Eilis all diese Dinge gegenseitig im Weg zu stehen. Mit nur sehr viel Mühe und sehr vielen Tränen betritt sie ihr neues Leben. Doch ihr Charakter und ihr Selbstbewusstsein wachsen von Minute zu Minute. Eine sehr schöne Entwicklung, die logisch und nachvollziehbar dargestellt wird.
Saoirse Ronan hat sich die Nominierung für „Beste Hauptdarstellerin“ mehr als verdient. Sie entspricht nicht dem typischen Schönheitsideal der pingeligen Film-Industrie, doch strahlt die irische Schauspielern in jedem Moment eine sensible und warmherzige Persönlichkeit aus. Womöglich ist die Konkurrenz (Nominierung von Brie Larson in Raum) für einen Sieg aber dennoch zu groß.
Auch Emory Cohen und Domhnall Gleeson, die nichts ahnenden Konkurrenten des Liebes-Dreiecks, sind echte Sympathieträger. Während Domhnall schon in mehr als einigen großen Hollywood-Produktionen zu sehen war (Harry Potter, Ex Machina, Star Wars Episode VII), ist der eher unbekannte Emory ein Glücksgriff. Durch seine etwas „verpeilte“ und teils naive Art, ist sein Charakter Tony ein ungewöhnliches, aber willkommenes Pendant zu Eilis. Im Deutschen wird sein Schauspiel jedoch mit der Synchronstimme von Harry Potter komplett versaut. Auch sonst gilt: Brooklyn unbedingt im O-Ton anschauen!
Ein weiterer Grund für die englische Version: Unter der Besetzung finden sich für Kenner auch einige echte Größen aus dem britischen Schauspielhaus, wie beispielsweise Jim Broadbent als Priester Flood. Allgemein gibt es selbst in den kleinsten Besetzungen absolut nichts zu bemängeln. Durch die Bank top
Einen Bonus erhält Brooklyn für sein schönes Setdesign und die authentischen Kostüme. Die Atmosphäre der 50er Jahre – eine Zeit des Glanzes und des Aufschwungs – springen sofort auf den Zuschauer über. Untermalt wird das ganze mit mit einem Soundtrack, der in melancholischen Melodiebögen immer wieder emotionale Akzente setzt. In ein paar Momenten wirkt der Score dann jedoch eher wie ein bemühter Tränen-Kitzler. Etwas weniger Pathos wäre in diesem Fall effektiver gewesen.
Ob es sich bei Brooklyn um „Bester Film“-Qualität bezüglich der Oscars handelt, darüber lässt sich streiten. Sicherlich ist Brooklyn ein durchweg stark besetztes und emotionales Drama geworden. Allgemein wirkt die Handlung jedoch wenig innovativ und dadurch eher vorhersehbar. Ein sehr schönes und schlüssiges Ende macht das aber wieder wett – zum Teil zumindest. Für Genre-Fans, oder alle anderen, die sich einen ruhigen Sonntag im Bett mit einer Tasse Tee gönnen wollen, ist Brooklyn eine mehr als solide Wahl.
Artikel vom 25. Februar 2016
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