Review: The Danish Girl
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Die amerikanische Malerin Gerda (Alicia Vikander) führt mit ihrem Mann Einar Wegener – ebenfalls Maler – das Leben eines glücklichen Künstlerpaares in Kopenhagen. Dänemark also. Das “Danish Girl” ist aber nicht Gerda.
Zu Beginn des rund zweistündigen Filmes sagt Gerda ein Modell, das sie malen wollte, kurzfristig ab. Gerda bittet also Einar (Eddie Redmayne), ihren Mann, für die letzten Pinselstriche des Frauenportraits als Modell einzuspringen. Mit seinen hohen Wangenknochen und seiner zierlichen Figur verhilft Einar Gerda zu einem großartigen Gemälde. Dem Bildnis einer Frau – wohlgemerkt. Doch bleibt es nicht bei dieser einmaligen Maskerade. Eine Frau zu „spielen“ hat in Einar etwas ausgelöst. Ein Dominostein ist angestoßen worden. Langsam beginnt dieser zu kippen, erst gerät ein zweiter ins Schwanken, dann ein Dritter. Letztendlich kann sich Einar dem Sog nicht mehr entziehen. Alle Steine fallen. Immer schneller purzeln sie übereinander. Aus der anfänglichen Maskerade – dem Spiel – wird ernst. Die Steine werden nicht mehr aufgestellt. Einar ist jetzt Lili. Das “Danish Girl”.
The Danish Girl ist ein mutiger Film von gesellschaftspolitischer Relevanz. Darum soll es hier aber nicht gehen. Uns geht es in erster Linie um den Film. Und der ist vor allem ein Liebesfilm, was schade ist, hätte er doch so viel mehr sein können. Die Liebe, die zwischen Einar – später Lili – und Gerda besteht, ist voll Nähe und Vertrauen. Doch ist sie auch einseitig.
Gerda ist bereit ihrem geliebten Mann Einar zu helfen, damit dieser sein kann wer er wirklich ist; eine Frau. Doch verliert sie damit auch den Menschen, den sie liebt: ihren Mann. Sich selbst Leid zuzufügen, um der Person, die man liebt helfen zu können, ist tragisch. Den Grundplot haben wir jedoch schon oft auf der Leinwand gesehen. Dennoch bietet dieses Setting eine besondere Dramatik und wirft Fragen und Konflikte großer Tiefe auf.
Doch macht das Drehbuch zu wenig aus diesem nahrhaften Aufhänger. Konflikte, die einen Film spannend machen, wird ausgewichen oder diese werden schnell ausgebügelt. Gerda rührt einen zwar zu Tränen, doch entwickelt sie sich kaum. Sie ist vor allem eine Stütze für Einar. Beiwerk. Kaum eigenständig, kaum auf sich bedacht und absolut selbstlos. Moralische Fragen, die sich ihr stellen müssen und die Last, die sie zu schleppen hat ist immens. Gerda leidet, doch vergessen die Filmemacher, dieses Leiden gebührend zu zeigen. Wir sehen Gerda fast nie die ganze Situation in Frage stellen. Denkt Sie doch mal an sich und macht Einar – Entschuldigung Lili – Vorwürfe, dass es nie um sie ginge, dann ist der Konflikt kurz danach wieder vergessen. Friede, Freude, Eierkuchen. Okay, es handelt sich um ein biographischen Film. Das mag sich also alles so oder so ähnlich abgespielt haben, aber für einen wirklich gutes Script hätte da mehr passieren müssen. Dass Alicia Vikander für diese Rolle eine Oscar-Nominierung als beste Nebendarstellerin erhalten hat, ist auf jeden Fall nur schwer nachzuvollziehen.
In einer Szene zu Beginn des Filmes zeigt sich Einar, gehüllt in Damenkleider, das erste Mal in der Öffentlichkeit als Lili und bittet Gerda, dass sie ihn auf der Party nicht alleine lasse. Gerda darauf: „Niemals.“ Und so kommt es dann auch. Wie langweilig. Warum nicht diesen Gedanken weiterverfolgen? Ich frage mich, was wäre passiert, wenn Gerda irgendwann einfach nicht mehr gekonnt hätte und Einar bzw. Lili verlassen hätte. Meiner Ansicht nach, ein lohnender Handlungsstrang.
Eddie Redmayne. Was soll man da noch groß sagen. Der junge Schauspieler hat sich quasi aus dem Nichts an die Spitze der Schauspielertums katapultiert. Er ist eingeschlagen wie eine Bombe. Als bester Hauptdarsteller erhielt der 34-jährige bei der Oscar-Verleihung des letzten Jahres gar einen Academy Award. Für The Danish Girl heimste er bereist die nächste Nominierung ein. Es wird spannend, wie er sich gegen den gehypten Fanliebling Leonardo DiCaprio halten wird, denn mit seiner Hardcore-Schauspielerleistung in The Revenant hat dieser ordentlich vorgelegt. Oder wird’s am Ende doch Michael Fassbender in der Rolle des Apple-Gotts Steve Jobs?
Doch Redmayne in The Danish Girl braucht sich nicht zu verstecken. Seine Leistung ist beeindruckend. Die Frau kauft man ihm ohne Frage ab. Dabei hält er aber die Waage und schafft es, weder albern, affektiert oder gar tuntig zu wirken. Der Zuschauer baut eine emotionale Bindung zu dem “Danish Girl” auf. Doch die entsetzliche Bürde in einer Welt zu leben, die einen als fremd, als anormal und falsch abstempelt, die einen sogar mit Gefängnis, Zwangstherapie und radioaktiver Strahlung zu bekehren sucht, spielt in The Danish Girl keine nennenswerte Rolle. Die psychologischen Abgründe verschwinden unter einer dicken Schicht Makeup. Genauso wie die männlichen Züge Einars.
Das ist jedoch zu wenig Raum, damit sich Redmayne gebührend entfalten könnte. Zwar schlägt er einen in den Bann und nimmt den Atem, dennoch bin Ich der festen Überzeugung, dass Redmayne sogar noch mehr aus Lili hätte herausholen können. Leider besteht das Skript vor allem aus einer Aneinanderreihung sich ähnelnder Szenen. Keine Chance also.
Vorbehaltlos überzeugt jedoch die visuelle Umsetzung des Films (Oscar-Nominierungen für Szenenbild und Kostüm). Die detailliert und stilsicher eingerichteten Altbauten, die glitzernden Kostüme und die perfekt gelegten Perücken sind durch eine geniale Kameraarbeit in Szene gesetzt. Jede Einstellung wirkt wie ein aufwendiges in jahrelanger Arbeit erstelltes Gemälde. Bemerkenswert ist, wie selbstlos die Kamera dabei durch die Erzählung führt. Keine Effekthascherei, keine Special Effects, kein Rumgefuchtel des Kameramanns. Hier geht es um die Charaktere, deren Beziehungen und deren Emotionen. Pures Schauspielerkino.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass The Danish Girl nur wenige echte Höhen und Tiefen hat. Die Handlung ist in etwa so flach wie Dänemark. Die Charaktere ändern ihre Standpunkte kaum – das Geschlecht schon. Dennoch überzeugt The Danish Girl, was vorrangig der einzigartigen Performance Eddie Redmaynes zu verdanken ist und durch ein malerischen Look des Filmes unterstützt wird.
Im Vorfeld der Nominierung scherzte Redmayne und fragte, in welcher Kategorie er denn nominiert sei? Als bester weiblicher oder bester männlicher Darsteller? Nominiert ist er als bester männlicher. Mal sehen, ob die konservative Oscar-Jury dafür reif genug ist. Redmayne ist es sicher.
Artikel vom 2. Februar 2016
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