Kritik: Warcraft: The Beginning
WENN COMPUTERSPIEL & FILM AUFEINANDER TREFFEN, GIBT ES NUR EINEN GEWINNER
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Orks, Menschen, Königreich, Krieg, Magie, Fantasy. Für den ein oder anderen ist diese Inhaltsangabe lang genug. „Der übliche Herr der Ringe-Kram eben, nur schlechter.“ Um unwissende Fantasy-Banausen mit Weisheit zu erleuchten, das ist die grobe Handlung:
Das fiktive Königreich Azeroth steht vor einer „grünen“ Bedrohung: Orks, einst ein friedliebendes Volk, marschieren durch ein mysteriöses Portal in die Welt der Menschen ein. Doch es sind keine normalen Orks. Viele von ihnen sind grün. Ihre Körper wurden von einer dunklen Magie erfasst, die durch den Dämonen-Ork Gul’dan (Daniel Wu) kontrolliert wird. „Das Fell“ macht seinen Wirt zu einem starken Kämpfer – aber leider auch zu einer Marionette.
Ein Ork namens Durotan (Toby Kebbell), ein ehrenwerter Anführer des Frostwolf-Clans, erkennt die Gefahr hinter Gul’dans Absichten. Er wagt das Unsägliche: Er will mit seinem Erzfeind, den Menschen, verhandeln um mit ihnen gegen seine eigene Rasse zu kämpfen. Denn Gul’dans dunkle Spielchen sind für die gesamte Welt eine Lebensbedrohung.
Sir Anduin Lothar (Travis Fimmel), ein achtbarer Ritter des Königreichs und ein Mensch, wird mitten in die Verhandlungen geworfen. Dabei lernt er die „schöne“ Halb-Ork-Frau Garona (Paula Patton) kennen, die zwischen ihren beiden Wurzeln steht und ebenfalls als Schlichterin des Konflikts fungiert.
Anduin Lothar (Travis Fimmel) und Garona (Paula Patton) reiten zu Verhandlungen. Garona ist außerdem nicht zu verwechseln mit der ebenfalls grünen Gamorrah aus Guardians of the Galaxy[/caption]
Ein Magier namens Medivh (Ben Foster), der ehrenwerte Wächter des Landes, soll einem mysteriösen Portal auf die Spur gehen. Doch scheint er in dieser Angelegenheit weniger ambitioniert zu sein als sein Schüler Khadgar (Ben Schnetzer), der eifrig auf der Suche nach Antworten die dunkelsten Winkel der Magie erkundet.
Bereits die Trailer riefen Reaktionen irgendwo zwischen „Oh mein Gott diese Optik!!!!11!!ELF!“ und „Was ist das für ein käsiger CGI-Mist. Wer braucht einen Warcraft Film.“ hervor. Wie es nun mal so ist, liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Die Fantasywelt Azeroth sieht durch und durch bunt und stilsicher aus. Die Ork-Schränke mit ihren Bodybuilder-Muskelzuckungen sind mehr oder weniger respekteinflößend. Die CGI-Landschaften und das Motion Capturing funktionieren sogar besser, als ich es nach den Trailern befürchtet hatte. Alles schön und gut.
Trotzdem. Irgendetwas stimmt nicht. Der Film läuft bereits seit einer halben Stunde und ich bekomme einfach das Gefühl nicht los, als schaue ich mir einen überdimensionalen ProSieben-Werbespot zu Clash of Clans an. Anstatt wirklich in die Welt abzutauchen, schaue ich mir oberflächlich die einzelnen Bilder an und versuche sie, irgendwo in die Handlung einzuordnen. Das fühlt sich so an, als würde ich den Cinematic-Trailer eines Videospiels anschauen.
Während vor allem die Orks leckeres Eye Candy sind, funktioniert das visuelle Gesamtbild nicht so gut, wie beabsichtigt. Alles wirkt glatt, geleckt und gestellt. Das kann eine unterhaltsame Sache sein, wie es zum Beispiel der erste Thor-Film bewiesen hat. Warcraft: The Beginning geht aber leider einen Schritt zu weit. Die Welt wird durch eine CGI-Flut zugeklebt und kann kaum noch atmen. Sie schreit den Zuschauer förmlich an: “Hey, ich bin gar nicht echt. Was du hier siehst ist nur ein Film. Ein Film, der wie ein Computerspiel aussieht.”
Fans werden den Computerspiel-Vergleich wohl vehement mit dem Argument „Es basiert auf einem Computerspiel!“ verteidigen. Ein Film ist allerdings kein Spiel. Für Filme gelten andere Regeln. Es gibt Dinge die funktionieren. Andere eben nicht.
Während die Vorgänger-Filme Moon und Source Code von Regisseur Duncan Jones eher die alternative Kerbe einschlugen, geht Warcraft: The Beginning zurück zu den Wurzeln des Mainstream-/Popcorn-/Effektfeuerwerk-Films. Er ist damit jedoch sichtlich überfordert.
Ich will den Film nicht aufgrund seines Effekt-Spektakels runter machen. Spektakel ist super. Was ich allerdings von einem Kinobesuch erwarte, ist Film-Magie! Avatar: Aufbruch nach Pandora reisst uns in eine fremde CGI-Welt, die uns trotzdem für die Natur begeisterte. Der Hobbit zeigt uns die schönsten CGI-Adapationen der Landschaft Neuseelands und trotzdem würden wir uns dafür sofort 24 Stunden ins Flugzeug setzen.
Wer also Effekt-Kino machen will, der braucht auch eine Traumfabrik. Egal wie ausgelutscht eine Geschichte bereits ist, sie muss mit Hingabe und Fantasie präsentiert werden. Leider fehlt das in Warcraft: The Beginning sehr oft. Die Handlung wird im staubtrockenem Ton erzählt – wobei „erzählt“ nicht das richtige Tun-Wort dafür ist. „Erklärt“ trifft es besser.
Für einen Film mit soviel Magie, kommt sehr wenig von dieser Magie auch tatsächlich beim Zuschauer an. Es reiht sich eine statische Szene an die nächste. Und das ganz ohne jegliche Relevanz für die Handlung. In der ersten Hälfte des Films wirkt das Ganze sogar wie die Pilotfolge einer Fantasy-TV-Serie. Exposition über Exposition. Wo bleibt die Spannung? Wo steckt die Dramatik? Ich will Euphorie spüren! So wie Bilbo, der in ein Abenteuer zieht, oder Thorin, der seine Zwerge für die Schlacht motiviert. Das sind übrigens mit Absicht nur Vergleiche aus Der Hobbit, da ein Der Herr der Ringe-Vergleich sowieso ziemlich lächerlich wäre. Aber genug von Mittelerde.
Für einen so teuren Film – Produktionskosten 160 Millionen Dollar – ist der Cast verhältnismäßig unbekannt. Travis Fimmel kennen einige vermutlich als Ragnar aus der Serie Vikings. Damit kann man erst einmal nicht viel falsch machen. Er spielt den Hauptcharakter Anduin Lothar auch locker aus dem Ärmel – einen bleibenden Eindruck hinterlässt er allerdings auch nicht.
Anders bei Toby Kebbell als Durotan: Trotz wuchtiger Motion Capture weckt er die meisten Emotionen im Film. Sein Mund ist aufgrund der riesigen Fangzähne vielleicht etwas unbeweglich, trotzdem erschafft er durch seine Stimme und seine physische Präsenz einen echten „Charakter“. Am besten ist der Warcraft-Film dann, wenn Durotan seine Muskeln spielen lässt.
Auch Schurke Gul’dan, gespielt von Daniel Wu, wirkt durch sein Auftreten und die Animation seiner Figur ordentlich furchterregend – wenn auch auf unterhaltsame Weise. Sein physisches Design und sein verkommener Charakter bringen den nötigen Dreck in das blitzblanke Warcraft-Universum. Auch Robert Kazinsky und Clancy Brown, die als die brutale Ork-Krieger Orgrim Doomhammer und Blackhand auftreten, sind ein Paradebeispiel für beeindruckende Visual Effects. Sie bekommen zwar wenig Screentime, können in ihren Szenen aber genauso überzeugen wie Gul’dan höchstpersönlich.
Der Rest der Besetzung ist nicht mehr als Durchschnitt. Dominic Cooper als König Wrynn ist wohl der langweiligste Film-Adlige seit Prinz Charming. Magier Medivh sorgt für ein paar merkwürdige Momente, die gelegentlich in unfreiwillige Komik abrutschen. Sein Schüler Khadgar wirkt nicht wie ein Warcraft-Charakter, sondern eher wie ein Warcraft-Zocker. Er ist durch seine halb tollpatschige, halb heroische Art einfach fehl am Platz und mehr ein Cos-Player als ein Schauspieler. Auch Paula Potts als Garona ist so charakterlos wie eine Actionfigur im McDonalds Happy Menu. Ihr Techtelmechtel mit Anduin Lothar wirkt gezwungen und aufgesetzt. Eine „Mittel zum Zweck“-Beziehung.
Jeder, der sich Warcraft: The Beginning anschaut, erwartet am Ende eine große Schlacht. Keine Sorge, die gibt es auch. Tatsächlich fängt der Film im letzten Drittel endlich an Spaß zu machen. Die Ereignisse kommen nun doch – wenn auch träge – ins Rollen. Kriegspläne werden geschmiedet. Diese fallen allerdings recht konventionell und langweilig aus. Das Stiernacken-Kommando rennt Menschen in Spielzeugrüstungen um, während man sich mit Schwertern aus der legendären Waffenschmiede Fisher-Price prügelt. Warcraft ist ein Kriegs-Strategiespiel: Hätte man sich da nicht spannendere Schlachtpläne ausdenken können? Der Hobbit – die Schlacht der fünf Heere hat das wenigstens versucht. Was wir hier sehen ist im Bezug auf Bildgewalt zwar durchaus ansehnlich – Dramatik, Emotionen und intelligente Kniffe fallen jedoch komplett weg. Stattdessen fließt sehr viel Magie in die Schlacht ein. Wenigstens ein paar Blutspritzer mehr hätten gut getan. Trotz der hübschen Effekte wirkt der Krieg in Warcraft: The Beginning also sehr steril. Zum Kopf abschalten und berieseln lassen reicht es aber.
Ziemlich ärgerlich ist jedoch die Auflösung des Konflikts. Die Schlacht wird auf die billigste Art überhaupt zu Ende gebracht. Das Ende – ein bescheidener Cliffhanger – wirkt eher antiklimatisch als spannungsgeladen. Immerhin hat man jetzt die Exposition hinter sich. Der nächste Teil der Warcraft-Reihe – ja, Warcraft hat nicht umsonst in Deutschland den Untertitel „The Beginning“ – könnte also auf dem hölzernen Fundament aufbauen und besser werden. Ich bleibe jedoch skeptisch, denn den Kinosaal ich alles andere als euphorisch verlassen.
Das Fantasy Universum von Blizzard Entertainment ist für viele eine zweite Heimat. Im Film werden Charaktere ins Herz geschlossen und Details aus den Spielen aufgesogen. Jeder, der schon einmal Warcraft, World of Warcraft oder Hearthstone gespielt hat, wird zweifelsohne seine kurzen Aha-Momente haben. Das fängt an bei der für das Game typischen Sound-Kulisse, den Kampfeinheiten und anderen Spielelementen, wie beispielsweise die für eine Rasse typischen Tower, die sich subtil in den Bildhintergrund einschleichen. Auch mit den Kostümen, dem Design der Orks und der ganzen Welt, kommt man besonders dem dritten Teil der Warcraft-Reihe sehr nahe. Also liebe Warcraft-Fans: Lasst mir von meinem Gemecker nicht den Spaß verderben, denn ihr werdet mit dem Film vermutlich euren Spaß haben. Als Film hat mich der Streifen jedoch nicht überzeugt.
Woran liegt das Problem? Viele Computerspiele haben heutzutage eine Handlungskomplexität und Dramaturgie, die Filmen in nichts nachsteht. Trotzdem schafft die Filmbranche es einfach nicht, wenigstens einen wirklich guten Film zu drehen, der auf einem Computerspiel basiert. Obwohl Warcraft: The Beginning zusammen mit Prince of Persia: Der Sand der Zeit aktuell die „Speerspitze“ bildet, sind es immer die selben Probleme: Effektfeuerwerk aber belanglos. Ja, Michael Fassbender, du bist gemeint. Wehe dir, wenn du Assassin’s Creed im Dezember nicht brutal geil werden lässt.
Artikel vom 27. Mai 2016
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