Kritik: BEEF – Staffel 1
WUT ESSEN SEELE AUF
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Danny Cho (Steven Yeun) hat es nicht leicht. Seit Jahren versucht er ein funktionierendes Unternehmen aufzubauen und verliert sich in der Arbeit. Er lebt gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Paul (Young Mazino) in einem Motel, und hat weder Geld noch finanzielle Rücklagen.
Die erfolgreiche Amy Lau (Ali Wong) hingegen genießt ein Leben im Wohlstand, eingeheiratet in eine Künstlerfamilie samt Tochter und vielversprechender Berufsaussichten. Doch auch in ihr tobt eine innere Unzufriedenheit, da sie sich in ihrer Situation alles andere als glücklich und geborgen fühlt.
An einem schicksalshaften Tag geraten die beiden auf einem Parkplatz unschön aneinander und ihre Auseinandersetzung entwickelt sich eine Fehde von nie erwartetem Ausmaß. Doch eigentlich versuchen die Zwei damit nur ihren eigentlichen Baustellen auszuweichen…
Dass es sich bei so einem brisanten Stoff sicherlich nicht ausschließlich um komödiantische Spitzen handeln wird, hat man vermutlich beim Sichten des ersten Bewegbildmaterials und den losen Handlungsschnipseln bereits erwartet.
Wie auch, denn offensichtlich werden in Beef schwer zu thematisierende Aspekte wie kulturelle Unterschiede, psychische Krankheiten und suizidale Gedanken auf eine bitterböse und doch häufig humorvolle Art und Weise an den Zuschauer gebracht.
Seien es die Existenzängste Dannys oder das plagende Gefühl der Unzulänglichkeit Amys, all das steht nahezu in jeder Szene im Kontrast zu dem tendenziell leichten Tonfall der Serie.
Dadurch gelingt es Beef minütlich eine andere Energie auszustrahlen und schreckt auch nicht vor unglaublich konsequenten, wie überraschenden Handlungsentscheidungen zurück.
Gerade die zweite Hälfte wir durch ihren reduzierten und tiefschwarzen Humor immer unberechenbarer und generiert eine fargo-esque Grundstimmung.
Selten sieht man Komödie, Drama und einen Funken Thriller, so organisch und nahtlos ineinander übergreifen.
Auf der schauspielerischen Ebene ist Beef besonders, wie lupenrein besetzt. Durch den nahezu ausschließlich asiatischen Hauptcast erschließt sich den westlichen Zuschauern eine kulturell andere Beziehungs- und Familiendynamik.
Diese werden durch die beiden stark aufspielenden Steven Yeun und Ali Wong wunderbar verkörpert. Während Danny verzweifelt an den traditionellen Gepflogenheiten seiner Familie festhält (Heirate erst, nachdem du einen erfolgreichen, wirtschaftlichen Stand hast, weiße Frauen bringen nur Ärger, etc.), fühlt sich Amy nahezu erdrückt von der Unterstützer- und Mutterrolle, die ihr als Frau eines Künstlers auferlegt wird.
Diese Akzente werden nicht nur durch das vielseitige und energetische Spiel der beiden Protagonisten verkörpert, sondern auch durch die gut geschriebenen Nebenfiguren.
Dannys Bruder, Paul (Young Mazino), hält ihm immer wieder den Spiegel vor, lebt das Gegenteil seines unglücklichen Bruders.
Auch Amys Ehemann, George (Joseph Lee), wird in Kontrast niemals als unsensibler Unmensch geschildert, sondern wie eine eigenständige Figur mit Ängsten, Bedürfnissen und Makeln
Das macht es für den Zuschauer unheimlich schwer, ohne Weiteres eine Partei zu ergreifen, da nicht nur Danny und Amy einen nachvollziehbaren Grund für ihre Ausbrüche und Gefühle haben.
Allein diese Nuance verwandelt Beef von einer bereits guten Serie in eine sehr gute Serie.
Wie bereits lose angeschnitten erzählt Beef nicht nur seine Figuren hervorragend, sondern schafft es ebenfalls seine Handlung äußerst abwechslungsreich und unvorhergesehen zu entwickeln.
Abschließend möchte ich gerne festhalten, wie schwierig es ist, sensible Sachverhalte, die die menschliche Psyche betreffen, respektvoll im Medium Film und Serie, adäquat umzusetzen.
Beef traut sich noch einen weiteren Schritt nach vorne und testet die möglichen Grenzen dessen aus. Indem die Miniserie ihre Hauptfiguren nicht romantisiert und als gefallene Helden darstellt, sondern als Menschen mit einigen Baustellen.
Hier greift nicht das blinde Sympathisieren, sondern der Zuschauer beobachtet und bewertet aktiv die Handlungen der beiden. Auf einer Empathie-Basis fühlen wir zwar nach, aber wollen Danny und Amy von Folge zu Folge durch den Bildschirm anschreien.
Dadurch zeichnet Beef nicht einfach schablonenartige Filmfiguren, sondern lässt zu, dass wir uns mit unseren eigenen Baustellen auseinandersetzen und dabei vielleicht mit einer kleinen Einsicht über uns selbst die Netflix-App schließen.
Beef gelingt die Projektion von Fiktion in die Realwelt mit Bravour und stellt eine äußerst herausfordernde, aber belohnende Seherfahrung dar.
Die neue Miniserie aus dem Hause A24 ist ein voller Erfolg. Sie besitzt hervorragend und lebensnah geschriebene Figuren, eine wendungsreiche Handlung, gespickt mit einem durchgehend überzeugenden Cast. Beef ist tiefschwarz, ergreifend, spannend, amüsant und jetzt schon eine der besten Serien, die es im Netflix Portfolio zu finden gibt.
Artikel vom 11. April 2023
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