Kritik: Der Schwarm – Staffel 1
Eine verpasste Chance
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Der Schwarm galt aufgrund seiner Fülle an Plot lange Zeit als unverfilmbar. Doch here we go: Erzählt wird die Geschichte eines ökologischen Desasters aus mehreren Blickwinklen der Wissenschaft. Plötzlich beginnen im Meer seltsame Ereignisse wie die Übergriffe auf Boote und das Erscheinen von gigantischen, unbekannten Lebensformen. Wissenschaftler und Regierungen auf der ganzen Welt stehen vor einem Rätsel und müssen zusammenarbeiten, um die Bedrohung zu untersuchen und eine Lösung zu finden. Im Laufe der Geschichte werden verschiedene Charaktere eingeführt, die sich auf unterschiedliche Weise mit den Auswirkungen des Schwarmes auseinandersetzen, wie zum Beispiel der Meeresbiologe Dr. Sigur Johannson (Alexander Karim) oder der Zoologe Leon Anawak (Joshua Odjick).
Der Schwarm ist eine internationale Produktion, die im Originalton auf Englisch gedreht wurde. Während die deutschen Akteure ihre Dialoge auf Deutsch sprechen, müssen englischsprachige Zuschauer Untertitel lesen. Diese Idee hat zwar bei der europäischen Serie Das Team gut funktioniert, jedoch scheint die Synchronisation bei “Der Schwarm” ein Problem darzustellen. Viele Zuschauer, die nur auf Deutsch schauen, beschweren sich über die schlechte Synchronisation. Es könnte daran liegen, dass die Schauspieler Leonie Benesch, Klaas Heufer-Umlauf und Oliver Masucci keine geübten Synchronsprecher sind, was zu einem befremdlichen Schauerlebnis führt.
Wenn man erfolgreiche oder beliebte Bücher verfilmt, hat man es mit zwei Gruppen von Zuschauern zu tun: die Leser des Buches und diejenigen, die das Buch nicht kennen. Die erste Gruppe stellt jedoch ein Problem dar, da sie bereits ihre eigenen Vorstellungen von der Vorlage haben und enttäuscht sein können, wenn der Film eigene Wege geht oder künstlerische Freiheiten nutzt. Ein Paradebeispiel dafür, wie man es richtig macht, ist Peter Jackson, der Der Herr der Ringe so auf die Leinwand brachte, dass er dem Mythos völlig neues Leben eingehaucht hat. Jackson hatte größte Hochachtung vor dem Buch und behielt dennoch Sinn, Stil und Faszination bei.
Bei Der Schwarm jedoch bleibt unklar, was sich die Drehbuchautoren bei der Adaption des Buches gedacht haben. Zeit wurde an überflüssigen zwischenmenschlichen Konflikten verschwendet, während wichtige Aspekte aufgrund von Platz- und Zeitmangel nicht verwendet wurden.
Als eine der teuersten Produktionen im deutschen Fernsehen erwartet man von Der Schwarm in erster Linie spektakuläre CGI-Effekte. Leider wurden diese Effekte jedoch spärlich eingesetzt und wirken wie in der Umsetzung ungefähr so groß wie eine Fußnote der Buchvorlage. Die kurzen Sequenzen brechen immer dann ab, wenn es spannend werden könnte, und die Zuschauer bleiben mit der Enttäuschung zurück, dass die 40 Millionen Produktionskosten nicht effektiv genutzt wurden.
Ein Beispiel dafür ist die Szene, in der ein fanatischer Wissenschaftler trotz Methaneruptionen sein Tauchboot in die Tiefe steuert und vom abbrechenden Kontinentalhang erschlagen wird. Es ist traurig, wenn Szenen in der Buchvorlage filmischer wirken als in der Verfilmung selbst.
Erstaunlich und ärgerlich ist vor allem das extrem schwache Skript, das in jeder Disziplin versagt. Die Dialoge darf man beinahe nicht als Dialog bezeichnen; viel mehr handelt es sich um leere Worthülsen, die hin- und hergeschossen werden, ohne Timing, ohne Subtext, ohne Fingerspitzengefühl. Wie schafft man es beispielsweise, ein Gespräch zwischen einer Astrophysikerin und einem Meeresforscher über die Mysterien ihres Forschungsraumes derartig langweilig zu gestalten?
Während sich die Buchvorlage stilistisch eher an dem typischen Hollywood-Katastrophenfilm orientierte, setzt die Verfilmung komplett auf die Eiseskälte skandinavischer Kriminalthriller. Das mag an sich eine passende Entscheidung sein, doch neutralisieren sich Vorlage und Stil gegenseitig. Der Schwarm möchte zwischenmenschliche Konflikte und psychische Abgründe darstellen, während er die großen Action-Set-Pieces kommentar- und lieblos an das Ende einer jeden Folge setzt.
Der Schwarm ist eine der größten Enttäuschungen der letzten Jahre. Ein amateurhaftes Skript und ein völlig falscher Fokus auf das Vorlagenmaterial machen diese Serienadaption zu einer Nullnummer. Umso peinlicher ist der Umstand, dass sich für Jahrzehnte niemand an die Verfilmung herangetraut hat. Doch das ZDF hat es tatsächlich geschafft, dennoch alle Erwartungen zu unterbieten. Es könnte das erste Mal sein, dass ich auf ein amerikanisches Remake hoffe.
Artikel vom 16. März 2023
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