Kritik: Eden – Staffel 1
Eine Erde ohne Menschen?
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In einer fernen Zukunft ist das menschliche Leben gänzlich verschwunden. Bei der Arbeit erwecken die beiden Wartungsroboter A37 (Kyōko Hikami) und E92 (Kentarō Itō) zufällig das Menschenkind Sara (Marika Kouno) aus einer Stasis. Statt den Vorfall zu melden entscheiden sich die beiden, Sara vor den herrschenden Robotern, die Menschen auslöschen wollen, zu verstecken. Doch wem können sie vertrauen? Und gibt es vielleicht noch andere Menschen in Eden?
Roboter bewirtschaften das Land rund um die Stadt Eden, in der die als gefährlich betrachteten Menschen mittlerweile nur noch ein Mythos sind. Die grundlegende Thematik ist nichts neues. Das Motiv um künstliche Intelligenz und ihre Risiken und Gefahren ist zwar immer noch aktuell, dennoch mittlerweile breitgetreten und spätestens seit Love, Death & Robots in fast allen Formen behandelt worden. Die Serie beleuchtet hier keinen neuen Aspekt, sondern rollt eine altbekannte Story auf und ergänzt diese durch nicht sehr innovative Elemente. Der Plot ist daher nicht sonderlich originell, doch durch die niedlichen Figuren trotzdem interessant.
Der Spannungsbogen bleibt dementsprechend flach, einzig und allein der mysteriöse Countdown und die gelegentlichen Auftritte der Schurken sorgen für Abwechslung. Das ist jedoch keinesfalls schlimm, denn die Serie ist gar nicht auf actiongeladene Kampfszenen oder turbulente Gefechte ausgelegt. Eden legt kein flottes Tempo an den Start, sondern bleibt ruhig und ausgeglichen. Die Szenen in Saras Zufluchtsort sollen viel eher Gemütlichkeit und ein Gefühl von Heimat, Zusammengehörigkeit und Familie vermitteln – ganz ohne Menschen. Der Fokus liegt hier klar auf der emotionalen Seite.
Auf den ersten Blick springen sofort die optischen Kontraste ins Auge, die sich durch die gesamte Serie hindurchziehen. Über den Bildschirm flackern wilde Kombinationen aus orange, grau, rot und blau, die das futuristisch-moderne Setting bekräftigen. Doch nicht nur die originelle Farbgebung ist hier kennzeichnend, sondern auch die Kontraste zwischen den einzelnen Szenerien. Karge, einsame Landschaften gespickt mit vereinzelten Robotern oder grüne Natur gepaart mit hoch-technologisierten Bauwerken machen besonders deutlich, in welcher Art Zukunft wir und befinden.
Ob der CGI-Stil gefällt, liegt jedoch im Auge des Betrachters. Fans klassischer Animes bemängeln hier oft die unnatürliche Bewegungen der Figuren, die puppenartig und nicht fließend wirken können. Das ist hier jedoch nur bei Sara der Fall, denn bei den Robotern fallen stockende Bewegungen wohl kaum ins Gewicht. Gerade bei den Schurken mit ihrem Anführer Zero (Kōichi Yamadera) wird durch die schnellen, unvorhersehbaren Bewegungen die nötige Dramatik vermittelt. CGI-Fans kommen trotzdem auf ihre Kosten, denn vor allem die Landschaften und die Stadt selbst sind liebevoll und detailliert ausgearbeitet.
Während die Roboter mit ihren kontrastierenden Farben und extravaganten Formen neuartig und kreativ aussehen, kommt Saras Charakterdesign merkwürdig bekannt vor: Weiße Hosen mit dunkelbraunen Lederriemen, dazu Stiefel und Cape erinnern von der Aufmachung her stark an die Uniformen aus Attack on Titan. Hier wäre ein originelleres Design wünschenswert gewesen, doch trotzdem bildet Sara mit ihrer praktischen Kleidung einen deutlichen Kontrast zu ihren futuristischen Begleitern.
Mit Sara bekommen wir eine mutige, schlaue und liebenswerte Protagonistin, die sich vor allem durch ihre Neugier und durch ihre Stärke auszeichnet. Bereits zu Beginn gewinnt sie durch ihre wissbegierige und positive Art die Herzen der Zuschauer. Auch die Entwicklung ihres Charakters lässt nichts zu wünschen übrig. Sara wächst von einem süßen Kleinkind zu einem selbstständigen und rebellischen Teenager heran und möchte so manche Gegebenheit nicht länger hinnehmen, was zu Konflikten mit ihren “Eltern” führt.
A37 und E92 haben nämlich auch eine Veränderung durchgemacht, was man von Robotern wohl am allerwenigsten erwartet hätte. Sie symbolisieren ganz stereotypische Eltern, die ihr Kind beschützen und verstehen wollen und manchmal auch liebevolle Strenge walten lassen müssen. Es wird klar, dass Menschen und KI sich in vielerlei Hinsicht wohl gar nicht so unähnlich sind und dass das Wort “Familie” viele Facetten haben kann. Das macht die Geschichte nicht nur zugänglicher, sondern auch wunderbar menschlich.
Da das übergreifende Thema der Serie irgendwie abgegriffen ist, ist es umso erfrischender, dass hier auch andere Perspektiven des Mensch vs. Maschine Konflikts beleuchtet werden. Da die Roboter nun an der Macht sind und Menschen seitdem geächtet werden, finden auch unterschwellige Motive wie Unterdrückung, Flucht, Verfolgung und Diktatur ihren Platz.
Die herrschende Struktur und die Verhältnisse innerhalb der Roboter-Hierarchie kommen uns als Zuschauern bekannt vor. Auch wenn politische Aspekte hier nicht benannt werden, sondern nur subtil behandelt werden, hält die Serie uns trotzdem den Spiegel vor und stellt die Missstände unserer Gesellschaft dar, die sogar in den Robotern Angst, Sorgen und Beklemmung wecken. Durch die sich immer weiter entwickelnden Emotionen der Charaktere wirkt Eden somit erschreckend menschlich.
Herausragend ist hier auch, dass die Motive der Bösewichte durchaus nachzuvollziehen sind. Herrscher Zero hat eine klare Meinung gegen die Menschheit, die geprägt ist von Krieg, Zerstörungswut und Hass. Dadurch ergeben sich moralische Graustufen, die komplexer sind als die simple Einteilung in Helden und Schurken. So wird in Eden eine weitere Dimension geschaffen, die uns als Zuschauer die Frage stellt, ob die Welt ohne Menschen nicht viel besser dran wäre und dazu anhält, das eigene Verhalten zu reflektieren.
Eden ist kein Meisterwerk. Der Plot ist abgegriffen, kaum innovativ und auch nicht wirklich spannend. Trotzdem überzeugt der Anime auf einer anderen Ebene. Durch die Situation der starken Protagonistin und ihrer liebenswerten Familie werden viele Emotionen abgedeckt und unterschiedlich beleuchtet. Wir können uns identifizieren und werden von Saras Geschichte mitgerissen, können mit ihr bangen und hoffen. Durch den niedlichen, harmlosen Stil ist Eden tendenziell für ein jüngeres Publikum gut geeignet. Auch die Botschaft der Serie mit unerwartet ernsten Aspekten trifft voll ins Schwarze, denn nicht selten hinterfragen wir unsere eigene Spezies und unser Verhalten dem Planeten gegenüber. Da sich der Anime nur auf wenige Folgen beschränkt, ist die Story für die alltägliche Unterhaltung durchaus interessant für Animations-Fans und Freunde von emotionalen Familiengeschichten. Für vier Folgen lohnt sich Reinschauen also definitiv!
Artikel vom 6. Juni 2021
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