Kritik: Succession – Staffel 2
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Dieser Artikel enthält Spoiler für mehrere Elemente der ersten Staffel. Succession-Neueinsteiger*innen sollten sich zuerst die fantastische Vorgängerstaffel anschauen, und den Artikel im Anschluss lesen.
Unsere Kritik zu Succession Staffel 1 findest du hier.
Für einen kleinen Moment war die Führung des Familienunternehmens für Kendall (Jeremy Strong) nur einen Handgriff entfernt. Hinter den Kulissen verbündete sich der ehemalige “Number one Boy” mit dem Erzfeind seines Vaters Sandy und schmiedete einen Plan, um Logan (Brian Cox) ein für alle Mal zu Fall zu bringen.
Doch selbst die vielversprechendste Revolution kann durch nur einen Fehltritt in Flammen aufgehen. Im erschütterndem Finale der Vorgängerstaffel baute Kendall einen Unfall mit Todesopfer, der nur von seinem Vater vertuscht werden konnte – die Gelegenheit für Logan, um seinen revoltierenden Sohn wieder fest unter die eigene Kontrolle zu bringen.
Der angestiftete Putsch bleibt allerdings nicht folgenlos. Während Kendall die letzten Scherben seiner Revolution einsammelt, denkt Sandy nicht an einen Rückzug und beharrt auf der geplanten Übernahme. Doch damit nicht genug: während Logan versucht, die Übernahme abzuwehren, keimen bereits neue Pläne, um ihn von seiner Führungsposition zu erleichtern.
Für die Produktion einer zweiten Staffel waren die Strippenzieher:innen hinter Succession mit einer gewaltigen Erwartungshaltung konfrontiert. Bereits die ersten zehn Episoden lieferten komplexe Figuren, clevere Situationskomik und eine hoch spannende Geschichte samt nervenzerfetzendem Finale. Dabei setzten besonders die letzten Folgen von Staffel 1 die Messlatte für eine Fortsetzung extrem hoch und hinterließen eine Frage: Wie will man das noch toppen?
Die Antwort der Serie auf diese Frage ist deutlich: Never change a running system! Schon in der ersten Folge zeigen die Showrunner, dass sie genau erkennen, was die Auftaktstaffel grandios machte und welche Aspekte noch unausgeschöpftes Potenzial haben. Mit Staffel 2 gelingt es der Serie jede einzelne Stärke der Geschichte zu verdoppeln und parallel alle kleinen Schwächen auszubügeln.
Entwarnung an alle Zweifler:innen: Succession Staffel 2 ist ein Meisterwerk!
Die Größte dieser Stärken ist zweifelsohne die dysfunktionale Roy Familie. Der ersten Staffel gelang einwandfrei, die Zuschauer:innen für jedes Familienmitglied und deren Geschichte zu begeistern, doch sie agierten oft unabhängig voneinander. Während Kendall und Logan in vielerlei Hinsicht das Zentrum der Geschichte bildeten, wirkten andere Figuren, als würden sie auf der Ersatzbank auf ihren Einsatz warten.
Staffel 2 gelingt es, eine viel fokussiertere Handlung zu erzählen, die alle Figuren hinter einem gemeinsamen Ziel vereint: Die Konkurrenz darf Waystar Royco nicht aus der Hand der Familie reißen. Dieser übergeordnete Handlungsstrang rückt alle Figuren mehr ins Scheinwerferlicht und ermöglicht der Serie, sich konsequenter auf die eigenen Stärken zu konzentrieren.
Von der klaren Fokussierung profitieren auch die satirischen Facetten der Serie. Wo Staffel 1 besonders auf die Dekadenz der Figuren einging, wagt sich die Nachfolgestaffel an größere Themen, indem sie die Mechanismen des Familienunternehmens bloßstellt.
Ein anschauliches Beispiel dafür findet sich direkt in den ersten Folgen, als Logan plant, das konkurrierende Nachrichten-Unternehmen Pierce aufzukaufen, um die eigene Übernahme zu verhindern. Damit würde er alle großen Nachrichtendienste unter seinem eigenen Dach vereinen, und wäre gleichzeitig zu groß, um aufgekauft zu werden. Ein schlüssiger Plan, der allerdings einen Haken hat: Pierce ist ein unabhängiger und linksorientierter Nachrichtendienst, während Logans hauseigener Nachrichtendienst ATN eher an eine fiktive Satire-Version des amerikanischen Senders Fox-News erinnert.
Allein durch diesen Handlungsstrang konfrontiert die Serie bereits mit Fragen wie “was passiert, wenn ein Unternehmen alle großen Nachrichtendienste kontrolliert” oder “wie weit gehen persönliche Überzeugungen, wenn gigantische Geldsummen im Spiel sind”. Über die zehn Folgen taucht die Handlung in zahlreiche ähnliche Konflikte ein, die oft erschreckend aktuell sind. Succession ist in der zweiten Runde noch bissiger, klüger und erwachsener, ohne dabei jedoch den grandiosen Humor der ersten Staffel zu verlieren.
Ähnlich erwachsen fühlen sich auch die Figuren an, die nach dem Finale der ersten Staffel deutlich ernster und emotionaler daherkommen. Betreffen tut das vor allem den einstigen Revolutionär Kendall, der nur noch ein Schatten seiner Figur aus Staffel 1 ist. Verstört und all seiner Träume beraubt, ist er plötzlich die gebrochenste Figur der gesamten Serie. Wie eine willenlose Maschine folgt er jedem einzelnen Wunsch seines Vaters und erträgt dabei eine Demütigung nach der anderen.
Dadurch hat Kendall zwar weniger Einfluss auf die Handlung, doch seine Figur wird plötzlich viel nahbarer und emotional. Obwohl er mehrfach bewiesen hat, dass er bei weitem kein fehlerfreier Charakter ist, tut es fast weh, seinem Handlungsstrang zu folgen, der ihn Folge für Folge im freien Fall in Richtung Nullpunkt stürzen lässt.
„Du bist kein Killer. Du musst ein Killer sein.“
Logan zu Kendall in Succession
Besonders spannend ist dabei, dass die titelgebende Frage (Wer wird Logans Nachfolger) gemeinsam mit Kendall in den Hintergrund tritt. Succession wächst mit seiner zweiten Staffel weit über die Geschichte eines direkten 1 gegen 1 Kampfes um die Führungsposition hinaus. Die Spitze der Nahrungskette ist zwar immer noch der Hauptantrieb der meisten Figuren, doch der Konflikt erzählt sich subtil und durch das Agieren der Figuren.
Sehr deutlich wird das durch die Figur von Shiv, die nach der ersten Staffel endlich das Rampenlicht bekommt, das sie verdient. Nach Kendalls Absturz sieht Shiv sich plötzlich in einer Position wieder, in der die Möglichkeit der Führungsposition näher erscheint, als je zuvor. Anstatt durch eine große Revolution erzählt Succession diesen Handlungsstrang allerdings durch clevere Dialoge und Charaktermomente, die Shiv über die Staffel zu einer der spannendsten Figuren der gesamten Serie machen.
Dabei kristallisiert sich langsam der brillante Fokus von Succession heraus: Es geht es nicht darum, wer am Ende an der Spitze sitzt, sondern wie der Kampf um diese Spitze die Figuren und Familie verändert. Innerhalb dieses Konfliktes erzählt Succession Staffel 2 mehrere meisterhafte Charakterentwicklungen, die mit der Frage zurücklassen, ob die Krone es überhaupt wert ist, dass man darum kämpft.
Nach einem bereits fantastischen Auftakt gelingt es der zweiten Staffel Succession den Vorgänger um Längen zu überbieten. Die Serie schnürt die vielen Figuren und Handlungsstränge aus Staffel 1 zu einem faszinierendem Gesamtpaket zusammen, das keine einzige Sekunde in Filler-Handlung verliert. Stattdessen ist die zweite Staffel ein emotional aufgeladenes Charakterdrama voller atemberaubender Höhepunkte und bissiger Gesellschaftskritik. Dabei fasziniert vor allem die Zeichnung der Roy-Familienmitglieder, die einige der spannendsten Figurenentwicklungen der letzten Jahre durchleben. Nicht viele zeitgenössische Serien können Succession noch das Wasser halten.
Artikel vom 22. Februar 2022
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