Kritik: The Expanse – Staffel 3
DIE SCIENCE-FICTION BLAUPAUSE
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Im 23. Jahrhundert hat die Menschheit das Sonnensystem besiedelt. Die drei Parteien Erde, Mars und Gürtel stehen kurz vor einem vernichtenden Krieg. Grund dafür ist eine verdeckte Verschwörung von Kriegstreibern, die ihre neue Wunderwaffe namens „Protomolekül“ testen wollen. Diese Substanz kommt aus einer fernen Galaxie und ihre magischen Fähigkeiten sind unerforscht, sowie gefährlich.
Zwischen den Fronten versucht Botschafterin der Erde Chrisjen Avasarala (Shohreh Aghdashloo), sowie die Crew des Raumschiffes „Rocinante“, den Konflikt zu deeskalieren. Für Kapitän James Holden (Steven Strait) ist das keine leichte Aufgabe, da selbst seine eigene Crew nicht immer die selben Ansichten teilt. So hat seine Freundin und Offizierin Naomi Nagata (Dominique Tipper) den Gürtlern im Geheimen das Protomolekül zukommen lassen, um im Kampf gegen Erde und Mars nicht chancenlos dazustehen. Letztendlich einigen sich die Weltraum-Freikämpfer aber, die kleine Tochter eines Freundes namens Prax (Terry Cheng) zu retten, die als Versuchskaninchen für das Protomolekül auf einen geheimen Stützpunkt entführt wurde. Kurz nicht hingeschaut, erklärt die Erde dem Mars den Krieg…
Die Science-Fiction-Serie basiert auf der gleichnamigen Buchreihe von James S. A. Corey. Wie schon Staffel 2, erzählt die dritte Staffel das Ende eines Romas und den Anfang des Folgeromans. Heißt: Staffel 3 umfasst die letzte Hälfte von Band 2 Calibans War und die erste Hälfte von Band 3 Abbadon’s Gate. Aber warum diese bescheuerte Aufteilung? Ganz einfach, weil Staffel 1 es nicht gebacken bekommen hat, den ersten Band zu Ende zu erzählen. Nur weil Syfy der ersten Staffel fünf weitere Episoden verwehrt hat, steckt The Expanse nun für immer in diesem Teufelskreis fest.
Die Nebenwirkung dieser Struktur ist, dass der dramaturgische Höhepunkt immer zur Staffelhalbzeit stattfindet. Oh man,The Expanse kam schon wieder zu früh und es ist schon wieder peinlich. So als wäre nichts passiert, übertüncht die Serie das vorzeitige Finale mit einem harten Cut und einem krassen Zeitsprung: Die zweite Staffelhälfte setzt ein mit einer neuen Prämisse, die dann natürlich wieder nicht zu Ende erzählt werden kann. Das nervt. Eigentlich sollte man alle Folgen der Staffeln neu sortieren. Diese Unvollständigkeit macht jeden neurotischen Serien-Fan wahnsinnig. Wer The Expanse hingegen bingewatcht, sollte dieses Problem nicht haben.
Abgesehen vom soeben ausgeführten Expanse-Problem, ist auch Staffel 3 wieder ein energetischer Höllenritt durch die Tiefen des Science-Fiction-Genres. Die dreizehn Folgen sind schlank und durchtrainiert, mit keinem Gramm zu viel auf den Rippen. The Expanse konzentriert sich auf das Wesentliche und verliert sich nicht in langweiligen Nebenplots oder anstrengender Exposition (Altered Carbon!).
Die erste Staffelhälfte, die sich auf den ausbrechenden Krieg zwischen Erde und Mars konzentriert, treibt die Spannung auf klassische und nicht-subtile Weise in die Höhe. Dabei ist The Expanse weder intelligent genug für einen Polit-Thriller, noch intellektuell genug für ein innovatives Science-Fiction-Konzept. In jedem Fall macht die Serie aber einfach genug Spaß. Auch wenn hin und wieder auffällige Statements zur Eskalationspolitik á la Trump und Co. gemacht werden, behält The Expanse eine unschuldig-nerdige Attitüde, die mit Sex und Brutalität wenig anfangen kann.
Die zweite Staffelhälfte erinnert dagegen an einen epischen Mystery-Thriller mit Nolan-Handschrift, der das Momentum ununterbrochen von Szene zu Szene trägt, konstant anschwellend und schweißtreibend. Hier zeigt die Serie mehr Ambition als jemals zuvor. Die letzten sechs Folgen fühlen sich deutlich anders an als die erste Hälfte der Staffel, denn „irdische“ Themen wie Krieg und Politik weichen gänzlich den Mysterien des Weltraums, die es zu erforschen gilt. Wie schon gesagt, The Expanse – Staffel 3 ist nicht gerade ein rundes Gesamtwerk, rollt aber dennoch ohne Pause die dreizehn Folgen ab.
Game of Thrones musste sich seine „epischen“ Szenen erst (wortwörtlich) verdienen. Als das Budget noch nicht gereicht hat, wurde eine Schlacht eben nacherzählt statt nachgestellt. Doch The Expanse verhält sich anders. Die Serie strotzt vor Selbstbewusstsein und weiß ganz genau, dass sie niemandem etwas beweisen muss. In Staffel 3 wird nicht weggeschaut und nicht gezaudert, jedes Action-Setpiece wird mit allen verfügbaren Mitteln umgesetzt – und davon gibt es eine Menge. In jeder Folge knallt es mindestens ein Mal.
Der Ruf von Syfy kann ja, im Gegensatz zu jenem von HBO und Co., auch nicht wirklich beschmutzt werden. Dementsprechend zieht bei einigen CGI-Effekten ein modriger Stargate-Geruch mit, andere Visuals sind hingegen erstaunlich bombastisch und wertig. Während die Protomolekül-Aliens eher aus dem Uncanny Valley statt aus einer fernen Galaxie zu stammen scheinen, sind es vor allem die Raumschiffe und -schlachten, die plastischer aussehen als z.B. in allen Star Wars-Prequels. Die Ambition des Filmteams ist sympathisch und bewundernswert, auch wenn sich das limitierte Budget in einem Hit-or-Miss-Verhältnis von vier zu eins auswirkt.
Im Gegensatz zu Effekten, kosten gute Schauspieler nicht zwangsweise viel. Der Cast von The Expanse besteht im besten Fall aus Ah-that-guy-Charakteren. Chad L. Coleman (Tyreese aus The Walking Dead) hat in Staffel 3 nur einen spärlichen Auftritt, dafür wird seine Abwesenheit von David Strathairn als zwielichtiger Gürtler-Captain Ashford kompensiert. Zwischen ihm Cara Gee als Gürtler-Anführerin Drummer gibt es eine durch Konkurrenz bedingte Hass-Freundschaft, die einige der stärksten Szenen der Staffel hervorbringt.
Nadine Nicole als frustrierte Terroristin Clarissa Mao wird ein ganzer Nebenplot geschenkt, den sie ohne Mühe trägt. Deutlich schwächer ist Elizabeth Mitchell (Lost) als die immer politisch korrekte Geistliche Reverend Volovodov (kein Tastaturausrutscher), deren barmherzige und besorgte Blicke spätestens nach drei Folgen zu gewollt sind.
Die altbekannte Crew der Rocinante wächst weiter zusammen und die Schauspieler finden endgültig in ihre Rollen. Sympathieträger Alex Kamal als Navigator Cas Anvar liefert die besten One-Liner, während Wes Chatham als Amos Burton immer noch herrlich gefühlskalt Schurken über den Haufen ballert. Der „Jon Snow“ von The Expanse namens James Holden ist als Protagonist gut genug, wird aber von einigen Kollegen des Supporting Casts überschattet.
Innerhalb seiner drei Staffeln hat The Expanse eine exponentielle Steigerung abgeliefert. Zwar ist die ungünstige Aufteilung von zwei Romanen als Vorlage einer Staffel immer noch frustrierend, doch dafür preschen die dreizehn Folgen mit Affenzahn vorwärts, ohne auch nur eine einzige Länge aufzuweisen. Im Gegensatz zu den letzten beiden Staffeln ist die Story noch ambitionierter und „fantastischer“. Die unermüdliche Kontinuität und das großartige Worldbuilding machen The Expanse endgültig zu einer der besten Science-Fiction-Serien der letzten Jahre. Das Format ist zwar nicht so herausfordernd wie Westworld und nicht so nerdig wie Star Trek, dafür aber umso ehrlicher und sympathischer.
Artikel vom 22. Juli 2018
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