8.1/10

Kritik: Der Tatortreiniger – Staffel 1-4

WER IST DER LETZTE MANN AM TATORT?

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Genres: Komödie, Startdatum: 23.12.2011

Interessante Fakten für…

  • In der ersten Folge und auch in einigen späteren Episoden klingelt Schottys Telefon. Der Klingelton ist die Titelmelodie von “Tatort”, einer langjährigen Serie desselben Senders.
  • Im Dezember 2011 bot der NDR zu später Stunde eine Vorschau auf die ersten vier Episoden an.

Die “Deutschen” sind ja nicht gerade bekannt für ihre neuen und frischen Ideen im Bereich der Bewegtbildunterhaltung. Wenn man sich die Medienlandschaft anschaut, dominieren hauptsächlich Krimis und Komödien, die nach dem immer gleichen Schema funktionieren. Und das ist nicht als Qualitätsmerkmal oder Lob zu verstehen. Doch seit geraumer Zeit ändert sich etwas an den festgefahrenen Prinzipien. Es wird mehr Mut gezeigt, mehr Risiko eingegangen und dadurch entstehen neue Konzepte. Lichtblicke der letzten Jahre waren vor allem Filme wie Unsere Mütter, unsere Väter, Fack ju Göhte, Stereo und Who Am I. Bei den Serien ist das Feld noch deutlich spärlicher aufgestellt, weswegen Der Tatortreiniger umso mehr hervorsticht. Wenn der locker, leichte Intro-Jingle ertönt, weiß man: Die nächsten 30 Minuten sind gerettet und werden großartig!

#HannibalHuldiger #IndieLiebhaber #GameGeek

Darum geht’s

Heiko „Schotty“ Schotte (Bjarne Mädel) ist von Beruf Tatortreiniger und seine „Arbeit fängt da an, wo sich andere vor Entsetzen übergeben“. Er ist der Letzte am Tatort und trifft auf seinen Putztouren die skurrilsten Hinterbliebenen. Es entstehen interessante Gespräche zu den unterschiedlichsten Themen des alltäglichen Lebens.

Wenn man den Titel „Der Tatortreiniger“ hört, ist wohl die erste Reaktion: „Wie kann man aus dem Stoff bitte eine unterhaltsame und abwechslungsreiche Serie machen, das hört sich doch total langweilig an“. Zumindest war es bei mir so. Doch von diesem ersten Gefühl sollte man sich nicht abschrecken lassen und einfach mal eine Episode anschauen. Dann merkt man nämlich schnell, was das Erfolgsrezept hinter diesem kleinen Juwel ist: Das Konzept! Sonst sieht der Krimi-Zuschauer nur, wie ein Tatort entsteht, aber wer das Chaos wieder beseitigt, war immer ein ungeklärter Fall…bis jetzt.

Ein Kammerspiel der Neuzeit

Die Serie bzw. jede einzelne Folge kann als Kammerspiel bezeichnet werden. Die Handlungen finden an einem einzigen, klar definierten, kleinen Ort statt und es sind wenige Charaktere involviert. Eigentlich sind es immer genau zwei Hauptfiguren – Schotty und sein Counterpart – und der ein oder andere Nebencharakter. Aufgrund dieses intimen Rahmens ist die Serie vor allem auf Interaktion und Kommunikation der Figuren angewiesen, die die Handlung tragen müssen. Wenn der leidenschaftliche Wurstbrot-Esser Heiko zum Beispiel auf eine Hardcore-Veganerin trifft, prallen Welten aufeinander. Es entstehen so immer wieder Konstellationen, die hohes Konflikt- und dadurch auch hohes Unterhaltungspotential bieten.

In der Serie finden sowohl Humor als auch ernste Sachverhalte Platz.

Der Tatortreiniger starrt eine Büste von Hitler an.

Generell gibt es gibt keine große zusammenhängende und alles überspannende Geschichte, sondern jede Episode erzählt ihren eigenen Plot, der für sich steht. Schotty bekommt es unter anderem mit lebendig gewordenen Toten, Nazis und einer alten Jugendliebe zu tun und muss sich mit Themen wie Vereinsamung im Alter und Scheinehe auseinandersetzen. Es sind also im Großen und Ganzen Themen des Alltags, mit denen sich jeder identifizieren kann.

Comedy gepaart mit ernstem Inhalt

Im klassischen Sinn ist Der Tatortreiniger eine Comedy-Serie. Man sollte sich aber nicht erhoffen, hiermit das deutsche Pendant zu Two and a Half Men zu bekommen. Der Tatortreiniger setzt nämlich nicht auf große Schenkelklopfer und eine Menge an Witzen. Er lässt den Zuschauer schmunzeln und regt zum weiteren Nachdenken über die angesprochenen Themen an. Natürlich steht der Humor trotzdem im Vordergrund. Aber es werden eben auch ernste Inhalte angesprochen. Und diese Mischung funktioniert sehr gut und macht den Tatortreiniger zu etwas Besonderem.

Bisher sind 5 Staffeln erschienen. Jede Staffel ist mit 4 bis 6 Folgen à 25 bis 30 Minuten sehr kurzweilig. Das kommt der Serie jedoch vollkommen zugute, denn die Länge ist absolut perfekt. Innerhalb von 30 Minuten kann ein Thema gut, spannend und lustig abgehandelt werden ohne zu langweilen. Auch wenn es schwer ist sich zu entscheiden, meine Lieblingsepisoden sind Wattolümpiade, Schweine, Ganz Normale Jobs und Schottys Kampf.

Besonders hervorgehoben werden muss unbedingt noch der Hauptdarsteller: Bjarne Mädel (Stromberg, Mord mit Aussicht) ist perfekt besetzt und verkörpert den leicht simplen, teils machohaften, aber trotzdem echt korrekten Heiko Schotte zu vollster Zufriedenheit. Auf der technischen Seite gibt es ebenfalls nichts zu meckern. Die Serie ist was Ausstattung, Kamera und Schnitt betrifft hochwertig produziert.

Fazit

8.1/10
Gut
Community-Rating: (2 Votes)
Humor 8.5/10
Schauspieler 8.5/10
Dialoge 8.5/10
Tiefgang 7/10
Visuelle Umsetzung 8/10
Details:
Showrunner: Arne Feldhusen,
FSK: 12 Epiosden: 18
Besetzung: Bjarne Mädel,

Regisseur Arne Feldhusen, Drehbuchautorin Mizzi Meyer und Schauspieler Bjarne Mädel – die alle drei für die Idee verantwortlich sind – haben fantastische Arbeit geleistet. Sie haben der deutschen Serienkultur einen Ruck in die richtige Richtung gegeben und sie auch international ins Licht gerückt – Der Tatortreiniger kommt auch in Übersee sehr gut an. Warum die Serie ihr Erstausstrahlungen allerdings im NDR hat und Wiederholungen nur im Nachtprogramm der ARD laufen, ist nicht ganz schlüssig. Einen Platz im ARD-Abendprogramm hätte sich Der Tatortreiniger auf jeden Fall verdient. Nicht umsonst wurde er beim 14. Deutschen Hörfilmpreis 2016 mit dem Publikumspreis belohnt um nur einen von vielen Preisen zu nennen.

Artikel vom 6. April 2016

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