Darum geht’s:
Tausende Jahre vor den Ereignissen aus Der Herr der Ringe herrscht Frieden im Zweiten Zeitalter von Mittelerde. Doch Hochelbin Galadriel (Morfydd Clark) fürchtet, dass Sauron in der Dunkelheit abwartet, um im richtigen Moment zuzuschlagen. Währenddessen entdecken die beiden Harfüßer-Mädchen Nori und Poppy einen mysteriösen Mann, der vom Himmel gefallen ist.
Kritik:
Seit Jahren haben wir immer wieder Gerüchte über die teuerste Serie aller Zeiten gehört. Wir haben uns Bilder im Kopf ausgemalt, wie Amazons Herr der Ringe-Serie aussehen könnte, was sie erzählen würde und ob sie Tolkiens oder Jacksons Vision von Mittelerde gerecht werden könne. Nun haben wir eine erste Antwort.
Eine Serie im Doppelpack starten zu lassen, ist immer eine gute Idee. Nur den wenigsten Formaten gelingt es, nach nur einer Folge die Herzen der Zuschauer zu erobern. Zwar ist es eben erst House of the Dragon gelungen, eine Serie, die nun wahrscheinlich immer wieder als Vergleich zugezogen wird, doch die Grundvoraussetzungen für Die Ringe der Macht sind ganz andere: Wir starten mit zwei epischen Folgen mit einer gepaarten Laufzeit von über 140 Minuten.
Da es sich hier um Episodenkritiken handelt, müsste ich die Folgen eigentlich separat bewerten. Doch gibt es zu viele Punkte, die ich als ersten “Gesamteindruck” loswerden möchte, da sie für beide Folgen gleichermaßen gelten.
Wie beschreibt man die ersten 140 Minuten in Worte? Sie fühlten sich an, als wäre ich für zwei Stunden in einem halb wachen Traumzustand gewesen, während ich mich an den großartigen – wirklich großartigen – visuellen Effekten sattgesehen und von Sinneseindrücken berieseln lassen habe.
Doch war meine Aufmerksamkeit nie wirklich in der Serie, sondern viel mehr auf der Serie, oberflächlich, auf der Scheibe meines Fernsehers, ohne wirklich in die Ereignisse versunken zu sein. Ich habe die Show als Gemälde betrachtet, doch mehr wie gefällige Kunst ohne großen Interpretationsspielraum.
Wo ist die Handlung? Unter tausend Schichten von CGI ist sie noch nicht zu sehen, bloß zu erahnen. Die ersten zwei Folgen gleichen einem Prolog, den wir in Peter Jacksons Filmen zwar lieben gelernt haben, doch in diesem Fall einfach nicht enden will. Tonnen an Exposition werden vor uns abgeladen, umschmeichelt mit Grandeur, der sich ohne echte Konflikte aber noch nicht so grandios anfühlt.
Das “Style over Substance”-Problem kennen wir bereits aus den Hobbit-Filmen. Doch im direkten Vergleich zu Die Ringe der Macht wirkt Der Hobbit vom Erzähltempo wie ein Bourne-Film. Die Erzählstränge der Serie laufen in Zeitlupe; da es nicht nur einen, sondern gleich drei langsame Stränge gibt, steht die Handlung für die ersten zwei Folgen quasi still.
Die Geschichte um die Hochelben fokussiert sich auf zwei bekannte Namen, nämlich Elrond und Galadriel, die bisherige Hauptdarstellerin der Serie. Während die beiden durchaus Chemie haben, schafft es Morfydd Clark als Galadriel (noch) nicht, das Charisma sprühen zu lassen. Ihr Charakter wirkt im Kampf überstark und im Dialog monoton und trotzig. Robert Aramayo als Elrond ist hingegen sehr zahm, wenngleich charismatischer im Schauspiel.
Besonders gelungen ist das Best-Match von Elb und Zwerg mit Elrond und Prinz Durin (Owain Arthur). Was Legolas und Gimli waren, wird mit diesen beiden Rollen fortgesetzt. Besonders Durin und seine Frau Disa (Sophie Nomvete) bringen Energie und Herz in die bis dahin relativ antriebslose Serie.
War eine schwarze, bartlose Zwergenfrau nun wirklich die negative Aufregung wert? Nein. Da wir ohnehin noch keine Zwergenfrauen in den Mittelerde-Filmen gesehen haben und damit auch kein festgefahrenes Bild von Zwergenfrauen haben können, sollte man an die Diversität offener herangehen. Vor allem, da der diverse Cast so weit davon entfernt ist, zu den tatsächlichen Problemen der Serie zu gehören.
Tiefpunkt der ersten zwei Folgen ist die sehr leblose Geschichte um Elb Arondir (Ismael Cruz Cordova) und sein “Men-Crush” Bronwyn (Nazanin Boniadi), die ohne Feuer vor sich hin plätschert. Das Interessanteste an diesem Handlungsstrang war bisher tatsächlich eine kranke Kuh, die schwarze Milch absondert. Es fehlt den beiden Charakteren an klar erkennbaren Motivationen, Fallhöhen und Chemie.
Schließlich wäre da noch die Geschichte der Harfüßer. Wie sich die Vorfahren der Hobbits als Nomaden im Wald verstecken, Lager auf und abbauen und Zeichen der Natur deuten, ist mit so viel Liebe inszeniert, dass man beim ersten Durchlauf überhaupt nicht alle Details auflesen kann. Nori und Betty sind ein charmantes Pendant zu Frodo und Sam und ein Hommage an Der Herr der Ringe und Der Hobbit, dessen Abenteuer ebenfalls mit Halblingen starten, die mit größerer Magie in Kontakt kommen.
So sind bisher also die kleinen Völker die Highlights der Serie, denn Zwerge und Harfüßer versprühen bisher die meiste Magie, die wir mit Mittelerde verbinden. Auch, wenn ein Großteil der Magie erkauft wurde, nämlich durch maßloses Production Value, steckt einiges an Virtuosität in der Inszenierung.
Doch frage ich mich an dieser Stelle, warum man den Cast nicht mit wenigstens ein bis zwei namhaften Schauspielern besetzt hat? Ist das Argument, “ausschließlich frische Gesichter” zu benutzen, wirklich ein Argument? Denn abgesehen davon, dass echte Standout-Performances bisher fehlen, ist es einfach ein ungeheurer Spaß, Lieblingsschauspieler in Cosplays zu sehen. Die Ringe der Macht fehlt schlichtweg ein Schauspieler der Sternenliga, ein Martin Freeman, oder ein Sean Bean, oder ein Ian McKellen, oder eine Cate Blanchett.
Auffällig wird das nicht ganz gereifte Können der Schauspieler bei einigen Dialogen, die Tolkiens Sprache mit beinahe neurotischem Ehrgeiz anbiedern. Aus elegant wird oftmals geschwollen, was sich vor allem während der Dialoge der Elben zeigt. Erfahrene Schauspieler können jedoch auch kitschige Passagen durch eigene Nuancen retten. Das passiert hier leider nicht. Stattdessen schmecken einige Konversationen nach Poesie aus der Konservendose.
Zum Glück erhöht Folge 2 durch ein bis zwei Actionszenen das Tempo der Serie, endet aber mit einem erstaunlich uninteressanten Cliffhanger. Zwar bleibt das Interesse an der Serie erhalten, doch mehr der visuellen Effekte wegen, weniger der Charaktere oder der Handlung. Folge 3 muss mehr Momentum schaffen.
Fazit: Folge 1 und 2
Der Auftakt von Die Ringe der Macht erschlägt uns mit den großartigsten Bildern, die Fernsehen jemals produziert hat. Doch funktioniert die Immersion bisher leider nur auf rein visueller Ebene, denn die ersten zwei Folgen werden durch zu viel Exposition für zu viel Handlungsstränge ausgebremst. Die Spannung ist noch nicht vorhanden, die Hook fehlt komplett. Doch ist Die Ringe der Macht dennoch zu gutes Handwerk, um einfach wegzuschauen. Die nächsten Folgen müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass die visuelle Epik durch ebenso episches Storytelling gedeckt wird.
Bewertung Folge 1: 6.8
Bewertung Folge 2: 7.3
Podcast zur 1 & 2 Episode mit Daniel:
Das hat wenig bis gar nichts mit LOTR zu tun! Schwache Story, hölzerne Dialoge und ab Folge 3 deutlich zu brutal!!
Es mögen nicht alle Menschen (besonders die mit Intellekt und Empathie) die Brutalität à la Game of Thrones!!! Einfach widerlich!!!
Naja, ich aber schon – sehr sogar. Lecker Gemetzel.
Interessanter Aspekt. Wenn Galadriel ihren Plan, ALLE Orks auszurotten, tatsächlich umsetzen will, sehe ich da auch Ähnlichkeiten zu einem Genozid.
Hier wird der Aspekt zum Völkermord juristisch diskutiert: https://jurios.de/2022/10/09/die-ringe-der-macht-galadriel-und-der-voelkermord-an-den-orks/
Ich will nicht den Oberlehrer spielen, aber es ist gleich im ersten Satz.
Höher als, nicht höher wie.
Wurde korrigiert, danke dir :)
Gehst du sonst inhaltlich d’accord oder hast du eine andere Sicht auf die Serie?
Eine ausgezeichnete und ehrliche Kritik, der ich mich weitgehend anschliesse. Wäre ich kein leidenschaftlicher Anhänger des HdR Universums, würde mein persönliches Urteil sogar deutlich negativer ausfallen. Guten Gewissens kann ich die Serie niemandem weiter empfehlen. Ein Jammer, wenn man bedenkt, welch gigantisches, monumentales Serien-Epos man mit solch einem Budget hätte schaffen können. Zwar werde ich mir die 2. Staffel anschauen, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich nach der Serie. Doch wird mir das zweijährige Warten darauf nicht schwer fallen. Zugegeben, ich hatte bereits im Vorfeld meine Zweifel, als ich hörte, dass die Handlung auf 5 Staffeln aufgeblasen werden soll. Selbst wenn die gesamte Handlung des Silmarillon als Grundlage genommen worden wäre, wäre dies mE immer noch zu wenig Inhalt als Grundlage. Ich brauche auch keine Nonstop Action, aber ohne Handlung wird keine Spannung generiert.
Die Darsteller der Serie gefallen mir überwiegend gut, können aber aufgrund der schwachen Dialoge und des faden Storytelling selten brillieren. Und auch ein Morgan Freeman, IanMcKellen oder Julia Roberts hätten hier nicht den Karren aus dem Dreck gezogen. In diesem einen Punkt widerspreche ich dem Autor. Auch eine Galadriel macht einen guten Job. Sie braucht Zeit sich zu entfalten, aber ihre teils unsympathische und arrogante Art halte ich für gewollt. Man bedenke, dass die Arroganz der Elben nicht von ungefähr kommt. Als Lieblinge ihres Schöpfers ist ihnen ein unsterbliches Leben an der Seite der Valar vergönnt, während die Menschen in Mittelerde sterben (Nicht zuletzt machen sich Morgoth und später Sauron diese Ungerechtigkeit zunutze, um Neid und Hass in den Herzen der Menschen zu schüren und diese auf ihre Seite zu ziehen.) Natürlich ist die Frage nach den Darstellern auch vom persönlichen Geschmack geprägt. Dennoch können mMn auch die besten Darsteller keine dramaturgischen Fehlentscheidungen ausbügeln. Ansonsten habe ich dem nichts mehr hinzuzufügen. Sollte mich jemand nach meinem Urteil zu der Serie fragen, werde ich Ihre Kritik weiterempfehlen. LG
Schade, dass Netflix das nicht gewonnen hat. Denn beschissener als Amazon hätte man das sicher nicht mehr umsetzen können…
Harte Worte, aber ich denke auch, dass es bei Netflix in besseren Händen gewesen wäre.
Wieso sollte der mysteriöse Zauberer Gandalf sein? Find den Gedankengang irgendwie merkwürdig weil Saruman doch eigentlich der “Anführer” der Zauberer ausgewählt worden und wenn es nach gegangen wäre Gandalf nicht mal dabei gewesen ist als sie damals frisch in Mittelerde ankommen sind oder trügen mich meine , zugegebenermaßen etwas vernebelten , Erinnerungen daran? Wenn Saruman also Leader ist warum sollte er Gandalf zuerst senden? Außerdem ist Gandalfs Refugium das er “schützen” soll doch eher bree und das Auenland aber die Vorfahren der Hobbits waren noch nicht sesshaft und haben in anderen Gebieten ihr auskommen gesucht. Meiner Meinung nach ist der istari Saruman der weiße und nicht gabba Gandalf . Und seine Klamotten sind einfach nur keimig und sind deshalb grau. Immerhin ist er auch wie ne Rakete eingeschlagen in Mittelerde und da dürfen die lumpen schon etwas dreckig in Fetzen hängen . Würd sogar glatt meinen alten jungfräulichen ars.. drauf verwetten das es sich bei dem rocketman um Saruman handelt