5.8/10

Kritik: Dead Ringers

Doppelt hält besser?

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Genres: Drama, Horror, Thriller, Startdatum: 21.04.2023

Interessante Fakten für…

  • Hauptdarstellerin Rachel Weisz schlüpft bereits das zweite Mal in einer Zwillingsdoppelrolle. Schon in Constantine (2005) spielte sie die beiden Zwillingsschwestern Angela und Isabel Dodson.
  • Die Serie basiert auf dem Horrorklassiker Die Unzertrennlichen (1988) von Regisseur David Cronenberg, in dem Jeremy Irons die Zwillingsdoppelrolle übernahm und die beiden Zwillinge mit selben Namen verkörperte.

Der Horror der Geburt, die Grauen des Geldes, zwei manische Schwestern – Amazons Neuauflage des Cronenberg-Klassikers könnte so gut sein. Und ist am Ende doch leider nur Durchschnitt. Trotz der wunderbaren Rachel Weisz. Ein ausführliches Urteil findest du in der unserer Kritik.

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#KebabimKino #Arthaus #Cronenberg

Darum geht’s

Schwangere Frauen sind nicht krank. Beverly Mantle (Rachel Weisz) wird nicht müde, das zu betonen. Zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Elliot (ebenfalls Rachel Weisz) setzt sich die Gynäkologin dafür ein, Schwangerschaft und Geburt sicherer zu machen – für alle Schwangeren, unabhängig von Einkommen, sozialer Stellung oder Herkunft. Doch die Medizin ist eine teure Angelegenheit. Vor allem die medizinische Forschung, die Beverly umtreibt. Ihr Ziel ist es, nicht nur die Befruchtung, sondern gleich die ganze Schwangerschaft in vitro, also “im Reagenzglas” zu realisieren und lebensfähige Babys vollkommen ohne mütterlichen Körper aufzuziehen. Um so ihrer Schwester endlich das Kind zu bescheren, das diese sich so sehnsüchtig wünscht…

Mit dem Zweiten…

Dead Ringers ist eine merkwürdige Geschichte – im besten Sinne. Die Filmfassung von 1988 mit dem deutschen Titel Die Unzertrennlichen zählt gerade deshalb zu den Klassikern des Horrorgenres, weil Regisseur David Cronenberg es verstanden hat, dass es merkwürdig sein muss. Dass der Geschichte um die Ärztezwillinge Mantle und ihre experimentellen, gynäkologischen Praktiken unausweichlich etwas Unangenehmes innewohnt, das der Film zeigen muss.

Die diesjährige Neufassung in Serienform, die bei Amazon Prime Video ab sofort zu streamen ist, ist leider nicht ganz so gelungen. Sie ist zu zahm und zu zurückhaltend. Dead Ringers setzt erstmal sehr gut an, indem tiefgreifende Modernisierungen der Handlung und Besetzung vorgenommen werden. In der Filmversion spielte Jeremy Irons die damals noch männlichen Mantle-Zwillinge, heute darf Rachel Weisz mit sich selbst die Doppelhauptrolle teilen.

Was Ende der 80er-Jahre noch revolutionäre Kinotricktechnik und eine brilliante Schauspielleistung darstellte, reicht heute allerdings allein nicht mehr aus, um Aufsehen zu erregen. Dass eine Person in ein und derselben Einstellung zwei Figuren spielt, ist geradezu ein alter Hut. Was in Die Unzertrennlichen (1988) durch gut geplantes Blocking und Überlagerung der Filmbilder geschafft wurde, war dann z.B. in The Social Network (2010) über zwanzig Jahre später brillantes CGI-Handwerk. Aber das ist auch schon wieder über eine Dekade her. Rachel Weisz mal zwei – an sich einerlei.

Weisz ist eine großartige Schauspielerin, die auch in Dead Ringers eine ansehnliche Leistung bringt. Sie überzeugt einerseits als Beverly, die extrovertierte der beiden Schwestern, die vorlaut ist und rücksichtslos die Männer verführt, die ihrer forschen und selbstbewussten Art nicht widerstehen können, und doch eigentlich nur ihre Schwester liebt. Andererseits verkörpert Weisz auch die schüchterne Elliot, die gleichzeitig an ihrem Zwilling hängt und sich von der engen Geschwisterbeziehung eingeengt fühlt und ausbrechen will. Leider geht die Schauspielleistung etwas unter.

Ein Fest des Unangenehmen

Dead Ringers ist eine merkwürdige Geschichte. Und die Serienfassung ist genau in den Momenten am besten, wenn sich die Handlung voll darauf einlässt. Es sind die Gesprächsszenen, die das Unangenehme ausstellen, die am besten funktionieren. In der ersten Folge sind die Mantle-Zwillinge zu Gast bei einer schwerreichen Abendgesellschaft, in der das Gespräch immer wieder entgleist. In einer späteren Folge besuchen sie einen Seitenarm der Millionärsfamilie, die ihre Forschung finanziell unterstützt, deren Oberhaupt als Gynäkologe etwas zu viel Einblick in die Schwangerschaften seiner an Zwillingskindern reichen Töchter hatte. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, sei gesagt, dass es eine Freude gewesen wäre, wenn Dead Ringers durchgehend dieses Level von Merkwürdigkeit und unangenehmem Gefühl gehalten hätte.

Die Handlung der Serie ist von einem starken auf und ab geprägt. Zwischen unangenehmen und deshalb großartigen Abendessensszenen gibt es immer wieder ausgesprochen ermüdende Passagen, die konventionell und mittelmäßig daherkommen. Was umso enttäuschender ist im Anbetracht der wirklich gelungenen Erneuerungen der Themen, um die die Handlung kreist.

Das Genre Horror eignet sich in ganz besonderem Maße dafür, um über abstrakte philosophische und politische Ideen zu meditieren oder Kritik und Satire zu verpacken. Das Ideen-Kino von David Cronenberg ist hier das Paradebeispiel. Vielleicht ist es daher auch die Abkehr vom Horror und die Ausrichtung in Richtung Thriller, die Dead Ringers vornimmt, die dazu führt, dass die behandelten Themen – Identität, Obsession, Mutterschaft, Geschwisterliebe, Besitz von Körpern, Abhängigkeit, Herrschaft durch Geld und Besitz und vieles mehr – nicht zünden.

Fazit

5.8/10
Enttäuschend
Community-Rating: (2 Votes)
Handlung 7.5/10
Schauspiel 7.5/10
Visuelle Umsetzung 4/10
Spannung 5/10
Atmosphäre 5/10
Details:
Showrunner: Lauren Wolkstein, Sean Durkin,
FSK: 16 Epiosden: 6
Besetzung: Britne Oldford, Emily Meade, Jennifer Ehle, Jeremy Shamos, Michael Chernus, Poppy Liu, Rachel Weisz,

Dead Ringers ist ein lobenswerter Versuch und definitiv deutlich sehenswerter als viele andere Serienadaptionen berühmter Filmklassiker, die in zunehmender und unanständiger Zahl produziert werden. Leider reicht das dennoch nicht aus, um über ein schulterzuckendes “Enttäuschend” hinauszukommen. Visuell grau in grau und öde, schafft Rachel Weisz gelungenes Schauspiel es leider nicht, die zu zahme Handlung zu tragen.

Artikel vom 22. April 2023

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