Review: Indiana Jones und das Rad des Schicksals
KEIN HELDENSTERBEN
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Archäologie-Professor Henry Jones (Harrison Ford) steht kurz vor dem Ruhestand, von genießen kann aber keine Rede sein. Nervige Nachbarn, Studierende, die seine Vorlesungen nicht interessiert, eine zerbrochene Ehe, der Verlust seines Sohnes, all das macht aus dem ehemaligen Actionhelden einen grantigen Rentner mit Alkoholproblem, der eigentlich nur in Ruhe gelassen werden will. Doch dann holt ihn, natürlich, die Vergangenheit ein – in Form seiner Patentochter Helena Shaw (Phoebe Waller-Bridge).
Ein paar Verfolgungsjagden, Flashbacks und kleinere zwischenmenschliche Probleme später befinden sich die beiden in einem Wettrennen mit einem ehemaligen Nazi-Wissenschaftler (Mads Mikkelsen) um das sagenumwobene Artefakt “Antykithera”, eine mystische römische Erfindung, von der gesagt wird, dass man mit ihr durch die Zeit reisen kann. Also reisen Indiana Jones und Helena Shaw durch verschiedene Orte rund um das Mittelmeer, Nazis im Nacken, Peitsche im Anschlag und immer einen One-Liner parat.
Schon im von vielen Kritikerinnen und Kritikern verhassten vierten Teil Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (2008) machte sich Shia LaBoeuf über das Alter von Harrison Fords’ Indiana Jones lustig. Satte 15 Jahre später kramt der diesmal wirklich alte Mann noch ein letztes Mal seine Peitsche und seinen Hut hervor, um von seinem langweiligen Dozentenjob loszukommen und Archäologie so zu betreiben, wie sie sich Zehnjährige vorstellen. Doch Regisseur James Mangold hat am Anfang des Films wohl Mitleid mit dem ältesten Disney-Protagonisten aller Zeiten und lässt die Wunder der Technik auf sein Gesicht los – wir sehen keinen 80-Jährigen, sondern einen etwa 30-jährigen, digital verjüngten Harrison Ford, der Nazis haut. (Seine Stimme hätte man auch verjüngen können, es sieht aber trotzdem überraschend gut aus!)
Ungefähr die erste halbe Stunde ist dann auch lupenreines Blockbuster-Kino. Fords Schläge haben ordentlich Power, die Nazis sind böse, aber das Schicksal und die Intelligenz ist auf Indiana Jones’ Seite, es gibt mystische Artefakte, verrückte Wissenschaftler, die auch noch von Mads Mikkelsen gespielt werden – was will man mehr! Nach Logan (2017) kommt kurz die Hoffnung auf, dass es James Mangold ein zweites Mal gelungen ist, einem der großen Hollywood-Actionhelden einen glorreichen Leinwand-Abschied zu bescheren.
Doch dann geht der Film weiter und die Befürchtungen treffen ein: Der fünfte Teil ist teilweise auch einfach eine kleine Nostalgie-Runde, keiner der Beteiligten geht irgendwelche Risiken ein, alles wirkt routiniert – aber deshalb auch leider ein bisschen langweilig. Ford hat zwar Spaß dabei, sein Alter zum Thema zu machen und der ein oder andere selbstironische Kommentar sitzt auch sehr gut, doch die Actionszenen passen sich seinen physischen Möglichkeiten zu sehr an. Meist sitzt er während der Verfolgungsjagden (mit erstaunlich kleinen Fahrzeugen), oder die Schnitte sind so gesetzt, dass das Alter kaschiert ist, oder es gibt bei Indiana Jones-Filmen immer etwas deplatziert wirkende CGI-Sequenzen. Bei all der Action, die auch teilweise wirklich gut ist, kommt deshalb kein wirklicher Flow auf und neue Ideen werden unter diesen Voraussetzungen auch kaum umgesetzt.
Auch wenn diese Kritik immer etwas einfach ist, stimmt es bei Das Rad des Schicksals leider: Der Film hätte locker eine halbe Stunde kürzer sein können. Für zweieinhalb Stunden reichen weder die Action, noch das Drama, noch das Drehbuch – weniger wäre mehr gewesen. Denn ganz grundlegend versteckt sich hier ein guter Film, ein altmodischer Actionfilm, ohne rückwärtsgewandt zu sein, sowie eine würdige Abschiedstournee für einen der größten Filmstars und einen der ikonischsten Charaktere aller Zeiten. Es hätte nur etwas mehr Rotstift gebraucht und vielleicht ein anderes Ende.
Denn der finale Kampf von Indiana Jones wird Fans und Kritiker entweder spalten, oder sie werden sich einig sein: Das war nichts! Ich persönlich fand es, ohne spoilern zu wollen, einen schönen Abschied, der den Charakter in seiner ursprünglichen Rolle wertschätzt: als Archäologe. Die Liebe und der Respekt für Jones und Ford sind Mangold und den anderen Darstellern durchweg anzumerken, und das ist etwas Positives. Nur scheinbar ist so ein bisschen Angst ins Spiel gekommen, sodass Das Rad des Schicksals sich anfühlt, als hätte jemand vergessen, die Handbremse zu lösen. Schade, aber macht trotzdem Spaß!
Harrison Ford und Indiana Jones kriegen einen meist überwiegend würdigen Abschied, mit einem sehr starken Anfang, einem durchwachsenen Mittelteil und einem wahrscheinlich kontroversen Schluss. Der Film ist erfrischend unaufgeregt, dabei leider zwischendurch etwas langweilig, doch Ford und Phoebe Waller-Bridges gleichen das mit ihrer Charmeoffensive wieder aus. Ein klassischer Hollywoodfilm, ein Blockbuster wie damals, der zwar nicht an Mangolds Meisterwerk “Logan” oder die ersten beiden Indiana Jones-Filme heranreicht, aber doch ein würdiger Abschluss ist.
Artikel vom 1. Juli 2023
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