Kritik: Die Ausgrabung
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Es ist das Jahr 1939, wenige Monate vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Die reiche Landbesitzerin Edith Pretty (Carey Mulligan) beauftragt den archäologischen Ausgrabungsexperten Basil Brown (Ralph Fiennes), die alten Grabhügel auf ihrem Land zu untersuchen. Sie vermutet hier archäologische Schätze. Der Autodidakt Brown nimmt den Auftrag an und geht ans Werk. Neben zwei angeheuerten Helfern ist auch stetig dabei: Mrs. Prettys Sohn Robert (Archie Barnes).
Es folgen dann noch unterschiedliche Handlungsstränge rund um das lokale Museum, den Konflikt zwischen dem ungelernten Brown und dem professionellen Archäologen Charles Phillips (Ken Scott) und auch noch irgendwas mit Liebe zwischen weiteren Charakteren. Doch das ist alles auch eigentlich gar nicht so wichtig.
Die Ereignisse der Tage liegen ununterbrochen wie ein Knistern in der Luft: Spielende Kinder in den Straßen sind untermalt vom Klang der Kriegswarnungen der patrouillierenden Lautsprecherwagen; Bronzestatuen verschwinden in einer Kamerafahrt im Kreis hinter Sandsäcken, Militärflugzeuge ziehen über den Himmel. Alles kündet vom kommenden Unheil. Und doch zieht die Handlung sich selbst aus der Welt.
Irgendwo im Nirgendwo auf einem einsamen Feld auf dem Land wühlen die Figuren sich in die Erde, um die Grenze zwischen den Zeiten aufzuheben. Dabei werden sie selber zu verschütteten Objekten, die der Film als Geschichtenmaterial hebt.
„Ich arbeite nicht für die Vergangenheit oder die Gegenwart, sondern für die Zukunft. Nur so können die nachfolgenden Generationen erkennen, woher sie stammen.“
Basil Brown in Die Ausgrabung.
Auf der erzählerischen Ebene ist Die Ausgrabung leider stellenweise nicht stark genug. Da es sich um eine Verfilmung des gleichnamigen Historienromans von John Preston handelt, ist das Drehbuch hier natürlich etwas eingeschränkt. (Wobei beispielsweise The Favourite erst vor einiger Zeit wieder bewiesen hat, dass auch im Historiendrama alle Grenzen gesprengt werden können.) Und die Romanvorlage ist ein ziemlich durchschnittlicher Schinken und keine auch nur erwähnenswerte Literatur. Zu häufig verlässt sich der Film auf bekannte und erwartbare Handlungsabläufe.
So wirkt etwa die zeitliche Dringlichkeit der Ausgrabungen und die Drohung des Museumsdirektors nicht ganz glaubwürdig, sondern ziemlich gezwungen, um Spannung zu erzeugen, weil man das eben so macht. So wirkt auch die ‘Schnell, es regnet, wir müssen das Loch abdecken!’-Szene, in der plötzlich panisch gerannt und gemacht und getan werden muss, ziemlich abgedroschen. Der Film hat solche billigen Momente von Spannung durch Hektik eigentlich nicht nötig.
Ein bisschen albern kommt einem auch die plötzliche Verwandlung Mrs. Prettys von einer agilen jungen Frau zur Invalidin vor. Insgesamt ist es etwas überzogen, was für ein Pathos um die Archäologie gesponnen wird. In der realen Welt dürfte das doch eher eine recht staubige Wissenschaft sein wie die meisten. Aber is‘ scho‘ recht. Und manchmal täte Die Ausgrabung der ein oder andere Forrest-Gump’esken Pralinenschachtelspruch weniger, der versucht, das Ausgraben als elegische Analogie auf das Leben zu münzen, doch gut.
Etwas schade ist, dass der Film fast so verschämt mit dem Thema Sexualität umgeht, wie es die Zeit, die er porträtiert, getan hat. Wie zum Beispiel, dass er den homosexuellen Handlungsstrang als bloßes Nicken andeutet, während der heterosexuellen Liebe sehr viel, auch ästhetischer, Raum gegeben wird. Das ist dann doch etwas arg veraltet.
Ganz besonders stark wird der Film erst aufgrund seiner visuellen Umsetzung. Hier ist vor allem die Kameraarbeit von Mike Eley hervorzuheben. Denn die Kamera ist sehr dezent und es wurde auf eine unauffällige Weise sehr qualitativ und sauber gearbeitet.
Für kurze Augenblicke erinnern die Bilder in der englischen Landschaft, durch das Zwischenspiel aus Licht und Wind, an Terrence Malick. Insbesondere dann, wenn sich zusätzlich Bild und Dialog, die nicht zusammengehören, überlagern. Wenn späterer Dialog aus dem Off über das Bild montiert ist, wirkt die Zeit gestaucht. Im Gegensatz zu Malick, sind derlei Effekte hier allerdings nicht ganz so ausschweifend und sehr pointiert eingesetzt.
Die kinematografische Umsetzung ist kein Blendwerk, das großen Eindruck machen will, sondern eine Untermalung der Handlung. Ist Mittel zum Zweck, nicht sinnloses Feuerwerk aus Angeberei.
Artikel vom 7. Februar 2021
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