6.2/10

Kritik: Die Kunst des toten Mannes

IST DAS KUNST ODER KANN DAS WEG?

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Genres: Horror, Mystery, Thriller, Startdatum: 01.02.2019

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Mit seiner knallharten Mediensatire ‘Nightcrawler’ knöpfte sich der damalige Newcomer Dan Gilroy die effekthascherische Welt der Nachrichtendienste und Journalisten vor. Mit seinem neuesten Werk ‘Die Kunst des toten Mannes’ geht es der schnöseligen Kunst-Welt an den Kragen. Ist Gilroys Netflix Original genau so bissig, wie sein Erstlingswerk?

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#NetflixAndChill #Meta #AdvocatusDiaboli

Darum geht’s

Los Angeles: Welt der High Society, Champagner und sündhaft teurer Kunst. Morf Vandewalt (Jake Gyllenhaal, Prisoners, Life) ist Kunstkritiker und bestimmt mit seinen knallharten Reviews maßgeblich darüber, ob ein Ausstellungsstück am Markt Beachtung findet oder in der Versenkung der Abstellkammer verschwindet.

Eines Tages findet Morfs Exfreundin Josephina (Zawe Ashton) zufällig das geheime Archiv ihres kürzlich verstorbenen Nachbars. Eigene Gemälde, die eine so ungeheure Wirkungskraft entfalten, dass bald der ganze Markt Kopf steht. Sofort entsteht ein erbitterter Kampf darum, wer die Schmuckstücke ausstellen darf: etwa zwischen Rhodora Haze (Rene Russo, Thor) und Gretchen (Toni Collette, Hereditary). Was noch niemand ahnt: die Bilder sind verflucht und trachten jedem, der sie kauft, nach dem Leben…

Kunst-Satire oder Horrorfilm?

Die Einführung in die absolut losgelöste Welt des Kunsthandels und -kritik ist schlichtweg phänomenal geraten. Jake Gyllenhaal spielt seinen bisexuellen und überstolzen Kunstliebhaber Morf mit einer solchen Detailverliebtheit, dass man sich an seiner Performance nicht satt sehen kann. Hier stimmt jeder Blick, jede Körperhaltung, ja sogar die scheinheiligen Luftküsschen zur Begrüßung könnten nicht pointierter sein. Durch Morfs Augen bekommt der Zuschauer diese irre Welt ganz selbstverständlich serviert: Kunsthändler feilschen um die Objekte, Experten fachsimpeln über die neuesten Werke und die Definition wahrer Kunst und alle buhlen bei Morf, dem Kritiker, um eine wohlwollende Rezension, die über Erfolg oder finanziellen Ruin entscheiden kann.

„Critique is so limiting and emotionally draining.”

Morf Vandewalt

Zwar deutet Gilroy durch unterschiedliche Figuren an, wie verdorben und oberflächlich diese Subkultur eigentlich ist, doch richtig tief taucht er in die Materie nicht ein. Sein Meta-Kommentar schimmert zwar immer wieder durch Dialoge und sogar Todesszenen hindurch (ein Mordfall wird versehentlich als Kunstwerk verstanden), doch ein durchdringendes Bild dieser grotesken Welt gelingt ihm nicht. Das gelang Nicolas Winding Refn in The Neon Demon weitaus besser. Gilroy blockiert sich selbst, wenn er sich in der zweiten Filmhälfte weniger auf das Business, als um das Mysterium der geheimnisvollen Bilder konzentriert. Doch sobald das erste Blut fließt wird klar: Die Kunst des toten Mannes ist leider nicht wirklich furchterregend.

Morf (Jake Gyllenhaal) und Rhodora (Rene Russo) sind von den neu entdeckten Gemälden beeindruckt – doch sie haben keine Ahnung, welch Wirkung die Kunstwerke wirklich entfalten.

Jake Gyllenhaal und Rene Russo in einem Szenenbild für Kritik Die Kunst des toten Mannes

Und der Mörder ist…

Die Idee, verfluchte Bilder in das gefräßige Maul von Kunsthändlern zu werfen, ist originell und steckt voller Potenzial. Dass die gehypten Gemälde schnell in sämtlichen Galerien landen, gibt Gilroy den Freiraum, seine Hauptfiguren vielfältig und genüsslich über den Jordan zu schicken. Leider wirkt der Film ab diesem Zeitpunkt wie eine Abhandlung von Todesszenen: Person kauft Bild, Person stirbt. Diese erzählerische Schwäche macht Gilroy zeitweise mit seinen kreativen Morden wieder wett (jede Person stirbt tatsächlich durch ein Kunstwerk, das auch den Charakter der Figur repräsentiert), doch so viel mehr passiert dabei nicht.

Tödliche Kunst: Die Prämisse ist kreativ, doch Regisseur Gilroy schöpft sie nicht aus.

Toni Colette in einem Szenenbild für Kritik Die Kunst des toten Mannes

Problematisch wird es vor allem deshalb, weil Morf die Herkunft des verstorbenen Künstlers erforscht. Die Brocken, die der Zuschauer dabei vorgeworfen bekommt, sind dabei aber auch keine Erleuchtung. Stattdessen bremsen diese Recherche-Szenen das Horror-Feeling sogar noch aus. Hier hätte Gilroy gut daran getan, diese mysteriöse Person entweder noch ausführlicher zu erklären – oder sich ganz auf die Horror-Elemente zu fokussieren. Doch nun ist Die Kunst des toten Mannes sowohl eine Schnitzeljagd in die Belanglosigkeit als auch ein müder Horror-Aufguss ohne jegliche Durchschlagkraft.

Hü oder hott, aber bitte kein Spagat!

Letztlich bleibt ein Film, der viel sein will, und nichts so richtig ist. Der bissig-satirische Blick auf den Kunstmarkt hätte ruhig noch etwas mehr Zeit verdient. Die teils unausstehlichen Charaktere hätten gut und gerne noch etwas länger ihr Unwesen treiben dürfen. Und selbst den semi-gruseligen Todesszenen hätte eine ordentliche Portion mehr Drastik sicherlich nicht geschadet. Dan Gilroy kann sich leider bis zum Ende nicht entscheiden, ob er mit Die Kunst des toten Mannes nun wirklich schocken, kritisieren oder zum Nachdenken anregen will.

In der letztlich dabei entstandenen Kombination verhebt sich der Regisseur leider gewaltig und liefert ein Werk ab, das trotz spannender Prämisse nicht über das Mittelmaß hinauskommt. Darüber hilft auch die brillante Leistung von Jake Gyllenhaal und Toni Collette nicht hinweg, da das Narrativ einfach nicht konsequent genug und viel zu zerfasert ist. Ein klarerer Fokus wäre hier der Schlüssel zu einem guten Film gewesen!

Fazit

6.2/10
Mäßig
Community-Rating:
Handlung 5.5/10
Schauspiel 8/10
Horror 6/10
Spannung 6.5/10
Tiefgang 5/10
Details:
Regisseur: Dan Gilroy,
FSK: 16 Filmlänge: 113 Min.
Besetzung: Jake Gyllenhaal, Natalia Dyer, Rene Russo, Toni Collette, Zawe Ashton,

Die Kunst des toten Mannes ist nur mäßige Kunst

So viel hätte der Film sein können, so wenig ist er letztendlich geworden. Ein satirischer Blick auf die Welt des Kunsthandels? Ein durchdringender Horrorfilm mit einem außergewöhnlichen Mörder? Ein Portrait eines geplagten Künstlers, dessen Herzenswerke ihre eigenen Rahmen verlassen? Dan Gilroy versucht, all diese Elemente zu kombinieren – und scheitert dabei. Fast jeder Aspekt wird zu hastig abgehandelt, um wirklich hängen zu bleiben. Die unterschiedlichen Genre-Ausflüge ergänzen sich selten und stehen sich zu oft im Weg. So entwickelt sich Die Kunst des toten Mannes rasch von einer sehenswerten Satire zu belanglosem Horror, den man getrost wieder von seiner Watchliste streichen kann.

Artikel vom 18. Februar 2019

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