Kritik: Guardians of the Galaxy Vol. 3
GOODBYE, JAMES GUNN!
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Nach zahlreichen Abenteuern planen die Guardians of the Galaxy, ihr dauerhaftes Hauptquartier in Knowhere zu gründen. Alles läuft friedlich. Nur Peter Quill aka Star-Lord (Chris Pratt) hat immer noch nicht den Tod von Gamora (Zoe Saldana) verarbeiten können und betrinkt sich regelmäßig bis zur Bewusstlosigkeit. Und das eine alternative Gamora seit Avengers: Endgame in ihrem Universum ist, die nie mit den Guardians in Kontakt kam, macht die Sache nicht einfacher.
Doch das alles endet mit einem buchstäblichen Knall: Wie aus dem Nichts stürzt ein goldener Mann namens Adam Warlock (Will Poulter) vom Himmel und greift das Heldenteam an. Doch dabei hat er es nur auf einen abgesehen: den humanoiden Waschbären Rocket (Stimme: Bradley Cooper). Zwar können die Guardians den Eindringling mit vereinten Kräften abwehren, doch Rocket selbst wird schwer verletzt. Aufgrund seiner künstlichen Implementierungen können sie ihn nicht auf herkömmlichem Weg heilen und müssen daher das Problem bei den Wurzeln packen: Dem skrupellosen Schöpfer von Rocket.
Eine Reise in die Abgründe von Rockets Vergangenheit beginnt…
Stell dir folgendes Szenario vor: Dir gehört ein riesiger Comicverlag und nach mehreren Fehlentscheidungen möchtest du endlich wieder durchstarten. Dafür planst du zahlreiche Filmadaptionen von Superhelden, deren Urheberrechte du noch nicht weggegeben hast und verkaufst dich sogar an einen gigantischen Medienkonzern, um das möglich zu machen. Das alles resultiert dann in einem epischen Crossover-Film, dass dein Unternehmen wieder auf neue Höhen bringt.
Die Frage ist jedoch: Wie willst du das nun toppen? Produzierst du Sequels, von denen einige (The Return of the first Avenger) besser sind als andere (Iron Man 3 und Thor: The Dark World)? Oder du spuckst auf Konventionen und machst etwas komplett Chaotisches und Absurdes?
Genau diesen Gedanken hatte Marvel als sie den Regisseuren James Gunn für die Verfilmung von Guardians of the Galaxy angeheuert haben, einer Truppe von der nun wirklich kaum einer gehört hatte. Und tatsächlich: Die absurde Weltraumgeschichte mit sprechenden Waschbären und “grootigen” Baummenschen würde zu der Zeit kein Studio mit der Kneifzange anfassen. Doch entgegen aller Erwartungen wurde das chaotisch-kreative Sci-Fi-Spektakel mit Humor und Herz zu einem Riesenerfolg und brachte neuen Wind in ein Franchise ein, das schon langsam Abnutzungserscheinungen zeigte. Vor allen Dingen brachte es einen stärkeren Fokus auf Humor in das MCU, was sowohl als Segen als auch als Fluch gewertet wird. Logisch folgten weitere Teile und zahlreiche Crossover, bei der die Guardians dank Gunns kreativer Energie nie in die Versenkung gerieten. Und bevor James Gunn nun auch noch einen weiteren Comicverlag rettet, beweist er ein drittes und letztes Mal, wieso man mit den Guardians richtig fliegt.
Thor wusste das nicht zu schätzen. Das lief nicht gut für ihn…
Viel zu lange schon haben wir uns mit den alten und den neuen Avengers auseinander gesetzt und dabei vergessen, worauf es wirklich ankommt: Auf die chaotischen Antihelden der Galaxie. Bemerkenswert ist hier, dass die neueren Mitglieder stärker glänzen können. Während Nebula (Karen Gillan) das Team koordinieren will, ziehen die ihr eigenes Ding durch. Vor allem ist da Drax (Dave Bautista), der wieder mal der Lustigste der ganzen Truppe ist. Und auch Mantis (Pom Klementieff) hat sich deutlich besser ins Team eingelebt und versucht den Frieden zu wahren, wobei sie sich nicht immer geschickt anstellt. Wir erinnern uns sogar wieder an Kraglin (Sean Gunn), der immer noch Yondus Pfeil meistern will.
Weniger geschickt ist da Quills Geschichte. Klar muss er verarbeiten, dass die neue Gamora nicht die ist, die er einst gekannt hat, doch im Vergleich zu den anderen Handlungssträngen wirkt dieser Konflikt nicht ganz ausgereift.
Relativ schnell vergessen ist da auch der Gegenspieler Adam Warlock. Er erscheint am Anfang und setzt die Handlung in Bewegung, doch ab da verschwindet er wieder und taucht nur selten auf. Es fühlt sich so an, als wollte man unbedingt an der Post-Credit Szene aus dem zweiten Teil festhalten, auch wenn es nicht mehr in das aktuelle Drehbuch passte. Das ist ziemlich schade, da der einfältige Junge im mächtigen Superheldenkörper durchaus Potential hatte. Doch so hätte man ihn auch einfach ersetzen können.
Doch richten wir unser Augenmerk auf ein spezielles Mitglied: Rocket. Das inoffizielle Maskottchen der Guardians (und vielleicht auch vom MCU) hatte die mysteriöseste Vergangenheit, die im dritten Teil beleuchtet wird – und diese ist verdammt traurig. Tatsächlich fällt dieser Teil unerwartet melancholisch aus. Bereits der Anfang, wo wir die Truppe beim Aufbau ihres Hauptquartiers beobachten, ist grau und betrübt. Ein erstaunlicher Kontrast zu den bombastischen Einleitungen der Vorgänger. (Keine Sorge, der Film hat trotzdem genug Humor).
Diese Einführung war nur die Vorausdeutung auf Rockets Vergangenheit. Denn während das Team unterwegs ist, um Rocket zu retten, sehen wir in mehreren Flashbacks Rockets Leidensgeschichte: Wie er ein gewöhnlicher Waschbär war, wie er auf seinen Namen kam, wer zu seinen Kindheitsfreunden gehörte und welche schrecklichen Experimente ihn zu dem mieslaunigen Tüftler gemacht haben. Dies resultiert in einer emotionalen Geschichte, die man so nicht vom MCU kennt.
Rockets Tragik wäre nicht vollkommen, wären da nicht die Verdorbenheit vom High Evolutionary (Chukwudi Iwuji). Dieser ist davon besessen, die perfekte Lebensform zu erschaffen. Um das zu erreichen, kreiert er eine Lebensform nach der anderen, nur um sie dann genauso schnell wieder zu entsorgen. Die Vorwände, dass er im altruistischen Sinne handelt, werden schnell fortgewischt. Dabei agiert er ohne Empathie und kalt, ist aber auch erstaunlich labil und hat Anflüge von Hysterie, wenn was nicht zu seiner Zufriedenheit erfolgt.
Der Evolutionary gehört nicht zu den tiefgründigsten Bösewichten und das ist auch gar nicht der Punkt. Stattdessen setzt man hier auf die Ausmaße, die seine schurkische Obsession erreicht. Und tatsächlich erreicht seine Bosheit ein Niveau, das im MCU nur selten seinesgleichen findet.
Genauso furchterregend ist auch seine Sammlung an Experimenten auf seinem Weg zur Perfektion. Vor allem bemerkenswert sind da die offensichtlicheren Fehlkonstruktionen, die mit Rocket einen Käfig geteilt haben und solche, die als persönliche Soldaten des High Evolutionary dienen. Denn plötzlich hat man es nicht mehr mit moderner Sci-Fi-Technologie zu tun. Stattdessen sehen die ehemalige Tiere mit den grob angenieteten Metallteilen so aus, als hätte sich Tim Burton unbemerkt ins Studio geschlichen. Vor allem in Superheldenadaptionen, in denen immer noch auf uninspirierte Schergenklone gesetzt wird, zeichnen sich diese Charaktere durch ihr verstörendes Design aus. Klar sieht es weniger realistisch aus, doch dafür umso bizarrer und ungemein einprägsam.
Das hier ist James Gunns letzter Marvel-Film, bevor er aufbricht, um das DC Universum zu retten. Daher wollte er selbstverständlich den Abschluss seiner Trilogie noch zusätzlich groß und bombastisch machen. Und das ist ihm gelungen. Die Kulisse springt von bedrückend und melancholisch zu bunt und abgedreht und danach wieder zurück. Mal kämpfen sie in den trüben Gassen von Knowhere um ihr Überleben und mal dringen sie in bunten Raumanzügen in eine künstliche Biomasse ein. Trotz des variierenden Tons schafft es GotG 3 (größtenteils) konstant zu bleiben, auch wenn der Humor an einigen Stellen nicht unbedingt passend wirkt. Schlussendlich endet es in einem actiongeladenem und emotionalen Finale, für das sich Gunn Zeit ließ, damit der Effekt auch entsprechend anhält.
Man vergisst fast, dass der Film mit 150 Minuten Spiellänge doch etwas zu lange ausfällt…
James Gunn hat es wieder mal geschafft. Mit seinem letzten Beitrag für Marvel hat er dem quirligen MCU-Ableger einen wohlverdienten und erstaunlich emotionalen Abschluss bereitet. Auch wenn der Übergang zwischen Drama und Humor nicht immer fließend ist und einige Gags zu lange andauern, erreicht es nicht das qualvolle Niveau, dass immer häufiger im MCU vorkommt.
Vor allem fühlt sich der dritte Teil tatsächlich wie ein Abschluss an. Die Guardians reisen zu ihrer finalen Mission und Gunn investiert die Zeit, um diesen Umstand zu betonen. Schlussendlich verabschieden wir uns von dem dysfunktionalen, aber liebenswürdigen Chaoten, die das MCU sowohl zum Guten als auch zum Schlechten geprägt haben.
Und vielleicht braucht das MCU schlussendlich auch seinen wohlverdienten Abschluss…
Artikel vom 7. Mai 2023
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