Kritik: Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen
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Katherine (Taraji P. Henson) kann gut mit Zahlen. Schon immer. Hypotenuse, Oktaeder und Eulersche Formel sind die Helden ihrer Kindheit. Mittlerweile erwachsen, müsste der begnadeten Mathematikerin die Welt der Mathematik zu Füßen liegen. Wäre da nicht ein Problem: es ist 1961. Die Rassentrennung ist eine unüberwindbare Hürde. So scheint es.
Zwar arbeiten Katherine Johnson und ihre Freundinnen Dorothy Vaughan (Octavia Spencer) und Mary Jackson (Janelle Monáe) für die renommierte Weltraumbehörde NASA. Um ihre Karrieren steht es jedoch schlecht. Statt ihres Könnens zählt ihre Hautfarbe, woran sie von ihren weißen „Kollegen“ stets erinnert werden:
Al Harrsion (Kevin Costner), der Leiter des Weltraumprogramms, hat ein erhebliches Problem: Um den ersten Amerikaner ins Weltall zu schießen (und heil wieder runter zubekommen), muss eine neue Art der Mathematik erfunden werden. Katherine wittert ihre Chance.
Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen erzählt die Geschichte dreier pfiffiger Frauen, die vor dem scheinbar Unerreichbaren nicht verzagen sondern mutig kämpfen, um das Unmögliche möglich zu machen. Mary will die erste schwarze NASA-Ingenieurin werden, Dorothy kämpft für die Anerkennung ihrer Arbeit und Katherine möchte dabei helfen, Astronauten ins All zu schießen. Das Setting des Films passt wie die Faust aufs Auge: Die scheinbar unmögliche Eroberung des Weltraums.
Wie auch John Glenn (Glen Powell), der erste Amerikaner im All, die Grenzen der Menschheit verschiebt, so verschieben Katherine, Mary und Dorothy die Grenzen in den Köpfen ihrer Kollegen und kämpfen auf ihre Art gegen Diskriminierung und Rassentrennung.
Die Rechnung von Regisseur Theodore Melfi geht dabei auf. Statt die Menschenverachtung des amerikanischen Rassismus zu betonen, misst der Film der anderen Seite der Gleichung größeres Gewicht bei: Der Lebensfreude einer Freundschaft, die sich nicht unterkriegen lässt.
Damit schlägt das Drama einen gänzlich anderen Ton an, als beispielsweise der Oscar-gekrönte Film Selma, der zur selben Zeit spielt. Statt Hass, Trauer, Wut und Zorn überwiegt in Melfis Werk Positives: Freundschaft, Vertrauen, Humor und Liebe.
Die Gräuel der Sechziger Jahre, in denen die Übergriffe auf die schwarze Bevölkerung ihren dramatischen Höhepunkt erreichten, bleiben in dem Historiendrama eine Randnotiz – flimmern über Fernsehbildschirme oder den Radio-Äther. In einer Szene gerät Dorothy versehentlich in eine Demonstration schwarzer Bürgerrechtler. Was tut sie? Sie geht weiter und meint zu ihren Kindern, dass das nichts mit ihnen zu tun habe. Sie geht weiter – ihren Weg. Ist Hidden Figures zu positiv?
Nein! Regisseur Theodore Melfi schlägt einfach einen anderen Weg ein. Das Kunststück dabei ist, das Hidden Figures dadurch kein bisschen an Aussagekraft verliert. Um einen entdramatisierten Weichspüler eines dunklen Kapitels handelt es sich nicht. Viel mehr um eine andere Perspektive.
Was Hidden Figures auszeichnet sind die Figuren. Nicht die Zahlen – sondern die drei Hauptcharaktere: Katherine Johnson ist der Ruhepunkt des Trios. Dorothy (Octavia Spencer) macht die Ansagen, übernimmt die Mutterrolle. Mary hingegen ist lebendig, frech und leidenschaftlich. Das Zusammenspiel des Dreierbundes macht große Freude und sorgt für Good Vibrations.
Nicht nur Astronaut John Glenn ist entzückt von den drei, auch wir sind es: Schon nach der ersten Szene kann man die Drei nur lieb haben. Besonders Mary Jackson, gespielt von Janelle Monáe sorgt mit ihren spitzfindigen Einwänden dafür, dass es der Story nicht an intelligentem Witz und Charme fehlt. Neben einem ordentlich spannenden Showdown haben ein oder zwei emotionale Szenen Tränen-Potenzial, das auch auf das Konto des Nebendarstellers Mahershala Ali gehen.
Auch Kevin Costner gibt in der Rolle von Katherines Boss eine stattliche Leistung ab. Al Harrison scheint mit seiner grauen Kurzhaarfrisur und seinem Faible für großspuriges Kaugummi-Kauen der Archetyp des herrisch-maskulinen Chefs zu sein. Eine Ansprache an sein Wissenschaftler-Team beenden diese pflichtbewusst schon mal mit „Amen“.
Tatsächlich zählt für ihn jedoch weniger sein Ego, als die amerikanische Eroberung des Weltalls. Zwar mag auch er, genau wie sein Kollege Paul Stafford (Jim Parsons), Vorurteile gegenüber Afroamerikanern haben, doch lässt er sich spätestens durch Leistung eines Besseren belehren. Und gerade das, macht ihn zu einem Charakter, den man gut leiden kann.
Kirsten Dunst, die die Ober-Chefin der Gruppe afroamerikanischer weiblicher Mathe-Genies spielt, macht einen wenig überzeugenden Eindruck. Im Film funktioniert sie lediglich als Überbringerin von neuen Arbeitsaufträgen oder Beförderungen und macht dabei einen meist gequälten Eindruck.
Trotz der guten Umsetzung des Films ist Kritik an der Handlung angebracht. Denn Hidden Figures ist äußerst vorhersehbar. Überraschungen gibt es keine – das Ende des Films ist von Anfang an klar. Klassisches Hollywood-Kino eben. Ein wenig mehr Ups and Downs hätten jedoch sicher nicht geschadet. Stattdessen plätschert die Handlung sachte dem zu erwartenden Ende entgegen, ist jedoch stets unterhaltsam.
Am Ende des Films steht eine altbekannte Botschaft, die in Zeiten des Rechtsrucks der USA jedoch von neuer Aktualität ist:
Wir leben das Unmögliche.
Ein Ingenieur im Gespräch mit Mary
Ein Mensch im Weltraum war bis dato undenkbar, eine schwarze Wissenschaftlerin auch. Aber ohne den Mut und Grips von Katherine, Dorothy und Mary würde kein amerikanischer Astronaut den Orbit umkreisen – so die ermutigende Botschaft des Films, der auf wahren Begebenheiten beruht.
Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen ist ein optimistischer Film, der den Ernst des thematisierten Rassismus keinesfalls missachtet. Dabei ist das Drama angenehm unaufgeregt und realitätsnah – wenn auch vorhersehbar. Im Mittelpunkt steht die Freundschaft dreier schwarzer NASA-Wissenschaftlerinnen, die sich mit Selbstbewusstsein, Ehrgeiz und Kampfeswillen das nehmen, was ihnen zusteht. Dabei betont Regisseur Theodore Melfi Positives statt die Abgründe des Rassenhasses in den Vordergrund zu stellen. Kitschig wird es dabei aber nicht. Stattdessen gelingt Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen der Spagat zwischen Feel Good Movie und historischem Drama.
Artikel vom 18. Januar 2017
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