6.1/10

Kritik: Malcolm & Marie

PARFUMWERBUNG – DER FILM

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Genres: Drama, Romanze, Startdatum: 05.02.2021

Interessante Fakten für…

  • Der Altersunterschied von 12 Jahren zwischen John David Washington (35) und Zendaya (23) sorgte für einige Kontroversen. Zendaya wies die Kritik zurück: die Leute seien “nicht bereit”, sie als Erwachsene zu sehen.
  • Eines der wenigen Netflix-Originale, die auf 35 mm gedreht wurden.

Der erste Hollywoodfilm, der komplett während der Pandemie entstanden ist, von der Idee bis zur Netflix-Veröffentlichung. Was das schwarz-weiße Kammerspiel um einen nächtlichen Beziehungsstreit taugt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

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Darum geht’s

Am Abend nach der erfolgreichen Premiere seines neuen Films kommen der junge, aufstrebende Regisseur Malcolm (John David Washington) und seine Freundin Marie (Zendaya) nach Hause. Malcolm ist noch voller Energie und berauscht von der Premiere und den Gesprächen mit der Presse, dreht laute Musik auf, tanzt durch das Haus und hält wilde Monologe. Marie hingegen ist sichtlich schlecht gelaunt. Auf der Premiere ist etwas vorgefallen, dass zu einem sich bis tief in die Nacht ziehenden Streit zwischen den beiden führt.

Und das ist dann auch bereits alles, was passiert. Die Handlung von Malcolm & Marie ist denkbar einfach wiederzugeben: ein Paar streitet sich 106 Minuten lang. Fokus des Beziehungsdramas liegt entsprechend nicht auf der Handlung, sondern auf der Charakterzeichnung. Oder: das sollte er eigentlich.

Style an erster Stelle

Der Film beginnt mit einer statischen Einstellung eines luxuriösen Bungalows im Nirgendwo. Sofort ist unverkennbar, den Machern war es extrem wichtig, wie ihr Film aussieht: Über das stille Bild des Hauses werden die Eröffnungscredits gelegt, die im Stile des klassischen Hollywoods einer vergangenen Ära gestaltet sind.

Als die Scheinwerfer eines Autos am Ende der Zufahrt aufleuchten, erfahren wir sogar noch, dass alles mit Arricam-Lite-Kameras und Zeiss Super-Speeds-Objektiven auf 35mm-Film gedreht wurde. Diese Information ist symptomatisch für das erste große Problem des Films. Die visuelle Umsetzung und Gestaltung sind viel zu sehr Selbstzweck. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, dass die wichtigste Frage, die sich die Macher gestellt haben, war: “Sieht das cool aus?”

Ein Beispiel: Zu Beginn des Films gibt es eine sehr lange Einstellung, die ohne Schnitt das Geschehen im Haus filmt. Von draußen. Wieso von draußen? Die Kamera war zuvor bereits mit den beiden im Haus gewesen. Ein Schnitt wieder aus dem Gebäude macht hier keinen Sinn und ist durch nichts anderes motiviert, als dass es halt irgendwie schick aussieht.

Das Ganze ist jedoch nicht nur ein Problem der Kamera. Auch die Lichtarbeit ist zu gewollt. Klar sieht das sehr ästhetisch aus, wie das Haus in Schwarz-weiß ausgeleuchtet ist. Aber man fragt sich schon, wer die mindestens fünfstellige Stromrechnung dieser nächtlichen Flutlichtorgien bezahlt. Vieles an Malcolm & Marie ist einfach viel zu sehr Modemagazincoverfoto und Parfumwerbung und zu wenig überzeugender Film. Zu sehr “Style over Substance”.

„Ich schick ihr Herzemojis, weil ich ehrlich gesagt nicht weiß, was ich darauf antworten soll.“

Malcolm in Malcolm & Marie

Achtung: Schauspiel!

Das Gezwungene der Inszenierung trifft leider auch auf das Schauspiel zu. Malcolm & Marie ist ein inhaltlich stark reduziertes Kammerspiel und setzt als solches vor allem auf Psychologie und Figurenzeichnung. Entsprechend drastisch schlägt dann zu Buche, wenn das Schauspiel das nicht trägt.

Auch Zendaya, aber vor allem John David Washington wirkt in seinem Spiel die ganze Zeit extrem gezwungen und unnatürlich. Dabei sind beide keineswegs schlecht und spielen sehr eindrücklich den oft hölzernen Text. Aber leider vergisst man nie: sie spielen. Beide Darstellungen wirken leider zu oft ganz leicht daneben und dadurch leider zu widerständig.

Gutes Schauspiel deklamiert nicht mit jeder Armbewegung, jedem Blick und jedem Satz, dass es gut ist. Gutes Schauspiel bemerkt man nicht, weil man vergisst, dass es Schauspiel ist. John David Washington haut in jeder Szene so richtig rein, zieht alle Register. Und winkt mit allen Zaunpfählen: “Hallo, ich bin ein guter Schauspieler!” Und man sieht doch leider nur genau das: Einen Schauspieler.

Folge dessen ist leider auch, dass viele intime und nahe Momente geradezu unangenehm wirken. Das wäre aber noch irgendwie hinnehmbar. Wirklich unschön ist, dass der Film dann auch noch sexistische Klischeebilder reproduziert, während seine Charaktere sich total abgeklärt über die sexualisierte Darstellung von Frauen im Film unterhalten. So ist es auffällig, dass es wieder mal die Frau ist, die nackt in der Wanne sitzt, dann halb nass und mit harten Nippeln unter dem Shirt auf die Terrasse kommt, während der Mann fast den ganzen Film über in Hemd und Krawatte herumläuft. Diese klare Rollenzuweisung durch Kostüm bleibt bis zum Schluss erhalten. Unschön. So reproduziert man Stereotype.

Metamäßig abgeklärt

Zu Beginn des Films erklärt Regisseur Malcolm in einer aufgebrachten Rede, dass er es leid sei, immer mit vornehmlichen schwarzen Regisseuren verglichen zu werden. Er sehe sich vielmehr in einer Tradition von William Wilder und sei an allgemein menschlichen Geschichten interessiert, nicht an Politik.

Regisseur Sam Levinson lädt damit nicht besonders subtil dazu ein, diese ausführlichen und wiederholten Kommentare auf die Filmbranche und die Absichten eines Regisseurs auf den vorliegenden Film selbst auszulegen. Derartiges Metagerede ist hier doppelt schwierig. Zum einen ist es an sich nicht einfach, gut und clever und auch noch interessant im Film über Film zu sprechen. (Wenige schaffen das so unterhaltsam wie Tarantino.) Das wirkt schnell öde, ermüdend und im schlimmsten Falle egozentrisch. Zum anderen haftet großen Vergleichen schnell etwas Vermessenes an. Beides trifft hier zu.

Malcolm lässt so viele Namen fallen, von William Wilder bis Spike Lee, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Ein großer Unterschied steht aber fest: Eitelkeit. So setzt beispielsweise Lee, so stilisiert seine Filme oft auch daherkommen, visuelle Mittel immer zum Zweck der Handlung ein, nicht weil es halt schick ausschaut.

Fazit

6.1/10
Ganz okay
Community-Rating:
Handlung 7.5/10
Schauspiel 5.5/10
Visuelle Umsetzung 5/10
Emotionen 6/10
Dialoge 6.5/10
Details:
Regisseur: Sam Levinson,
FSK: 12 Filmlänge: 106 Min.
Besetzung: John David Washington, Zendaya,

Angestrengter Versuch

Im Prinzip sind Filme wie Malcolm & Marie doch sehr zu begrüßen. Die Fokussierung auf Charaktere und Dialoge, die Rückbesinnung auf klassisches Kino ist an sich ist sehr angenehm und ein lohnendes Unterfangen. Hier ist leider nur zu viel Blendwerk, zu viel Chichi vorhanden. So gehen die paar psychologische Momente und Beobachtungen, die sehr gut gelungen sind, ziemlich unter; sie werden entweder von mit Referenzen überladenen Dialogen verdeckt oder durch angestrengt unglaubwürdiges Schauspiel überlagert. Wer nur eine Aneinanderreihung stylischer Bilder sehen möchte, aber gerade keine Vogue zur Hand hat, kann einschalten. Von Kino, das sich selbst so ernst nimmt, sollte man aber mehr erwarten.

Artikel vom 12. Februar 2021

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