6.1/10

Kritik: Salem’s Lot

BLEED AMERICAN

Genres: Horror, Startdatum: 31.10.2024

Interessante Fakten für…

  • Erklärtes Ziel des Regisseurs war es, nach der Romantisierung des Vampirs in den letzten Jahrzehnten eine Rückkehr zum gruseligen Blutsauger einzuläuten.
  • Für William Sadler (als Sheriff Gillespie) ist dies bereits der vierte Auftritt in einer Kin-Verfilmung.

Der untote Autor: Stephen Kings Bücher sterben nicht und erstehen in Verfilmungen immer wieder auf. Die dritte Inkarnation von “Salem’s Lot” hat das Leben aus der Vorlage gesaugt und ist ein straighter Vampir-Film.

Avatar-Foto
#Kinogänger #Klassiker #Trashfan

Darum geht’s

In Jerusalem’s Lot ist die Welt scheinbar noch in Ordnung. Doch ein düsterer Schleier liegt über der Stadt seit ein unbekannter Europäer das Marsten-Anwesen auf dem Hügel erstanden hat. Der Schriftsteller Ben Mears (Lewis Pullman) erkennt seine ehemalige Heimat nicht wieder, als er zurückkehrt. Gemeinsam mit Susan (Makenzie Leigh) beginnt er zu forschen, als Menschen verschwinden oder mit Bissspuren aufgefunden werden. Die Polizei glaubt nicht an derartige Geschichten, doch Ben und seine Freunde sind sich sicher – hier sind Vampire am Werk.

King ohne Ende

Stephen King ist ein komischer Kauz. Er schreibt und schreibt, als gälte es, vor den Verfilmungen davonzulaufen. Jedes mal wenn der Wikipedia-Artikel der King-Verfilmungen um eine Zeile wächst, hat der Autor bereits ein neues Buch nachgelegt. Bemerkenswerterweise klammert er sich nicht an sein literarisches Werk sondern sieht gelassen dabei zu, wie es Meter um Meter verfilmt wird. Anschließend äußert sich der Schriftsteller gelegentlich über die Leinwand-Umsetzung, mal mehr, mal weniger wohlwollend. Dieser Zen-gleiche Frieden ist beneidenswert, ruhig zuzusehen wie jahrelang hart erarbeitete Produkte zu teils hoffnungslosem Grusel-Schund verwurstet werden. Salem’s Lot ist bereits die dritte Verfilmung des Stoffes. King, Vampire und Remake – Welches Studio kann diesem Dreigespann widerstehen?

Der Plot ist geradelienig und verzichtet auf einige Elemente der Vorlage. Warum Ben in die Stadt seiner Kindheit zurückkehrt, erfahren wir nicht. Warum er sich besonders für die Villa auf dem Hügel interessiert, auch nicht. Bei fast zwei Stunden Spielzeit hätte für diese Rückblende Zeit sein müssen, da sie sowohl Ben als auch dem Marsten-Anwesen Tiefe verliehen hätte.

Stadt der Vampire

Zwar gibt es diesmal kein Spukhaus, doch an anderen Archetypen aus dem King’schen Kosmos mangelt es nicht. Eine Kleinstadt in Maine, gemobbte Schüler, ein gutherziger Englischlehrer, ein Schriftsteller als Hauptfigur, Alkoholmissbrauch, klammernde Mütter… auch hier scheint die Geschichte eher der Biographie als der Fantasie des Autors zu entspringen. Auch filmisch ist kein Ausbrechen aus bekannten Bildern oder Storytelling zu erleben. Doch gruselt es wenigstens? Überraschenderweise ja, auch wenn der Film die mythische Aufladung der Marsten-Villa ignoriert, schafft es der Regisseur, mit schummrigen Lichteffekten einen Grusel zu erzeugen, der sich auf die Zuschauer:innen überträgt – Wer erinnert sich nicht an das schaurige Gefühl als Kind auf der Kellertreppe?

Gary Daubmann sitzt erst das zweite mal auf dem Regiestuhl, doch hat die Drehbücher erfolgreicher Horror-Hits der letzten Dekade verfasst (Annabelle, The Nun, ES). Doch im Gegensatz zum schwelenden Unbehagen, welches sich in diesen Filmen langsam in die Welt der Lebenden ausbreitet, kommt der Schrecken in Salem’s Lot direkt von vorne. Anders als in vielen anderen Vampir-Filmen ist der Kill Count hoch, denn der Plot spielt eine häufig leider vernachlässigte Karte der Blutsauger-Tradition: die virale Ausbreitung des Blutdursts. Vampir beißt Mensch, Mensch wird zu Vampir, Vampir beißt Mensch und der Zyklus beginnt von vorne. Salem’s Lot führt diese Logik konsequent fort und im Verlauf des Films übernimmt die Vampirbevölkerung die Stadt. Ein beängstigender Gedanke, der gut, aber nicht perfekt umgesetzt ist. Momente, die die Verwaisung des Stadtbilds während der Sonnenstunden zeigen, wären ein schöner Akzent gewesen. Was wir nicht sehen, wird jedoch erzählt.

Sterbendes Amerika

Als Sheriff Gillespie schließlich das Handtuch wirft, können zwei seiner Mitbürger:innen es nicht glauben. Wie kann ausgerechnet die kleinstädtische Autoritätsfigur aufgeben, in seinen Wagen steigen und die Heimat hinter sich lassen? Aus Gillespie ergießt sich aufgestauter Frust: Die Vampire konnten die Stadt doch nur erobern, weil sie längst tot war. Jerusalem’s Lot, diese Vorzeigesiedlung, tot? Ja, bekräftigt der Sheriff. Und so wird es sich in ganz Amerika fortsetzen. Harte Zeilen, ein unerwarteter Bruch mit dem Fantasy-Stoff. Die Vampire werden zur Allegorie für eine zerstörerische Kraft, die in eine Gesellschaft eindringen kann, welche sich bereits aufgegeben hat.

Harter Tobak, doch verbildlicht von der Figur Susan, die es einst bis nach Boston schaffte, dann jedoch zurückkehrte, um sich um ihren kranken Vater zu kümmern. Nun träumt sie als Sekretärin vom großen Ausbruch ins Leben. Eine Figur wie aus einem schlechten (oder einem besonders guten?) Bruce Springsteen-Song. Sie ist das Symbol für die Lebenskraft, die immer noch in Jerusalem’s Lot steckt. Und sie verliebt sich Hals über Kopf, als eines Tages Ben Mears in ihr Büro tritt. Nein, halt! Sie interessiert sich erst für ihn, als sie herausfindet, dass er ein berühmter Schriftsteller ist. Still a better love story than Twilight.

Fazit

6.1/10
Mäßig
Community-Rating:
Spannung 6.5/10
Handlung 5/10
Visuelle Umsetzung 7/10
Atmosphäre 5.5/10
Horror 6.5/10
Details:
Regisseur: Gary Dauberman,
FSK: 16 Filmlänge: 113 Min.
Besetzung: Alfre Woodard, Bill Camp, John Benjamin Hickey, Jordan Preston Carter, Lewis Pullman, Makenzie Leigh, Nicholas Crovetti,

Obwohl der Plot sehr geradlinig erzählt und wenig überraschend ist, gelingt es ihm doch einige Feinheiten des Genres umzusetzen. Die virale Ausbreitung, der Wechsel zwischen Tag und Nacht, der Vampirismus als Symptom einer Gesellschaft im Verfall – Salem’s Lot ist ein Film von Vampirfans. Doch ist die Story zwischen den Zeilen blutleer. Das Schauspiel ist gut, doch kann den konventionellen Plot nicht aufwerten. Es ist eine typische King-Verfilmung der zweiten Reihe, in der regelmäßig Reinkarnationen der Filme erscheinen.

Artikel vom 7. November 2024

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

4001Reviews.de (V4) – Seit 2015