Kritik: Star Wars: Die letzten Jedi
DIESER ‘STAR WARS’ POLARISIERT DIE FANS
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Der obligatorische Star Wars-Prolog fällt dieses Mal nicht sonderlich umfangreich aus. Tatsächlich setzt der Film kurz nach den Ereignissen aus Episode 7 ein. Ohne zu viel zu verraten: Die Erste Ordnung regiert und der Stützpunkt der Rebellen ist aufgeflogen. Leia (Carrie Fisher) und ihren Anhängern bleibt nur noch die Flucht.
Währenddessen versucht Rey (Daisy Ridley) den gebrochenen Luke Skywalker (Mark Hamill) dazu zu bewegen, der Rebellion beizutreten und ihr Lehrmeister zu werden. Doch Luke hat schon vor langer Zeit resigniert – und das nicht ohne Grund…
Walt Disney ist wandlungsfähig: Nach dem dreckigen und bodenständigen Spin-Off Rogue One, gibt’s mit Star Wars: Die letzten Jedi (bzw. Star Wars: Episode VIII – The Last Jedi) wieder eine nostalgische Märchenstunde. Die Figuren erfüllen (auf den ersten Blick) ihre scharf gezeichneten Schwarz-Weiß-Rollen, der Pathos dröhnt in Forte Fortissimo und die Macht ist natürlich allgegenwärtig.
Wem Gareth Edwards kühle Interpretation des Star Wars-Universums zu nüchtern war, der wird sich an Rian Johnsons Detailverliebtheit gar nicht sattsehen können. Furchterregende Sternenzerstörer, umwerfende Settings, handgemachte Puppen und Masken – ebenso wie sein Vorgänger J.J. Abrams, kombiniert Rian Johnson (führte u.a. Regie bei der hochgelobten Breaking Bad-Folge Ozymandias) die besten Errungenschaften aus Spezial- und Computereffekten der letzten 40 Jahre, um dem typischen Franchise-Look trotz neuer Technologien gerecht zu werden. So verdammt gut sah noch kein Star Wars aus!
Wer sich vor CGI-Cameos aus dem Uncanny Valley fürchtet, kann beruhigt sein: Computer-Verjüngungen von beliebten Charakteren gibt es in diesem Film nicht – was nicht bedeutet, dass es keine Überraschungsauftritte gibt.
Sobald man die bequemste Position im Kinosessel eingenommen hat, sich eine Nerd-Träne von der 3D-Brille wischt und den Ausgang der Handlung prognostiziert, wird man plötzlich aus der wohl behüteten Franchise-Blase gerissen. Man braucht ein paar Augenblicke für die Schlussfolgerung, doch Episode 8 traut sich tatsächlich Dinge zu zeigen, die man zuvor in keinem Star Wars-Film gesehen hat. Verrückt!
Johnson bedient sich immer wieder einer surrealen und hypnotisierenden Filmsprache, die vor allem den Handlungsstrang von Rey und Luke erzählt. Er schafft es tatsächlich, John Williams Orchester-Gewitter für ein paar Sekunden komplett zum Schweigen zu bringen. Und dann sprechen nur die Bilder Emotionen, dringen in die Psyche der Charaktere ein und zerlegen die Mythologie in abstraktere Einzelteile. Nach ein paar Sekunden ist der Spuk wieder zu Ende und die Weltraum-Oper vertraut seiner etablierten und groß ausgelegten Blockbuster-Inszenierung.
Während Abrams mit Das Erwachen der Macht einen auf Hochglanz polierten und ultracharmanten Fan-Service ablieferte, traut sich Johnson in neue Gefilde. Plump formuliert: Johnson hat ganz schön Eier. Er selbst schrieb das Drehbuch und trifft während des Films mehrere Entscheidungen, die keiner hätte kommen sehen.
Hier kann auch gleich eingeräumt werden: Die letzten Jedi ist kein neuer Imperium. Bis auf ein paar Call-Backs erzählt der achte Episodenfilm eine komplett neue Geschichte, die über 152 Minuten Laufzeit mehrere wuchtige Richtungswechsel einschlägt. Da kann dem sensiblen Fan-Gemüt doch sehr schnell übel werden. Das schwere und konservative Star-Wars-Publikum ist diesen Eigenwillen nicht gewohnt. Letztendlich ist Episode 8 aber genau das, wonach jeder nach Episode 7 leise geächzt hat: Unberechenbar und neu.
Dieser Film wird die Fan-Community ohne Zweifel spalten. Heiße Diskussion über Offenbarungen, Ereignisse und neu etablierte Charakterfähigkeiten sorgen für reichlich neuen Gesprächsstoff. Aus dramaturgischer Sicht sind Johnsons Entscheidungen kongenial. Sein bewusstes Spiel mit den Erwartungen der Fans wird ihm jedoch auch viele Feinde schaffen.
So ein gutes Line-Up hatte vermutlich noch kein anderer Star Wars-Film. Die Lücke von Han Solo wird durch den hitzköpfigen Oscar Isaac als Poe Dameron vorbildlich gefüllt, während insbesondere Mark Hamill aus der alten Generation am meisten heraussticht. Tatsächlich ist Luke in Die Letzten Jedi ein interessanterer und komplexerer Charakter als in seinen jungen Jahren. Carrie Fisher nimmt in diesem Film natürlich einen besonderen Platz ein, der hier aber nicht weiter besprochen werden soll.
Daisy Ridley und John Boyega zeigen ebenfalls eine reifere und rundere Performance. Boyega legt sein Overacting endgültig ab und Ridley verleiht ihrem Charakter Rey neue und spannende Facetten.
Besonders viel Spaß macht die dunkle Seite des Casts: Adam Driver als verletzlicher und bipolarer Kylo Ren ist ein absoluter Gewinn für die Star Wars-Saga und seine Sticheleien mit General Hux (Domhnall Gleeson) sind einfach nur herrlich.
Auf der Seite der Rebellion bekommt Vizeadmiralin Amilyn Holdo (Laura Dern) genug Screentime, um einen undurchsichtigen und spannenden Charakter zu etablieren – auch wenn ihre Erscheinung vorerst auf ein Crossover mit Die Tribute von Panem deutet.
Der Handlungsstrang um Finn und Neuzugang Rose (dennoch sympathisch gespielt von Kelly Marie Tran) kämpft stark um seine Daseinsberechtigung. Während er in der ersten Hälfte die Dramatik der Geschichte unnötig ausbremst und droht belanglos und ermüdend zu wirken, gewinnt er in der zweiten Hälfte durchaus an Fahrt – nur um dann wieder ins Nichts zu laufen. Die Einführung von Benicio Del Toro als stotternder Meisterhacker ist vielversprechend, enttäuscht aber durch einen inkonsistenten Charakterbogen. Eventuell gibt Episode 9 dieser Nebengeschichte ein größeres Pay-Off.
Die zweite Hälfte des Films ist zum Glück die stärkere. Während Das Erwachen der Macht vor allem durch einen großartigen Einstieg in die Geschichte bestach, aber gegen Ende etwas an Euphorie verlor, ist es bei Die letzten Jedi genau umgekehrt. Je näher sich der Film dem Ende nähert, desto mehr investiert man in Story und Charaktere – obendrauf gibt’s zwei großartige Action-Sequenzen, die das Blut in Wallung bringen. Die letzte halbe Stunde ist pures Mitfiebern, gepaart mit Gänsehaut und nostalgischem Pathos. Zwar verabschiedet sich Die letzten Jedi nicht mit dem Adrenalin-Kick eines Rogue One, kann aber auch ganz ohne subjektive Fan-Meinung als verdammt episch bezeichnet werden.
Wer sich ein angenehmes und vertrautes Nostalgie-Fest à la Das Erwachen der Macht wünscht, wird mit Die letzten Jedi vor den Kopf gestoßen. Regisseur Rian Johnson treibt das Franchise in eine mutige, neue Richtung, spielt mit den Erwartungen der Fans und verleiht dem Universum seinen eigenen Stempel. Damit wird sich Johnson zwar einige Feinde machen – dennoch wird Episode 8, im Gegensatz zu Episode 7, über die Zeit der relevantere und wichtigere Star Wars-Film sein. Da ist es schon beinahe enttäuschend, dass für Episode 9 erneut J.J. Abrams übernimmt. Dafür sehen wir Johnson spätestens wieder pünktlich zu Episode 10.
Artikel vom 12. Dezember 2017
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