6.6/10

Kritik: Talk to Me

TIKTALK TO ME

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Genres: Horror, Startdatum: 27.07.2023

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Wenn YouTuber Filme machen und Bücher schreiben, ist normalerweise höchstens die Vermarktung des Ergebnisses beeindruckend. Das Regiedebüt der Australier Danny and Michael Philippou überrascht daher sehr! Wieso “Talk to Me” ein wirklich passabler Horrorfilm ist, den man sich trotz einiger Schwächen anschauen sollte, erfährst du in der Kritik.

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#KebabimKino #Arthaus #Cronenberg

Darum geht’s

Ein ganz normaler Abend in einer namenlosen australischen Kleinstadt. Für Teenager wie Mia (Sophie Wilde) und Jade (Alexandra Jensen) gibt es nicht viel zu tun. Da kommen die Partys mit Geisterbeschwörung in der Nachbarschaft, die plötzlich viral gehen, wie gerufen! Endlich eine Ablenkung von der Langeweile, der Tristesse und eventuell auch noch dem ein oder anderen emotionalen Trauma. Mia ist sofort begeistert und will auch an dem okkulten Ritual, in dessen Zentrum eine unscheinbare Gipshand steht, teilnehmen. Jade ist skeptisch und überzeugt, dass die Videos sowieso nicht echt sind. Doch schließlich gehen die beiden auf die nächste Séance-Sause – und müssen schnell feststellen, dass sie nicht bereit waren für das, was sie dort erleben…

Der Horror des Viralen

Die australischen Zwillingsbrüder Danny und Michael Philippou waren bisher vor allem für ihre viralen YouTube-Videos bekannt, zumindest in Australien. Unter dem Namen “RackaRacka” veröffentlichen sie regelmäßig Kurzfilmchen, die millionenfach angesehen werden. Mit Talk to Me debütieren sie nun im Genre des Langspielfilms – und bleiben dabei angenehm kurz. In einer Zeit, in der jeder zweite Hollywood-Film, von Avatar 2: The Way of Water (2022) bis Oppenheimer (2023), die Frechheit besitzt, die Zwei-Stunden-Marke weit zu überschreiten, wenn es fast zum guten Ton zu gehören scheint, dem Publikum durch absurde Überlängen die Lebenszeit zu stehlen, dann ist ein klassischer Anderthalbstünder bereits eine freudige Erwähnung wert.

Doch leider bleibt Talk to Me auch inhaltlich knapp. Im Kern des Films schimmert früh das Potential der Idee hervor, das dann zu oft von zu verworrener Mittelmäßigkeit überdeckt wird. Der Film beginnt mit einem Knall. Genauer gesagt: mit brutal blutig endenden Hausparty. Innerhalb weniger Augenblicke schlägt die rauschende Feier in Wahn, Gewalt und Blutvergießen um. Das ist ein hervorragender Auftakt, der neugierig macht auf das, was die Philippou-Zwillinge dem Genre des Teen-Horrors hinzuzufügen haben.

Mit punkiger Energie nehmen sie sich bekannte bekannte Geister- und Grusel-Tropen, geben Social Media hinzu und rühren kräftig um. Das Ziel: die jugendliche Sehnsucht nach extremen Erfahrung durch Überhöhung vorführen. Was Krasses erleben! Yeah! Jugendkultur bis zu ihrer dunkelsten Seite durchspielen. Eine Idee, für die die Regisseure, die ihre Karriere in jugendlichen Jahren damit begannen, bei YouTube Wrestling-Videos zu veröffentlichen, in denen sie sich und die Einrichtung zerlegten, eigentlich prädestiniert sind. Doch Talk to Me verliert sich letztendlich in einer Flut von Blut und Gore und trägt leider zum Überstrapazieren der übernatürlichen Tropen bei, statt sie zu zerlegen oder umzudeuten.

Debüts vor und hinter der Kamera

Der Knall der Eröffnungsszene verklingt schnell. Die Handlung wechselt zu den eigentlichen Protagonisten: einer Gruppe Jugendliche. In deren Zentrum steht die junge Mia, die hervorragend von Sophie Wilde verkörpert wird, die hier ebenfalls ihr Spielfilmdebüt gibt. Der Horror dreht sich um eine in Gips einbalsamierte Hand, die angeblich Geister beschwören kann. Die großartige Idee des Films ist es, die altbekannten Séance-Szenen als Challenge neu zu interpretieren, die in Zeiten viraler Hits und Herausforderungen, online Begeisterungsstürme und Explosionen auslöst.

Um selbst online im Strom des Trends mitzuschwimmen, werden die Geisterbeschwörungen mit dem Smartphone aufgenommen und auf Social Media geteilt. Mia und ihre Freunde lassen sich zu mehr hinreißen, als ihnen gut tut, sobald die Kameras laufen. Eine sehr zeitgenössische Sicht auf die Verlockung von und das Streben nach flüchtigem Ruhm, angetrieben von der berauschenden Mischung aus Adrenalin, Bestätigung und Gruppendruck.

Leider schafft Talk to Me es im Verlauf der Handlung nicht, seinen Horror auch wirklich aus dieser fantastischen Anfangsidee heraus zu entwickeln. Schnell wechselt der Fokus auf vorhersehbare Splatter-Sequenzen und überbordende Gewalt. So gut Make-Up und Effekte auch sind, die Optik vermag nicht darüber hinweg zu täuschen, dass Handlung und Gehalt hauptsächlich aus Schock bestehen – den viralen Trends, die der Film zur Prämisse nimmt, nicht unähnlich.

Besessen von Ruhm und Geistern

Anstatt die Doppeldeutigkeit von Besessenheit nachzugehen, wie etwa das erste Viertel des Films verspricht, folgt bald nur noch eine Aneinanderreihung von optisch hervorragend umgesetzten, aber inhaltlich wahllos wirkenden Geisterbeschwörungsszenen. Als Mia die Regeln der Challenge missachtet und ungewollt die Geister freisetzt, begibt sich die Handlung auf allzu vertrautes Terrain und tappt in die Fallen von Gore und Gimmicks. Es sind die überstrapazierten Jump-Scares, die auch das Potential des Films verschrecken und vertreiben.

Sophie Wildes Schauspiel ist wohl das Beste an Talk to Me, ein ständiger Höhepunkt in einer sonst sehr mittelmäßig flachen Angelegenheit. Das emotionale Gewicht, das sie der Figur der Mia verleiht, wird jedoch durch das Drehbuch untergraben. Die emotionale Resonanz und Verbundenheit, die immer wieder entsteht, bleibt auf Momente beschränkt. Der Handlungsbogen der Figur bleibt unbefriedigend untererforscht.

Das Regiedebüt der Philippou-Brüder ist vielversprechend. Sie haben offensichtlich ein Talent als Filmemacher und ein visuelles Gespür. Letztlich wird Talk to Me durch den Rückgriff auf klischierte Horrormethoden aber ausgebremst. Während die Besessenheit durch die Hand eskaliert, lösen sich Grusel und Spannung in einem Meer von grundloser Gewalt auf und schmälern die Wirkung des Films. Er ist auf keinen Fall ohne Wert, an vielen Stellen bemerkenswert und wird sicher bei einigen auf Anklang stoßen. Doch er könnte eben so viel mehr.

Als der Abspann von Talk to Me läuft, bleibt ein Gefühl der Enttäuschung zurück. Die Ambition des Films, zeitgenössische Themen mit traditionellen Horrorelementen zu verschmelzen, bleibt vor hinter den Möglichkeiten zurück. Der Film hat eine großartige Prämisse, kann dem aber in der Ausführung nicht ganz gerecht werden. Am Ende wirkt Talk to Me leider eher wie eine Genreübung ohne genügend Substanz. Trotz der starken Bildsprache und der guten Ideen fehlt es dem Film an der nötigen Finesse, um ihn auf das Niveau denkwürdiger Horrorklassiker zu heben.

Fazit

6.6/10
Ganz okay
Community-Rating: (1 Votes)
Handlung 6.5/10
Schauspiel 7/10
Visuelle Umsetzung 7.5/10
Horror 5.5/10
Atmosphäre 6.5/10
Details:
Regisseur: Danny Philippou, Michael Philippou,
FSK: 16 Filmlänge: 95 Min.
Besetzung: Alexandra Jensen, Joe Bird, Miranda Otto, Otis Dhanji, Sophie Wilde, Zoe Terakes,

In seinen besten Momenten verkörpert Talk to Me den gewagten Punk-Geist eines Horrorfilms, der sich nicht scheut, Grenzen zu überschreiten. Diese brillanten Momente werden jedoch von einer wenig nuancierten Erzählung mit zu schwachem innerem Zusammenhalt überschattet. Wie eine vielversprechende Band, die ihren Groove noch nicht ganz gefunden hat, haben die Philippou-Brüder Mühe, in ihrer starken visuellen Sprache dann auch eine überzeugende Geschichte zu erzählen. Ein Horrordebüt, das trotz seiner erzählerischen Schwächen visuell vielversprechend ist und neugierig macht auf zukünftige Projekte der Regisseure.

Artikel vom 5. August 2023

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