Kritik: Chainsaw Man – Staffel 1
KETTENSÄGEN-MASSAKER
Jetzt direkt streamen auf:
[jw_add_widget-sc]
Crunchyroll
KETTENSÄGEN-MASSAKER
Jetzt direkt streamen auf:
[jw_add_widget-sc]
Crunchyroll
Der junge Denji hat es schwer. Um die Schulden seines verstorbenen Vaters bei der Yakuza abzuarbeiten, erlegt er gemeinsam mit seinem niedlichen Kettensägen-Hündchen Pochita blutrünstige Teufel. Armut und Hunger machen seine Situation unerträglich. Als er dann auch noch von der Yakuza übers Ohr gehauen und getötet wird, rettet Pochita ihm das Leben und macht ihn zum Kettensägen-Teufel. Teufelsjägerin Makima erkennt sein Potenzial und stellt ihn vor die Wahl: entweder Denji arbeitet für ihre Einheit oder wird selbst getötet.
Kettensägen-Hunde, Zombie-Teufel und Brüste als Motivator? Die Story ist genau so überdreht und irrsinnig, wie sie sich anhört. Auf den ersten Blick wirkt Chainsaw Man wie ein schlechter Witz. Doch lasst euch vom B-Movie Charakter des Animes nicht täuschen, denn hinter den zahlreichen Eiertritten und Enthauptungen steckt mehr Substanz, als man zunächst annimmt.
Denjis (Kikunosuke Toya) Kindheit ist geprägt von Einsamkeit, Gewalt und Armut. Durch den Suizid seines Vaters ist er früh auf sich alleine gestellt, kommt kaum über die Runden und auch sein Gesundheitszustand lässt stark zu wünschen übrig. Nur Pochita leistet ihm Gesellschaft und motiviert ihn dazu, seinen bescheidenen Traum von Brot mit Marmelade weiter zu verfolgen. Mit fast schon absurder Komik wird Denjis miserable Vergangenheit dargestellt und es wird schnell klar, dass der augenscheinlich flache Plot mit viel Tiefgang versehen ist.
Auch die Teufel sind (meistens) nicht nur sinnlos mordende Kreaturen. Aus den Ängsten der Menschen entstanden, sind sie immer nur so stark, wie sie auch furchteinflößend sind. Deswegen ist zum Beispiel der Pistolen-Teufel nicht nur unter Zivilisten, sondern auch unter den Teufelsjäger-Einheiten gefürchtet. Die traurige Realität hinter den Teufeln und das mit ihnen zusammenhängende Leid schaffen eine weitere Dimension an Tiefe in einem Anime, der sich augenscheinlich nur um einen metzelnden Kettensägen-Typ dreht.
Schon Denji allein als Protagonist bietet jede Menge Fläche für Unterhaltung und Charakterentwicklung. Doch neben dem leichtsinnigen Hohlkopf spielen auch andere Figuren eine wichtige Rolle. Mit Power und Aki werden ihm zwei Persönlichkeiten zur Seite gestellt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Power (Fairouz Ai), eine menschenverachtende, kindische Dämonin, hat eine Vorliebe für Blut und süße Kätzchen. Sie ist unhöflich, lügt und wirft mit Essen, aber im Grunde hat sie ein gutes Herz. Aki (Shogo Sakata) ist ein verlässlicher, stoischer und zielstrebiger Teufelsjäger. Seit seine Familie vom Pistolen-Teufel getötet wurde, ist er auf Rache aus. Er erscheint zwar meist unnahbar und cool, schließt Denji und Power aber schnell ins Herz und nimmt sie sogar in seiner Wohnung auf. Der Alltag der kontrastierenden Streithähne sorgt nicht nur für Lacher, sondern formt auch die zarten Anfänge von dem, was man als Familie bezeichnen kann.
Makima (Tomori Kusunoki), Boss der Spezialeinheit und Denjis Angebetete ist ebenfalls besonders erwähnenswert. Sie ist ebenso manipulativ wie furchteinflößend, dominiert gekonnt Verhandlungen mit der Yakuza, geht gemütlich mit ihrer Einheit was trinken und richtet von Zeit zu Zeit ganz besonnen ein paar Leute hin. Autor Fujimoto zeigt mit Makima, wie gut Frauen in der Manga- und Anime-Szene dargestellt werden können, ohne sie unnötig zu sexualisieren oder mit abgedroschenen Klischees zu versehen. Ein Musterbeispiel für eine facettenreiche und interessante weibliche Figur!
Als bekannt wurde, dass Studio MAPPA Chainsaw Man animieren wird, waren viele Fans begeistert. Zu Recht, denn das Studio hinter Jujutsu Kaisen, Dororo, Banana Fish oder Attack on Titan Staffel 4 zieht wieder alle Register. Splatter und Gore werden perfekt in Szene gesetzt, Blut und Eingeweide kommen mehr oder weniger ästhetisch zur Geltung. Die schnellen Cuts in den Actionszenen machen das Kampfgeschehen aufregend und sehenswert. Oft werden wir als Zuschauer:innen rücksichtslos ins Gefecht hinein geworfen und kommen kaum zu Atem. Im Vergleich dazu sind die friedlicheren Szenen (zum Beispiel wie Aki gemütlich auf dem Balkon eine Zigarette raucht) fast schon beruhigend und dazu auch einfach schön anzusehen. Wie gut, dass MAPPA neben dem Animieren von Satoru Gojos Lippen und Eren Jägers “Rumbling” noch Zeit für andere Animes hat!
Die Ankündigung, dass Komponist Kensuke Ushio den Soundtrack von Chainsaw Man übernimmt, hat mich persönlich absolut gehyped. Schon in Animes wie Devilman Crybaby oder A Silent Voice hat der talentierte japanische Musiker auf ganzer Linie überzeugt und einzigartige, ungewöhnliche Sounds geschaffen. Als bekennender Devilman Crybaby Fan hatte ich also gerade an den Soundtrack hohe Erwartungen. Und ich wurde nicht enttäuscht!
Chainsaw Mans Soundtrack setzt sich aus einem wilden Genre Mix von Rock, Techno und Funk (sehr zu empfehlen ist der Song “special division 4”) zusammen, der oft gar nicht genau definierbar ist. Die schnellen Kampfszenen werden von einem beklemmend-coolen elektronischen Bombardement begleitet, das die Geschwindigkeit des Geschehens auf die Spitze treibt. Verzerrtes, abgehacktes Rauschen und irritierende Geräusche, wie zum Beispiel in “chainsaw attacks!”, untermalen das Techno-Spektakel und erinnern unmissverständlich daran, dass der Protagonist zum großen Teil nun mal eine Kettensäge ist. Doch Ushio zeigt, dass er nicht nur lärmen kann, sondern auch dazu in der Lage ist, die feinfühlige Seite des Animes meisterhaft zu unterstreichen. Lieder wie “looking for something” oder “sweet dreams” zeigen die emotionale Seite vieler Szenen und heben die tiefe Emotionalität und die Melancholie der Geschichte ganz behutsam hervor.
Denji, Landmaus oder Stadtmaus? Nach zwölf Folgen atemberaubender Action, jeder Menge Blut, Eingeweiden, Tränen und Lachern war ich von der ersten Staffel Chainsaw Man mehr als begeistert. Der trashige Plot wurde nicht nur gut adaptiert, sondern durch MAPPAs Animationen in seiner ganzen Herrlichkeit entfaltet und bestärkt. Durch die Figuren, ihre Beziehungen untereinander und deren Entwicklung wird allerdings schnell die Tiefe der Geschichte klar, die man keinesfalls unterschätzen darf. Das coole Intro, die künstlerisch ausgereiften Outros und die bedeutungsschwangeren Bilder sind auch losgelöst vom Anime erste Sahne und der Soundtrack rundet das optische Erlebnis perfekt ab. Und auch, wenn die zweite Staffel der Serie noch nicht offiziell angekündigt wurde, gibt Rezes angeteasertes Erscheinen am Ende der letzten Folge Grund zur Annahme, dass die Fortsetzung des Animes nicht weniger nervenaufreibend wird!
Artikel vom 3. Januar 2023
Wow, wusste nicht dass die Musik von Kensuke Ushio ist und der auch die Musik für A silent voice gemacht hat 😯
Bei A Silent Voice war er ja auch sehr ruhig unterwegs. Der Soundtrack von Devilman Crybaby oder Boogiepop & Others ist auch von ihm und sehr zu empfehlen!