5.9/10

Kritik: Good Omens – Staffel 2

ÄRGER IM PARADIES?

Jetzt direkt streamen auf:

[jw_add_widget-sc]

Genres: Drama, Fantasy, Komödie, Startdatum: 28.08.2023

Interessante Fakten für…

  • Neil Gaiman hat gesagt, dass die Staffel 2 eine Brücke zwischen der ersten Staffel und der von ihm und Pratchett geplanten Fortsetzung ist.
  • Madame Tracy (erste Staffel) und der Dämon Shax (zweite Staffel) werden beide von Miranda Richardson gespielt.

Mit der 2 Staffel von “Good Omens” möchte Fantasylegende Neil Gaiman eine Fortsetzung zu seiner und Terry Pratchetts gleichnamiger Novelle veröffentlichen. Mit Erfolg oder hätte man die Geschichte um Dämon Crowley und Engel Erziraphael in Ruhe lassen sollen?

Avatar-Foto
#FantasyFanatic #Comicserien #AfterCredit

Darum geht’s

Der Dämon Crowley (David Tennant) und der Engel Erziraphael (Michael Sheen) haben einen langen Weg hinter sich. Nicht nur begleiten sie die Menschheit seit ihrer Entstehung im Hintergrund, sie haben auch verhindert, dass der Antichrist die Apokalypse einleitet. Da sowohl Himmel als auch Hölle mit der Apokalypse rechneten, mussten Crowley und Erziraphael diese austricksen, damit sie dem Duo nicht an die Kehle gehen. Nun sind sie zwar verbannt, doch dafür können sie ein friedliches Leben in London führen.

Doch schon ein paar Jahre später taucht ein neues Problem auf: Urplötzlich erscheint Erzengel Gabriel (Jon Hamm) vor Erziraphaels Buchladen. Der Schock ist groß, denn dieser ist einer der Oberengel, die auf Erziraphaels Auslöschung beharren. Doch nicht nur ist der Erzengel komplett nackt, er hat auch keine Ahnung, wer er eigentlich ist, oder was er hier zu suchen hat. Und um die Sache noch schlimmer zu machen, suchen ihn Himmel und Hölle, da er der Schlüssel zu einer potenziellen zweiten Apokalypse ist.

Zusammen mit Crowley spricht Erziraphael ein kleines Wunder aus, mit dem sie Gabriel sicher im Buchladen verstecken können, bis sie rausgefunden haben, was mit ihm passiert ist. Doch Crowley macht sich Sorgen: Die verschlagene Dämonin Shax (Miranda Richardson) hat nämlich einen Verdacht…

Gaiman ohne Pratchett

Vor über zwanzig Jahren schrieben die Fantasy-Ikonen Terry Pratchett und Neil Gaiman den Roman Ein gutes Omen. Die freundlichen und zutreffenden Prophezeiungen der Hexe Agnes Spinner, das durch seine satirische, fantasiereiche aber gleichzeitig auch emotionale Geschichte brillierte. Und als Pratchett, der u.a. durch seine legendären Scheibenwelt-Romane bekannt wurde, im Jahr 2015 frühzeitig verstarb, nahm es Gaiman auf sich, die gemeinsame Geschichte originaltreu zu adaptieren. Und tatsächlich wurde die Geschichte um die ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem Engel und einem Dämon 2019 zu einer erfolgreichen Serie auf Amazon Prime adaptiert.

Doch jetzt bleibt nur noch eine Frage offen: Der Roman ist abgeschlossen, was gibt es denn noch zu erzählen? Tja, offenbar gab es nach Gaiman’s Aussage schon frühzeitig Ideen für eine Romanfortsetzung, aus der nie etwas wurde – bis jetzt. Denn Gaiman ist zuversichtlich, diese Ideen in Gold zu verwandeln. Doch kann er alleine dieselbe Magie wiederherstellen? Einerseits hat er bereits Meisterwerke wie The Sandman kreiert. Doch andererseits ist da immer noch die Befürchtung, dass da irgendwas fehlen wird.

Und die Ankündigung, dass die zweite Staffel eher eine Übergangsgeschichte zur eigentlichen Romanfortsetzung sein soll, macht die Sache auch nicht besser…

Haben Sie diesen Engel gesehen?

Erstmal eines Vorweg: Erziraphael und Crowley sind nach wie vor das Beste an der Serie. Die Power-Kombi, bestehend aus dem gutmütigen Engel und dem draufgängerischen Dämon, ist immer noch das Zentrum der komödiantischen und emotionalen Höhepunkte. Das führt auch zu mehreren interessanten Situationen, so wie beispielsweise dem temporären Rollentausch als Crowley sich um Eziraphaels Buchladen kümmern musste, während dieser in Crowley’s Bentley möglichen Hinweisen auf Gabriels Vergangenheit nachging. Und wo wir schon beim Erzengel sind: Ohne Erinnerungen macht der neu gewordene Naivling einen erstaunlich sympathischen Eindruck. Und wenn er Bücher wiederholt fallen lässt, weil ihn das Konzept der Gravitation fasziniert, fragt man sich, ob man ihn nicht behalten kann.

Doch seien wir mal ehrlich: Die Prämisse, dass ein Erzengel ohne Erinnerung auftaucht und Himmel und Hölle nun verrückt spielen, ist nicht überzeugend. Sie kommt aus dem Nichts und wird bis zum Staffelfinale kaum beleuchtet. Tatsächlich ist der Handlungsstrang hier so hauchdünn, dass selbst sechs Episoden dafür zu viel sind. Um das auszugleichen, hat man auf Humor gesetzt, der schon was von einer Sketschshow hat, auf Nebenhandlungen, die kaum storyrelevant sind und auf vergangene Abenteuer des Duos. Letzteres ist an sich nichts Neues, doch was macht die zweite Staffel anders?

Die “Good Omens” Anthologie

Wir sahen bereits Rückblicke aus der Vergangenheit, in denen Crowley und Erziraphael die Entwicklung der Menschen in verschiedenen Zeitaltern beobachten und über die Natur von Gut und Böse philosophierten. Doch gerade die zweite Staffel legt eine deutliche Schippe drauf und zeigt uns größere und längere Einblicke in ein paar der prägendsten Momente, in denen Erziraphael die Güte des Himmels in Frage stellte und Crowley mit seiner eigenen Moral und seiner Loyalität zur Hölle zu hadern hatte. Das führt auch zu einigen interessanten Erzählungen, darunter der “leicht” abgewandelten Geschichte Hiobs, der moralischen Debatte über Grabschändungen und was das Duo noch alles während des zweiten Weltkrieges getrieben hat. Und wem das zu langweilig ist: Es kommen auch Zombie-Nazis vor!

Man könnte erfolgreich eine ganze Serie aus den vergangenen Geschichten des Duos machen. Schwierig wird es erst, wenn man versucht, diese Erzählungen mit der Handlung zur verknüpfen. Diese hängen zwar lose mit dem Mysterium zusammen, wo sich Gabriel vor seinem Gedächtnisverlust getrieben hat und geben auch stärkere Einblicke in des Verhältnis zwischen Crowley und Erziraphael. Doch zum Großteil wirken sie ablenkend und beschreiben nicht die Tiefe des eigentlichen Konfliktes. Im schlimmsten Fall wirken sie wie zusammenhangslose Geschichten.

Also was war denn nun Gaimans Absicht?

Vom Armageddon zur RomCom?

Die menschlichen Nebencharaktere waren schon in Staffel 1 relativ uninteressant, doch sie dienten zumindest der Haupthandlung. In der zweiten Staffel geht sogar letzteres flöten. Stattdessen haben wir Maggie (Maggie Service) und Nina (Nina Sosanya), zwei Ladenbesitzerinnen, die von Crowley und Erziraphael verkuppelt werden sollen. Und wieso sollen sie das? Weil Erziraphael das den Engeln als Notlüge aufgetischt hatte, als sie ein Wunder wirkten, um Gabriel zu verstecken. Mehr braucht es auch nicht um diese lose Nebenhandlung zu rechtfertigen. Und auch wenn die beiden eine größere Rolle im Finale erhalten, so wird daraus nicht mehr als ein bisschen darauf hinzudeuten, in welche Richtung das Verhältnis zwischen Crowley und Erziraphael hinausläuft.

Offenbar scheint es so, als wollte Gaiman diesmal auf die Beziehungen der Charaktere stärker eingehen. War das Verhältnis des Engels und des Dämonen noch sehr ambivalent, so scheint man hier schon klarere Kanten zu setzen. Doch so wie es in der zweiten Staffel präsentierten wird, wirkt es an vielen Stellen einfach ablenkend. Dafür jongliert man hier mit zu vielen erzählerischen Elementen rum als das man dem die entsprechende Tiefe verleihen könnte. Und eine epische Religionssatire über Himmel, Hölle und die Apokalypse auf eine bloße romantische Komödie zu beschränken, wirkt wir ein erheblicher Schritt zurück.

Und dabei spielt es keine Rolle, ob ihre Beziehung romantisch oder platonisch ist – um sich nach all den Ereignissen und dem Weltenaufbau komplett darauf zu fokussieren, ist die Prämisse einfach zu schade.

Fazit

5.9/10
Enttäuschend
Community-Rating: (5 Votes)
Handlung 3.5/10
Charaktere 7/10
Humor 7.5/10
Tiefgang 6/10
Visuelle Umsetzung 5.5/10
Details:

Das die zweite Staffel ein Übergang zur unveröffentlichten zweiten Novelle sein soll, wird hier deutlich sichtbar. Die Handlung der zweiten Staffel wirkt unfertig. Die Prämisse um einen Erzengel mit Gedächtnisverlust erreicht nicht ansatzweise die Bedeutung und den erzählerischen Fokus des Antichristen aus der ersten Staffel. Und auch die Nebenhandlungen und Rückblicke lenken von dieser viel mehr ab, als dass sie das Mysterium fördern. Auch der Humor ist deutlicher ein Hit & Miss.

Dass der Fokus stärker auf das lang diskutierte Verhältnis zwischen Crowley und Erziraphael gelegt wurde, kann die Handlungslücken auch nicht zusammenführen. Zwar sorgt es für ein überraschendes Ende, doch im Allgemeinen bleibt die zweite Staffel nicht überzeugend.

Da kann man nur auf eine bessere Staffel 3 hoffen – und diesmal mit einer anständigen Apokalypse.

Artikel vom 10. August 2023

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

4001Reviews.de (V4) – Seit 2015