8.4/10

Kritik: Happy! – Staffel 2

HAPPY EASTER, EVERYONE!

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Genres: Action, Fantasy, Komödie, Startdatum: 05.06.2019

Interessante Fakten für…

  • Die Figur Happy wurde im Piloten von Bobby Moynihan vertont, bevor er durch Patton Oswalt ersetzt wurde.

Gewalt, Sex und die Abgründe der Menschheit. Was könnte es schöneres geben? Genau das dachten sich wohl die Macher von ‘Happy!’, als sie vergangenes Jahr die wohl abartigste Serie der jüngeren Fernsehgeschichte in den Ring warfen. Nun sind das blaue Einhorn und der misanthropische Ex-Cop wieder am Start und lehren der Unterwelt das Fürchten. Lohnt sich Staffel 2 der polarisierenden Serie? Erfahrt es in unserer Bewertung und Kritik.

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Darum geht’s

Das Leben könnte so schön sein: Nick Sax (brillant wie immer: Christopher Meloni) ist seiner Tochter Hailey (Bryce Lorenzo) zuliebe endlich trocken und hat nun die Zeit, so etwas wie eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Der imaginäre Nervtöter Happy (Stimme: Patton Oswalt) ist auch mit von der Partie, existiert mittlerweile aber nur noch für Nick – was das blaue Einhorn einmal mehr an den Rande des Wahnsinns treibt.

Doch das wäre zu einfach. Denn während der Gauner Mr. Blue (Ritchie Coster) im Knast sitzt, macht ein mysteriöser Massenmörder im Hasenkostüm die Stadt unsicher. Für die katholische Kirche, die kurz vor dem Osterfest steht, natürlich der Supergau. Ein Glück kommt aber Sonny Shine (wahnsinnig: Christopher Fitzgerald) um die Ecke, der mit einer exklusiven Show Ostern “great again” machen will. Das wiederum passt Nick nicht – immerhin war Sonny für die Entführung seiner Tochter Hailey mitverantwortlich…

Böser und besser

Happy! – Staffel 2 macht genau so derb weiter, wie die erste Staffel aufgehört hat. Man sieht es förmlich vor sich, wie die Screenwriter zusammen am Tisch sitzen und sich überlegen, wie man möglichst brutal in die neue Runde starten könnte. Entschieden haben sie sich – haltet euch fest – für eine Handvoll Nonnen, die an Sprenggürtel gefesselt durch die Innenstadt Manhattans rennen und der Reihe nach in wunderbar saftige Blutsalven aufgehen. Ja, auch die neue Staffel hat schlicht und ergreifend einen Sprung in der Schüssel.

Erneut werden die Nerven des Zuschauers (ob nun blutlüstern oder mit schwachem Magen) ordentlich strapaziert. Enthauptete Bösewichte, Knochenbrüche, gehäutete Menschen, Organ-Entnahmen im “Doktor Bibber”-Stil und Fegefeuer-Interpretationen, die Katholik ein paar schlaflose Nächte bereiten dürften. In Staffel 1 stand sich das blutrünstige Treiben immer wieder selbst im Weg und sorgte gerade mit der Hauptthematik dafür, dass nur schwer eine Distanz zum Gesehenen aufgebaut werden konnte. In der zweiten Staffel gelingt dies wesentlich besser.

„Holy giblets! I’m standing in the middle of a goddamned gold mine of blood and guts!“

Nick Sax in Happy!

Humor, der sich entfalten kann

Der Fokus der Geschichte liegt nach den Geschehnissen der vorigen Staffel auf Nick und seiner Tochter, die sich erst einmal aneinander gewöhnen müssen. Diese skurrile, aber nicht unemotionale Vater-Tochter-Geschichte bildet eine ganz andere Basis, als bisher. Während Happy! zuletzt mit seinem Mix aus schwarzem Humor und heftigen Themen wie Kinderentführung und Pädophilie über seine eigenen Beine stolperte, geht es diesbezüglich etwas sanfter zu.

Vor allem der Humor der Serie kann sich nun vollends in einem Lachen entfalten und muss nicht im Hals verharren. Wenn Nick und Hailey etwa zu Beginn gemeinsam ihre Kohle bei Pferderennen verwetten, ist das ein einfallsreicher Bonding-Moment, der nicht nur folgerichtig ist, sondern auch eine Menge Spaß macht. Trotzdem scheut sich die Serie nicht davor, angesichts von Nicks ultrabrutalem Charakter auch einige pädagogischen Fragen anzusprechen: Welchen Einfluss hat das brutale Treiben des Vaters auf das Verhalten der Tochter? Was bedeutet es, wirkliche Verantwortung für sich und andere zu übernehmen? Warum sollte man traumatische Erlebnisse nicht einfach unter den Teppich kehren? Diese Fragen bringen, obgleich nicht immer beantwortet, eine neue Tiefe in die Serie.

Optischer und auditiver Leckerbissen

Eins steht von der ersten Sekunde an fest: Happy! – Staffel 2 ist visuell absolut beeindruckend. Hier wurde in keiner einzigen Szene geschludert. Im Gegenteil: jedes Setting ist mit Liebe zum Detail ausgestattet, die Kamera-Arbeit höchst kreativ und eigenwillig und die Dynamik zwischen Performance und Schnitt ist genau so, wie wir uns das in Zeiten von YouTube auch wünschen. Die Action ist kongenial choreografiert und inszeniert, das Sounddesign so brachial wie der Dickschädel des Protagonisten und die Effekte so lupenrein wie auch wirkungsvoll.

Happy! – Staffel 2 ist einfach eine kreative Wundertüte. Immer wieder wird der Zuschauer in eine dystopische Szenerie nach der anderen entführt, in der sich das Groteske und das Abstoßende freundlich die Hand geben. Das ist manchmal enorm verstörend und manchmal einfach unglaublich überspitzt – reißt aber selten ins schwer Erträgliche aus. So kann man die Staffel schauen, ohne danach den Glauben an das Gute im Menschen zu verlieren. Denn immer dann, wenn es zu wild wird, kommt ein augenzwinkernder One-Liner oder eine Overacting-Performance um die Ecke. Und das funktioniert nicht wegen einem, sondern einer ganzen Riege an phänomenalen Schauspielern.

Christopher Meloni in der Rolle seines Lebens

Quatschkopf und Vollblut-Grimassenschneider Christopher Meloni hat in Happy! tatsächlich seine Paraderolle gefunden. So selbstverständlich gab es wohl nur selten eine Darbietung eines grenzdebilen und so knallharten (Anti-)Helden. Melonis Spiel ist trocken, überspitzt und voller Hingabe. Ob in den Action-Szenen oder emotionalen Momente – der richtige Ton wird immer getroffen und die nächste Lachträne ist nie weit entfernt. Doch nicht nur er, auch die anderen Akteure brennen ein Feuerwerk des Wahnsinns ab.

Ritchie Coster brilliert einmal mehr als (im wahrsten Sinne) zerrissener Antagonist, der zwischen Mafia-Attitude und zerbrechlichem Charakter die volle Bandbreite der Boshaftigkeit ausspielen darf. Überboten wird er diesmal aber tatsächlich noch von Christopher Fitzgerald, der sich für keine noch so absurde Szene zu schade ist und mit seinem unglaublich pointierten Spiel stets die volle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das ist schlichtweg großartig! Patrick Fischler darf einmal mehr den wohl schlimmsten Psychopathen aller Zeiten spielen, bekommt aber überraschenderweise ein paar mehr Facetten spendiert, die seine Figur wesentlich ambivalenter machen. Lili Mirojnick, Bryce Lorenzo und Medina Senghore spielen da meistens verhältnismäßig sanft auf (und das will in Happy! – Staffel 2 wirklich gar nichts heißen), was der Staffel die nötige Erdung gibt, um nicht komplett im überbordenden Ozean der Skurrilität zu versinken.

Fazit

8.4/10
Stark
Community-Rating:
Handlung 8/10
Schauspiel 9/10
Action 8.5/10
Dialoge 8.5/10
Humor 8/10
Details:
Showrunner: Brian Taylor, Grant Morrison,
FSK: 16 Epiosden: 6
Besetzung: Bryce Lorenzo, Christopher Fitzgerald, Christopher Meloni, Patton Oswalt, Ritchie Coster,

Heftiger, witziger besser. Happy! – Staffel 2 legt eine ordentliche Schippe Wahnsinn drauf und lässt ein ultrabrutales Gewalt-Gewitter auf den Zuschauer los. Dabei funktioniert die Kombination aus tiefgehender Geschichte, irren Charakteren und triefenden Blutbädern diesmal wesentlich besser, da sich die Elemente nicht zu sehr im Weg stehen und klar machen: diese Serie ist ein Fest des Überzogenen. Der Klebstoff, der die Nummer blendend zusammenhält, ist dabei ganz klar die Schauspieler-Riege – allen voran Christopher Meloni, der mit einer ungeheuren Energie aufwartet. Die Bilder sind durchdacht, die Action einfallsreich, die Dialoge schneidend wie ein Messer. Happy! – Staffel 2 ist heftige, aber unglaublich witzige Unterhaltung für Erwachsene und spätestens jetzt ein kleiner Geheimtipp für alle Netflix-Freunde.

Artikel vom 27. Juni 2019

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