9.3/10

Kritik: Homecoming – Staffel 1

AUS PODCAST WIRD SERIE

Jetzt direkt streamen auf:

[jw_add_widget-sc]

Genres: Drama, Mystery, Thriller, Startdatum: 22.01.2019

Interessante Fakten für…

  • Spannende Fakten für “Vor dem Watch” werden aktuell für dich vorbereitet. Schau gerne später nochmal hier rein!

Wenn sich Hollywood-Diva Julia Roberts entschließt, erstmalig die Hauptrolle in einer Serie zu spielen und wenn ‘Mr. Robot’-Erfinder und Regisseur Sam Esmail die Sache in die Hand nimmt, dann kann man auf das Ergebnis wirklich gespannt sein. Was ‘Homecoming’ zu einer Perle der aktuellen Serienlandschaft macht, erfahrt ihr in der Kritik.

Darum geht’s

Als sich Eli Horowitz und Micah Bloomberg überlegten, welches Thema für einen Podcast auf iTunes in Hörspielformat geeignet wäre, bot sich eine Handlung an, die sich im Laufe von Gesprächen entwickelt, z.B. Therapeut-Patient Gespräche für Soldaten, die mit Posttraumatischer Belastungsstörung aus Krisengebieten heimkehrten. Was wäre, wenn die Regierung das Problem an ein privates Unternehmen abgäbe, das in einer rechtlich fragwürdigen Grauzone diese Veteranen mit neuartigen Medikamenten behandelt? Es wäre in der amerikanischen Geschichte nicht das erste Mal, dass an Soldaten medizinische Versuche unternommen werden, um sie schneller wieder für den Dienst fit zu machen.

Drei Zeitebenen in drei verschiedenen Bildformaten

In den ersten halbstündigen Episoden lernen wir die Therapeutin Heidi Bergmann (Julia Roberts) kennen, die offensichtlich mit großem Engagement, Feinfühligkeit und Mitgefühl die jungen Männer behandelt. Ihr Chef Colin Belfast (Bobby Cannavale ) nervt am Telefon, befindet sich ständig außerhalb und verlangt konstant dass die Ergebnisse geliefert werden. Ein Patient wächst Heidi besonders ans Herz – Walter Cruz (Stephan James) – ein junger Mann, der sich durch seine Offenheit und Intelligenz von den anderen abhebt. Dieser Handlungsstrang spielt in 2018 und ist im üblichen Breitbildformat gedreht – nicht so wie die andere Handlungsebene.

Die Flashforward-Szenen aus dem Jahr 2022 tauchen immer wieder dazwischen auf und haben ein klaustrophobisches, schmales Hochformat à la Instagram. Hier ist Heidi eine einfache Kellnerin in einem billigen Fischrestaurant. Was ist geschehen? In einer der letzten Episoden wird noch ergänzend erzählt, wie Heidi überhaupt bei dem Homecoming-Projekt gelandet ist – diese wurden im Cinemascope gedreht, also das extra-breite Bildformat aus dem Kino. Jedes Bildformat verleiht der jeweiligen Zeitebene eine ganz eigene Persönlichkeit, von elegant und cinematisch bis roh und authentisch.

Optisch und akustisch ein Genuss

Wie schon in Mr. Robot zeigt Esmail eine außerordentliche optische Kreativität in seinen Schnitten und Kameraeinstellungen, die immer eine jeweilige – inhaltlich zur Szene kommentierende Funktion erfüllen. Sei es die immer wieder vorkommende Eagle-Eye Einstellung direkt von oben oder extreme Nahaufnahmen, bei der die Kamera direkt beim Objekt bleibt. So öffnet eine Episode mit dem Herstellungsweg des mysteriösen Medikaments von der Ernte einer Pflanze im Dschungel, übers Labor bis in die Küche des Instituts, wo es dem Essen der Patienten beigemischt wird. Dieses visuelle Storytelling ist ein echter Genuss.

Auch der Score ist äußerst phantasievoll, mal hämmernd mit verschiedenen Trommeln, mal leise unaufdringlich, mal konventionell klassisch-symphonisch. Viele Szenenwechseln werden von einem Gewitterkrachen und anschließendem Wuschsound eingeleitet, was unterschwellig und in bester Hitchcock-Manier Spannung und Furcht erzeugt. In einer Episode sehen wir zwei Hauptpersonen unabhängig voneinander ein Gebäude betreten und erforschen. Eine Person geht die rechte Treppe hinauf, wo ein Wellnesscenter entstanden ist, mit einer Fülle von Besuchern und aufwändiger Dekoration. Die andere Person wählt die linke Treppe und inspiziert die verlassenen Räume des ehemaligen Homecoming Instituts, alles ist dunkel, farblos und nur noch ein Schatten von dem, was man vorher kennengelernt hat – eine verblasste Erinnerung. Diese parallele Komposition ist einerseits direkt und unverblümt, andererseits auch ästhetisch, bedeutungsvoll und spannend für den Betrachter.

Julia Roberts: Dramaqueen par excellence

Mit dem Mut zur ungeschminkten Abbildung ihres Gesichts, verschiedenen biederen Frisuren und spießiger Kleidung wirkt Roberts in der Rolle der Heidi so überzeugend, dass man in keinem Moment an ihrer Ernsthaftigkeit und Hingabe zweifelt. Allerdings muss Heidi im Laufe der Handlung erkennen, dass sie sich für unlautere Zwecke hat ausnutzen lassen, zeitweilig durchaus bereit war, am Spiel teilzuhaben, bis es zur Krise kommt. Das Jonglieren mit Zeitebenen, Erinnerungen bzw. ausgelöschten Erinnerungen und Emotionen bestimmt den Ablauf der Handlung.

Drei Männer beeinflussen sie auf verschieden Weise: der ihr anvertraute Walter Cruz, zu dem sie Gefühle entwickelt, ihr Chef Colin, der versucht mehr oder wenig erfolgreich ihr Handeln zu beeinflussen und ein Ermittler des Verteidigungsministeriums (Shea Whigham), der 2022 durch eine Beschwerde auf den Fall aufmerksam wird und in unerbittlicher und stiller Beamtenmanier die zum Teil verwischten Spuren wieder aufnimmt. Er wird zum stillen und unauffälligen Helden an Heidis Seite. Doch trotz großartiger Besetzung in allen Nebenrollen trägt Julia Roberts die Serie auf ihren schmalen Schultern – und das mit einer Professionalität und Feinfühligkeit, die ihre wirkliche Klasse als Schauspielerin beweist.

Fazit

9.3/10
Meisterwerk
Community-Rating:
Handlung 9/10
Schauspiel 9.5/10
Visuelle Umsetzung 9.5/10
Tiefgang 9/10
Spannung 9.5/10
Details:
Showrunner: Eli Horowitz, Micah Bloomberg, Sam Esmail,
FSK: 16 Epiosden: 10
Besetzung: Bobby Cannavale, Julia Roberts, Shea Whigham, Stephan James,

‘Homecoming’ Psychodrama statt Action

Die zehn 30-minütigen Folgen der Serie sind für Zuschauer gedacht, die auf Details achten und auf einen schnellen actionreichen Plot verzichten können. Sie werden belohnt mit einer intelligenten dichten Handlung, die sich langsam entfaltet und am Ende viele Fragen und Interpretationswege offen lässt. Eine durchaus lohnenswerte Erfahrung für die fünf Stunden Lebenszeit, die man dafür opfert.

Artikel vom 21. Januar 2019

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

4001Reviews.de (V4) – Seit 2015