Kritik: Lucifer – Staffel 4
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Nach drei Staffeln ist es nun endlich geschehen: Lucifer (Tom Ellis) hat sich vor Chloe Decker (Lauren German) als leibhaftiger Teufel offenbart. Klar muss man sich mit dem zerrütteten Weltbild neu orientieren, weshalb Chloe für längere Zeit entschwindet. Schließlich kommt sie zurück, doch so sehr sie sich bemüht, ihr Verhältnis zu Lucifer hat sich nachhaltig verändert. Zweifel plagen Sie an dem Mann den kannte – oder zu kennen schien. Immerhim eilt ihm sein Ruf als Teufel weit voraus. Diese Zweifel werden noch zusätzlich vom Pharrer Kinley (Graham McTavish, Preacher) weiter angeheizt, der von Lucifers Existenz weis und diesen mit allen Mitteln wieder in die Hölle schicken will…
Wer hätte das gedacht? Auch ein extremer Cliffhanger hat FOX nicht davon abgehalten, Lucifer nach der dritten Staffel abzusetzen. Eine Aktion, die viele Fans erzürnte, die daraufhin ernorme Internetkampagnen zum Erhalt ihres Lieblingsteufels starteten. Mit Erfolg, denn kaum ein Monat später wurde die Serie aufgefangen – und zwar von niemand geringerem als dem Streaming-Giganten Netflix. Nun kann die Serie mit zwei finalen Staffeln zu einem hoffentlich befriedigenden Ende kommen. Staffel 4 ist da auf jeden Fall ein guter Schritt in die richtige Richtung.
Kurioserweise ändert das aber nicht die Streamingplattform, denn Lucifer ist nachwievor Amazon Prime Video Exclusive. Eine teuflisch absurde Situation.
Ein anderer Distributor sorgt für bestimmte Änderungen und da ist Lucifer auch nicht anders. Hierbei gelten die klassischen Netflix-Standards: “Nur” noch 10 Episoden, deutlich fokussierter, charaktergetriebener und mit einer klaren Vorgabe, wann Schluss ist. Die begrenzte Anzahl an Episoden wirkt sich klar vorteilhaft auf die Serie aus, da die Story ohne Verzögerungen weitergehen kann. Und mit der neuen Dynamik der beiden Hauptcharaktere gibt es einiges zu erzählen. Obwohl es nur 10 Episoden sind, hat man dennoch das Gefühl, dass sich die Handlung stärker weiterentwickelt hat als noch die letzte Staffel. Ein überraschend emotionales Ende rundet es noch ab und bereitet gleichzeitig alles für eine kommende fünfte Staffel vor.
Doch nicht nur die Handlung ist deutlich fokussierter. Auch die Charaktere zeigen eine Weiterentwicklung, die seit der letzten Staffel so gut wie angehalten wirkte, da es nun keine Geheimnisse mehr gibt.
Die Therapiestunden bei Linda Martin (Rachael Harris) tragen nun endlich Früchte. Lucifer gibt sich nicht mehr dem verbissenem Konflikt mit seinem Vater hin und betrachtet sein Teufelsdasein auf der Erde deutlich selbstkritischer. Ob dies jetzt für die Menschen gut oder schlecht ist, sei mal so dahingestellt – Eine Entwicklung ist es allemal.
Auch die anderen Charaktere durchlaufenen deutlich sichtbarere Chrarakterzüge. So adaptiert Amenadiel (D.B. Woodside) ein komplett neues Bild von der Menschheit, während er mit Linda Martin ein neues Lebenskapitel aufschlägt. Selbst der in den Hintergrund geratene Polizist und Chloe’s Ex-Mann Dan Espinoza (Kevin Alejandro) bekommt mehr Aufmerksamkeit und Charakterentwicklung. Charlottes Tod hat ihn schwer getroffen und man gibt ihm die Zeit, dies zu verarbeiten. Dies führt zu neuen Kofrontationen mit Lucifer, die man von Dan nicht erwartet hätte, zumal er in der letzten Staffel mehr zu einer Lachnummer wurde.
Wer glaubt, die Enthüllung hätte alle Probleme gelöst, der irrt sich. Chloe hat eine Glaubenskrise und Lucifer muss sich mit der Situation auseinandersetzen. Diese angespannte Ausgangssituation kommt wie gerufen für den Auftritt eines sehr besonderen Charakters: Eva (Inbar Lavi) – Die biblische Eva um genau zu sein. Diese kam aus dem Himmel, um zu Lucifer, ihrer eigentlichen Liebe, zurückzukehren. Einerseits liebenswert und ansteckend heiter, anderseits erschreckend erlebnishungrig, die gerne Lucifers unschöne Seiten entfacht. Ein perfektes Gegenstück zu Chloe, die sonst die guten Seiten von Lucifer hervorbringt. Es ist was sehr bizarr komisches daran, wenn Eva zum Teufel für den Teufel wird.
Vor allem zum Finale hin fühlt es sich endlich so an, dass diesmal wirklich etwas auf dem Spiel steht – Etwas gar auf biblischem Niveau. Jetzt nachdem die Heimlichtuereien durch sind, können die Schwierigkeiten auch mal ausschlaggebender sein. Dies liegt daran, dass Lucifer sich nicht nur intrinsisch mit seiner Rolle als Teufel auseinandersetzen muss, sondern auch nach außen hin, zumal Netflix nicht davor scheut, auch mal visuell etwas mehr zu übertreiben. Dabei greift es auf einen Konflikt hin, der bis zu Staffel 1 reicht: Lucifer war lange mehr in der Hölle und das hat Konsequenzen.
Netflix hat Lucifer nicht nur gerettet, die Streaming-Plattform gab der Serie noch das, was sie so dringend gebraucht hatte. Eine fokussierte Handlung mit weniger Episoden, deutlich mehr Charakterentwicklung und mehr visuelle Eindrücke, die sich FOX nicht getraut hätte. Ab und zu wirken gewisse Fälle noch etwas langgezogen und die Spannung kann dadurch nicht immer gleichmäßig aufrechterhalten werden. Doch das dämmt die klaren Verbesserungen der Serie durch den neuen Distributor keineswegs ein. Alleine Eva wird schon einen bleibenden Eindruck hinterlassen, ganz zu Schweigen von einem sehr ungebändigten Lucifer.
Einer biblischen fünften Staffel steht nun nichts mehr im Wege.
Artikel vom 12. April 2020