Unheilig – Die Serie
Explodierende Prediger, inzestuöse Jesus-Nachfahren und ein wortwörtliches Arschgesicht – Preacher hat einen beeindruckenden Weg hinter sich. Kaum einer hätte es Seth Rogen und Evan Goldberg zugetraut, eine solch authentische Adaption des gleichnamigen Comics in Amazons Streamingdienst zu bringen. Ein herrlich böses Abenteuer, das dennoch nicht vergaß, die nötige Portion Herz hereinzubringen. Jesse, Tulip und Cassidy sind nach wie vor herrlich dysfunktionale Irre, die ihre eigenen Probleme beheben müssen, bevor sie Gott finden und die Erde retten können.
Dennoch fragt man sich dabei langsam, ob man sich hier nicht schneller hätte versöhnen können. Ihre Probleme sind bereits bekannt und hätten in Anbetracht der Lage schneller gelöst werden können. Man hat das Gefühl, dass sich die Handlung gelegentlich in die Länge zieht. Nichts gegen die faszinierenden Hauptfiguren versteht sich.
Aus großer Kraft …
… folgt für gewöhnlich massiver Größenwahn. Glücklicherweise kann Jesse Custer hier immer noch die Waage halten. Nachdem er nun endlich Genesis zurückbekommen hat, müsste es doch wieder einfacher für ihn laufen. Doch genau hier ergibt sich eine sehr clevere Charakterentwicklung. Jesse, der immer noch mit einer gewissen religiösen Überlegenheit nach Gott suchen will, muss sich damit auseinandersetzen, dass allein Genesis nicht reicht, um alles zum Besten zu wenden. Sei es einen Konflikt im Orient zu lösen, oder einem Piloten auf hoher See die Qualen zu lindern, so richtig klappen tut es nicht. Jesse ist schließlich nur ein Mensch. Hinzu kommt, dass die Nutzung von Genesis den Heiligen der Killer (Graham McTavish) auf seine Fersen zieht. Kann Jesse weiterhin seine Macht ausnutzen, wissend, dass er sich dadurch immer mehr zur Zielscheibe macht? Wie viel Menschlichkeit kann er am Schluss noch behalten?
Das sind innere Dämonen, die Jesse noch zu klären hat. Denn schon bald steht er Gott gegenüber.
Und wo wir schon bei Gott sind …
Wo ist Gott? Da ist er ja!
Der Allmächtige, der große Boss! Gott ist endlich erschienen … und er ist böse! Ganz ehrlich, hättet ihr von Preacher etwas anderes erwartet? Die Fassade des liebenden, allmächtigen Vaters ist schnell verflogen und herauskommt ein narzisstisches und manipulatives Manchild, das mit Vergnügen die Apokalypse vorantreibt – und das nicht zum ersten Mal. Ein schlechter Vater ist er auch, der Jesus (Tyson Ritter) ignoriert und nur Augen für den schwachsinnigen Humperdoo hat. Das hat Gott auch verbockt.
Allein seine Darstellung sagt alles, was man über seine Heuchelei wissen muss: Statt einer überwältigenden Entität werden wir ganz und gar mit dem klassischen, weißbärtigen, alten Mann konfrontiert, der aussieht wie ein Obdachloser. Auch seinen Aufenthaltsort mit seinen Schöpfungen beschränkt er auf ein dreckiges Wohnmobil in der Wüste (ein Setting, mit dem vor allem Sam Catlin, als Co-Produzent von Breaking Bad, bestimmt seine Freude hatte).
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!