Kritik: The Flight Attendant – Staffel 1
IST DAS DER NEUE KRIMI-ÜBERFLIEGER?
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Flugbegleiterin Cassie Bowden (Kaley Cuoco) führt ein aufregendes Leben: Dank ihres Jobs reist sie an die spannendsten Orte der Welt, an denen sie mit flüchtigen Bekannten spaßige, oft alkoholreiche Nächte verbringt. So scheint auch erstmal nichts merkwürdig, als sie eines Morgens völlig verkatert in Bangkok neben Alex Sokolov (Michiel Huisman) aufwacht. Nur hat dieser über Nacht das zeitliche gesegnet – aufgeschlitzte Kehle inklusive. Dank eines Filmrisses aus der Hölle kann sich Cassie an nichts mehr erinnern und versucht herauszufinden, was in der mörderischen Nacht passiert ist und ob sie, wie es das FBI vermutet, Alex Sokolov vielleicht sogar selbst umgebracht hat.
Thriller mit einer gehörigen Prise schwarzem Humor erfreuen sich großer Beliebtheit. Schließlich bekommt man hier idealerweise nicht nur einen spannenden Fall, sondern auch den ein oder anderen gut sitzenden Gag geliefert. Schlussendlich steht oder fällt so ein Projekt aber hauptsächlich mit dem besagten Kriminalfall – zieht dieser nicht in den Bann, kann auch die beste Comedy nicht mehr weiterhelfen. The Flight Attendant, basierend auf dem gleichnamigen Buch von Chris Bohjalian und für das Fernsehen von Steve Yockey umgesetzt, kann hier zu größten Teilen punkten.
Das liegt vor allem an der Grundprämisse: Zunächst haben wir einen kniffligen, scheinbar unlösbaren Mordfall. Hinzu kommt eine einzige Zeugin, die sich scheinbar an nichts erinnern kann und dank ihres latenten Alkoholproblems auch noch ein sogenannter Unreliable Narrator – also eine Erzählerin, deren Wort man nicht zu 100 % trauen kann – ist. Paart man das noch mit der partyreichen Leben einer End-Zwanzigerin und bissigem Humor, der sich ständig über die Absurdität der Situation lustig macht, hat man ein ziemlich solide Basis, auf deren Rücken zu großen Teilen eine spannende und unterhaltende Geschichte erzählt wurde.
Wie bereits an einigen Stellen angeklungen ist, spielt Alkohol und Cassies Beziehung zu der legalen Droge in The Flight Attendant eine große Rolle. Zu Beginn wird dieser noch als Vehicle genutzt, um Cassie als cooles Party-Monster und eben unzuverlässige Erzählerin zu platzieren. Doch ja weiter die Serie voranschreitet, desto mehr wird enthüllt, wie sehr das Leben der jungen Frau von Alkohol zerstört wurde und auch immer noch wird. Auch wenn die Auflösung rund um das Thema Alkoholsucht dann doch relativ schnell kommt und sich auch irgendwie nicht ganz rund anfühlt (symptomatisch für den Rest der Serie), ist es trotzdem schön zu sehen, dass sich ein an sich leichter Thriller mit so einem ernsten und wichtigen Thema befasst!
Doch wie ihr vielleicht schon vermutet, läuft nicht alles fehlerfrei. Was als spannende Geschichte rund um Cassie Bowden beginnt, läuft ab Mitte der Staffel immer weiter aus dem Ruder und nimmt immer merkwürdigere Ausmaße an. Hinzu kommt, dass Nebenfiguren plötzlich damit beginnen, eigene Plots zu verfolgen (was erstmal nicht schlimm ist), diese die Hauptgeschichte aber nicht wirklich bereichern und wahrscheinlich eher als Setup für eine zweite Staffel dienen sollen. Und das FBI spielt irgendwann gefühlt auch nur noch eine unwichtige Nebenrolle, anstatt Cassie konstant auf den Fersen zu sein. Wäre The Flight Attendant gegen Ende nicht so ins Absurde abgedriftet, hätte hier was echt richtig Gutes entstehen können.
Um das Mal in deutsche Traditionen zu übersetzen: Beim Start des Flugzeugs hätten alle wie wild applaudiert, bei der Landung hätte es dann nur noch für ein paar Klatscher gereicht. Das hört sich jetzt alles ziemlich dramatisch an, ABER: The Flight Attendant macht Spaß, und das liegt zu großen Teilen eben an dem spannenden Setup und der bitterbösen Comedy.
Was aber wirklich an der Serie überzeugt, ist der Lead Kaley Cuoco. Auf der einen Seite bringt Cuoco den Witz und Energie Cassie Bowdens perfekt rüber. Man versteht, warum die Flugbegleiterin für viele Leute so anziehend wirkt und ist fast soweit, selbst auf den Trick hereinzufallen. Auf der anderen Seite schafft Cuoco es, dem Publikum tiefe Einblicke in die Psyche einer jungen, alkoholkranken und traumatisierten Frau zu gewähren, deren Fassade unter dem äußeren Druck immer mehr zu zerbrechen droht. Diese innere Zerrissenheit bringt Cuoco gekonnt auf die Bildschirme und kann endlich zeigen, dass mehr in ihr steckt als „nur“ Penny aus The Big Bang Theory.
Doch natürlich ist Cuoco nicht die einzige Schauspieler:in, die in The Flight Attendant glänzen kann. Da wäre noch Michiel Huisman, einigen wohl als zweiter Daario Naharis aus Game of Thrones bekannt, der das Mordopfer Alex Sokolov mimt und vor allem im Spiel mit Cuoco glänzen kann. Doch die wohl stärkste Leistung neben Cuoco liefert Zosia Mamet (Girls) als Cassies beste Freundin und harte Rechtsanwältin Ani Mouradian ab. Ähnlich wie Cassie Bowden macht auch sie im Laufe der neun Episoden eine spannende Entwicklung durch, die Mouradian glaubhaft wiedergibt.
Die neue Thriller-Comedy The Flight Attendant kann mit einer starken Prämisse und einem tollen Cast, insbesondere der Hauptdarstellerin Kaley Cuoco, überzeugen. Leider verliert sich die Serie gegen Ende immer mehr in Absurditäten und findet kein Ende auf dem hohen Niveau, auf dem sie gestartet ist.
Artikel vom 5. Juni 2021
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