8.8/10

Kritik: The Penguin – Staffel 1

GOTHAMFELLAS

Genres: Comic, Drama, Krimi, Startdatum: 20.09.2024

Interessante Fakten für…

  • Es war ein Traum von Cristin Milioti, einen Batman-Bösewicht zu spielen, seitdem sie Schauspielerin wurde. Zudem war der erste Batman-Film, den Cristin Milioti im Kino sah, Tim Burtons Batmans Rückkehr (1992), in dem der Hauptbösewicht ebenfalls der Penguin war.
  • Als Wolfgang Petersen Batman v Superman: Dawn of Justice (2016) noch in den frühen 2000er Jahren drehen wollte, war Colin Farrell für die Rolle von Batman vorgesehen.

Nach dem Film “The Batman” vor zwei Jahren, wollte Warner Bros. nochmal in das düstere und realistisch gehaltene Gotham abtauchen, doch diesmal mit einem anderen schrägen Vogel im Vordergrund. Wieso gerade der Penguin der perfekte schräge Vogel für diesem Job ist, erfahrt ihr hier.

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#FantasyFanatic #Comicserien #AfterCredit

Darum geht’s

Die alten Machtstrukturen von Gotham wurden weggespült – buchstäblich. Nachdem der ehemalige Mafiaboss Carmine Falcone ermordet und die Stadt geflutet wurde, herrscht nun ein Macht-Vakuum in Gothams Unterwelt. Dieses Vakuum soll sein Sohn Alberto Falcone ausfüllen. Doch gerade Falcones rechte Hand, Oswald “Oz” Cobb (Colin Farrell) alias der Penguin hat es auf diese Position abgesehen. Allerdings wollte er sich gegenüber Alberto vorerst diplomatisch geben. Als Letzterer ihn jedoch verhöhnt, gerät Oz in Rage und erschießt ihn impulsiv.

Als er die Leiche fortschaffen will, bemerkt er, wie eine Gruppe von Dieben sein Auto aufbrechen wollen. Er schlägt sie in die Flucht und kann einen zur Rede stellen: Victor Aguilar (Rhenzy Feliz), der seine Familie bei der Flutung verloren hat, wird von Oz gezwungen, die Leiche zu entsorgen. Da Oz in dem ambitionierten Jungen etwas gesehen hat, macht er diesen zu seinem Handlanger.

Da es nun kein Zurück gibt, will Oz die Macht ergreifen. Dafür plant er ein perfides Spiel, um die übrig gebliebenen Falcones gegen deren alte Rivalen, die Maronis, auszuspielen. Dabei ahnt er nicht, dass es eine neue Mitspielerin gibt: Sofia Falcone (Cristin Milioti), die die letzten zehn Jahre in der psychiatrischen Anstalt Arkham Asylum verbracht hat, ist wieder da und hat ihre eigenen Pläne…

Breaking Batman?

So sehr DC auch auf Variation setzen will, so sehr entschließt man sich immer wieder auf Altbewährtes zu setzen: noch einen Batman! Als vor zwei Jahren eine weitere Batman-Adaption von Regisseur Matt Reeves herauskam, wollte man es mit The Batman jedoch anders machen. Richtig: Dieser Batman erhielt einen “The” im Namen (so eine Namensänderung hat ja bis jetzt gut funktioniert). Doch es war vor allem eine andere Änderung, die viele Fans auf die Palme brachte: Niemand anderes als der ehemalige Hollywood-Schönling und Ex-Vampir Robert Pattinson sollte diesmal einen deutlich jüngeren Batman präsentieren, der noch ganz am Anfang ist. Doch entgegen aller Erwartungen war der Film mit seiner Batman-Interpretation ein großer Erfolg. Dieser war sogar so gut, dass man sich entschlossen hat, ein Serien Spin-Off zu drehen und das ganz ohne ihn! …Logisch!

Richtig gehört, der dunkle Ritter kommt gar nicht vor. Stattdessen widmet man sich hier vollends einem von Batmans Widersachern aus seiner bekannter Schurkengalerie. Doch welcher wird es sein? Der Riddler? Selina Kyle? Der mysteriöse und unbekannte Schurke am Ende des Films? Nein, man nimmt einfach den Penguin, der im Film nur ein kleiner Handlanger von Falcone war und von Batman schnurstracks überwältigt wurde.

Versteht mich nicht falsch, klar ist der Penguin ein ikonischer Batman-Schurke. Doch hat dieser Penguin genug Präsenz, um eine ganze Spin-Off-Serie zu rechtfertigen? Die kurze Antwort: Erstaunlicherweise ja! Doch sehen wir uns den Vogel erstmal genauer an.

Happy Feet

Von all den wahnsinnigen Batman-Superschurken gehörte Oswald Cobblepot alias der Penguin zu den Normalsten, auch wenn sein Äußeres was anderes andeutete. Der Penguin wurde stets als kleiner, dicker und bizarr aussehender Mafiaboss dargestellt, dessen Reichtum ihn nicht von seinen Minderwertigkeitskomplexen befreien konnten. Selbst abweichende Versionen vom Penguin, wie beispielsweise die des schlanken Robin Lord Taylor aus Gotham war bizarr genug, dass er die Motive des Penguins hervorragend wiedergab.

Im Vergleich zu all dem wirkt der neue Penguin, gespielt von Colin Farrell mit einer verstörend gelungenen Gesichtsmaske, fast schon gewöhnlich: Ein kleiner Gangster, der aufgrund einer Fußdeformierung so geht als würde er watscheln. Das überrascht im Nachhinein nicht allzu sehr, zumal man mit diesem Gotham einen realistischeren Ton einnehmen wollte. Man änderte sogar Cobblepot zu Cobb um, weil der Nachname offenbar nicht realistisch genug war. Und auch die Handlung, in der Penguin eine Chance ausnutzt, um zwei Mafiafamilien gegeneinander auszuspielen, erscheint auf den ersten Blick recht gewöhnlich.

Doch der eigentliche Fokus liegt auf dem Penguin selbst. Er lügt, manipuliert, kann sich scheinbar aus jeder Situation durch sein loses Mundwerk und schnelle Reaktionen herauswinden. Als schurkischer Hauptcharakter erinnert er anfangs an die Antihelden der 2000er, wie Tony Soprano und Walter White. Dabei macht er schnell klar, woher seine Motivation kommt: Aus schwierigen Verhältnissen kommend, mit einem kaputten Bein und einer pflegebedürftigen Mutter und von allen verhöhnt und belächelt hat sich Oz trotz allem einen Namen gemacht und verkörpert den kleinen Mann, der sich der Unterdrückung entgegenstellt – zumindest wenn es nach seinem sorgfältig konstruierten Selbstbild geht.

How I met your Mafia Boss

Ein Titelheld hält nur selten eine ganze Serie zusammen und auch hier gibt es die richtigen Charaktere, die hervorstechen. Tatsächlich ist hier die faszinierendste Persönlichkeit Sofia Falcone. Gleichzeitig ist sie auch die größte Überraschung, da wohl wenig damit gerechnet haben, dass ausgerechnet sie als Penguins Gegenspielerin so eine tragende Rolle haben wird. Cristin Milioti spielt die Rolle als instabile Regentin mit einem unvergleichlichen Charm. Durch ihren Aufenthalt in Arkham hat sie sich ein wahnsinniges und unberechenbares Image aufgebaut und weiß, wie sie diesen zu Ihrem Vorteil ausnutzen kann. Szenen mit ihr sind von konstanter Spannung geprägt.

Gleichzeitig gehört sie zu den tiefgründigsten und tragischsten Charakteren der Serie, deren Tragweite erst mit der Zeit ersichtlich wird. Ihr Rachefeldzug gilt nicht nur dem Mörder ihres Bruders sondern auch der eigenen Familie. Schlussendlich will sie die kriminelle Obrigkeit in der aktuellen Form beseitigen, wodurch sie sich als gefährlichste Widersacherin des watschelnden Vogels offenbart. Ab einem gewissen Zeitpunkt fragt man sich, wieso man die Serie nicht stattdessen “Sofia” genannt hat.

Gotham Theft Auto

Gotham ist ein Drecksloch – und der Himmel ist blau. Dass Gotham City eine hoffnungslos korrupte Metropole ist, ist nicht neu und wurde in wirklich jeder Adaption verkörpert. Doch in vielen Fällen sieht es lediglich aus, wie jede andere amerikanische Großstadt wie New York oder Chicago. Doch gerade in The Batman gibt man der Stadt einen individuellen Charakter, auf der die Serie diesmal mit der Sichtweise der Kriminellen aufbaut. Hier ist das Elend noch schlimmer. Die Straßen sind zugemüllt und wirken klaustrophobisch. Und wenn die Handlung nicht nachts und/oder in einer dieser dreckigen Gassen spielt, dann im Untergrund oder der Kanalisation. Die einzigen offenen und hellen Gebiete sind die Herrenhäuser der Mafiosi.

Hinzu kommt natürlich die Gewalt. Obwohl es keine Actionserie ist und diese Adaption deutlich realistischer gehalten wird, als man es gewohnt ist, fliegen dennoch ordentlich die Fetzen. Bündnisse werden gebrochen, Handlanger sterben wie die Fliegen und selbst harmlose Vereinbarungen eskalieren so schnell, dass man meinen könnte, man wäre hier in GTA. Sympathie gibt es da für kaum jemanden. Als einzig positives Element entpuppt sich sehr schnell Victor. Ohne irgendwelche Perspektiven gehorcht er dem Penguin anfangs nur aus Furcht, doch mit der Zeit entwickelt er echte Loyalität für ihn.

Victor gehört zu den sympathischeren Charakteren in einem sonst düsteren Mafia-Setting.

Better Call Soprano

Erinnert ihr euch daran, wie der Penguin als Anti-Held beschrieben wird, der sich entgegen aller Widrigkeiten hochgearbeitet hat und nun den kleinen rebellischen Mann verkörpert? Nun, wie sich innerhalb der Serie zeigen wird, ist die ganze Sache doch gar nicht so einfach. Es werden Offenbarungen preisgegeben und die Fassade des Penguins beginnt immer stärker zu bröckeln. Man sieht, wie weit dieser Mann mit einem gestörten Selbstwertgefühl gehen wird, bis man sich fragt, auf wessen Seite man eigentlich sein soll.

Am Stärksten wird die Serie dann, wenn sie von einer Mafiaserie immer stärker in Richtung psychologischer Thriller abdriftet. Die Charaktere zeigen immer düster werdende Charakteristiken, die weit über die gewöhnliche Zunahme von Macht und Einfluss hinausgehen. Dabei schafft es die Serie hervorragend, mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen, vor allem mit solchen, die sie bestimmten Archetypen wie beispielsweise Antihelden zuordnen. Das führt dazu, dass das Ende die Zuschauer mit einem unvergesslichen, aber bitteren Nachgeschmack zurücklässt.

Fazit

8.8/10
Stark
Community-Rating:
Handlung 9/10
Spannung 8/10
Charaktere 10/10
Tiefgang 8.5/10
Visuelle Umsetzung 8.5/10
Details:
Showrunner: Lauren LeFranc,
FSK: 18 Epiosden: 8
Besetzung: Clancy Brown, Colin Farrell, Cristin Milioti, Deirdre O'Connell, Rhenzy Feliz, Theo Rossi,

The Penguin gehört zweifellos zu den größten Überraschungen 2024. Kaum jemand hätte damit gerechnet, dass ein Spin-Off mit dem Penguin aus The Batman nicht nur gut, sondern hervorragend sein wird. Und das zu einer Zeit, in der die Zuschauer mittlerweile die Schnauze voll von Superheldenadaptionen haben.

Dabei ist der Grund für diesen Erfolg klar: Statt pompöser Superheldenklamauk mit übertriebenen Spezialeffekten und ausgelutschten Handlungssträngen, setzt man hier auf rauen und bedrückenden Realismus. Es ist ein düsterer Mafia-Thriller und eine noch düstere Charakterstudie über einen Batman-Schurken, dem man bis jetzt wenig beachtet hat. Doch wie wir aus dem unerwarteten Erfolg der Serie gelernt haben: Nichts ist so, wie es anfangs scheint!

Da kann man nur hoffen, dass Batman noch eine lange Zeit fernbleibt!

Artikel vom 22. Dezember 2024

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