8/10

Kritik: Gotham – Staffel 1

ES WAR EINMAL IN EINER FLEDERMAUSLOSEN NACHT…

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Genres: Comic, Drama, Krimi, Startdatum: 29.01.2015

Interessante Fakten für…

  • Showrunner Bruno Heller erklärte, dass Gotham nicht in einer bestimmten Zeit angesiedelt ist. Um diesen Effekt zu erzielen, wurden in der Serie sowohl veraltete Technologien wie Telefonapparate, Röhrenmonitore und Röhrenfernseher als auch moderne Geräte wie Handys verwendet.

Die Geschichte von Gotham, der dunklen Stadt, die durch Batman bekannt wurde, ist eigentlich keine komplette Neuschöpfung. Kürzlich erschienene Serien, wie die Netflix-Originals-Titel Daredevil und Jessica Jones erzählen ebenfalls die Lebensgeschichte ihrer Figuren auf düstere und seriöse Weise. Mit der Serie Gotham versucht Drehbuchautor Bruno Heller (The Mentalist) dennoch etwas anderes: Statt auf Batman direkt einzugehen, handelt die Serie von der namensgebenden Stadt, die Bruce Wayne eines Tages zum geflügelten Rächer machen wird: Gotham. Ist der Mythos um diese dunkle Metropole ein erfolgreiches Experiment, oder wird die Serie zurecht unterschätzt? Diese Filmkritik soll aufklären.

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#FantasyFanatic #Comicserien #AfterCredit

Darum geht’s

Es ist düstere Nacht, als die Straßendiebin Selina Kyle (Camren Bicondova) versehentlich Zeugin eines Mordes wird. Ein Ehepaar, das mit seinem kleinen Jungen auf dem Nachhauseweg in eine dunkle Gasse einbiegt, wird Opfer eines maskierten Unbekannten, der die Eltern des jungen Bruce Wayne (David Mazouz) ausraubt und erschießt.

Dieser Fall sorgt schnell für Furore. Übergeben wird der Fall dem Polizeidetektiv Jim Gordon (Benjamin McKenzie), der erst kürzlich dem GCPD beigetreten ist. Er gibt Bruce Wayne das Versprechen, den Mörder seiner Eltern zu finden. Dieses Versprechen einzuhalten ist jedoch schwieriger als erwartet, denn der vermeintliche Mord stellt sich als Attentat heraus, der seinen Ursprung tief in der Unterwelt Gothams hat. Gordon wird klar, welche Ausmaße das Verbrechen in der korrupten Stadt wirklich hat.

Batman before Batman

Bereits die ersten Minuten der Pilotfolge geben das Thema an, das für die gesamte Serie prägend sein wird: Der Mord an Familie Wayne. Doch statt kurz darauf aus dem Flashback in die Gegenwart zu einem ausgewachsenen Batman zu wechseln, wird die Handlung hier weitergeführt und entwickelt sich zum roten Faden. Die Serie zeigt, wie Bruce Wayne mit dem Tod seiner Eltern umgeht und wie er immer versessener darauf wird, Antworten auf die Frage nach dem „Warum“ zu finden. Gleichzeitig bekommt der Zuschauer mit, wie die Verdorbenheit der Stadt auf Wayne einwirkt und ihn irgendwann zu dem Mann machen wird, der nur allzu bekannt ist: Batman.

Doch bevor es soweit ist, ist Bruce Wayne ein kleiner naiver Junge, der sich in seinem Bestreben nach der Wahrheit pausenlos in Gefahr begibt. Die Sturheit des Jungen und die Probleme, die er nicht zuletzt durch seine Bekanntschaft mit Selina Kyle heraufbeschwört, gehen nach einer Weile leider ziemlich auf die Nerven.

Sean Pertwee hingegen verdient einen Lob für seine Rolle als Alfred Pennyworth. Der Butler der Waynes ist der Vormund Bruce, nimmt gleichzeitig auch die Rolle des Vaters, des Beschützers und des besten Freundes ein. Er steht ihm mit Rat und Tat zur Seite, scheut sich aber nicht davor, „Master Bruce“ Vernunft einzureden, oder gar ein Machtwort auszusprechen. Die Serienadaption bringt stärker als andere Comicadaptionen zum Vorschein, wie wichtig der treue und geduldige Butler für Bruce Waynes Entwicklung tatsächlich ist.

Bruno Heller inszeniert ein Gotham Noir

Und genau an dieser Stelle weicht der Fokus entscheidend ab. Denn in dieser Serie geht es in erster Linie nicht um Bruce Wayne, es geht um Gotham. Eine Stadt, die dadurch berühmt wurde, wie verkommen sie ist und wie sehr der amerikanische Traum persifliert wird – bis zur Grenze der Lächerlichkeit. In einem Gotham, in dem Batmans berüchtigtste Schurken noch gar nicht existieren, müssen Alternativen gefunden werden, um die Stadt nicht weniger gefährlich erscheinen zu lassen. Und hier zeigt sich die Stärke der Serie. Denn vom visuellen Standpunkt aus ist Gotham eine beeindruckende Schöpfung. Trüb, düster und melancholisch wird die Metropole präsentiert und könnte genauso in Schwarz/Weiß-Bildern gezeigt werden. Einzige Lichtquellen sind künstliche Lichter, welche die neogotischen Bauwerke in ein unnatürliches Licht tauchen. In diesem Labyrinth aus dunklen Gassen wird Verbrechen groß geschrieben. Diebstahl, Mord und alltägliche Korruption stehen auf der Tagesordnung und keiner macht sich einen Hehl daraus, das zu verheimlichen. Statt durch pompöse Spezialeffekte zu überzeugen, wird der Alltag in Gotham schonungslos, finster und vor allem brutal dargestellt.

Cop-Drama mit Jim Gordon

All dem steht das GCPD entgegen. Der idealistische Polizist Jim Gordon, – der eigentliche Protagonist der Serie – ist davon überzeugt die Stadt zu säubern. Doch ist das Police Department ebenfalls nicht frei von Korruption, sodass sich Jim viele Feinde in den eigenen Kreisen macht. Je mehr er bemüht ist Gerechtigkeit durchzusetzen, desto weiter rückt sein Ziel in die Ferne.

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Episode für Episode, wird Jim Gordon mit immer schlimmeren Auswüchsen der Stadt konfrontiert. Irgendwann fragt man sich, wann er sich in dieser korrupten Stadt endlich durchsetzen wird. Unterstützung erhält er von Harvey Bullock (Donal Logue), dem eingesessenen und desillusionierten Police Detective, der gerne den bösen Cop spielt. Er verkörpert dem augenrollenden Zuschauer, wenn Jim Gordon einmal zu oft seine Überzeugungen durchsetzen will. Trotzdem ist gerade ihre Zusammenarbeit das, was für die nötige Dynamik sorgt und ihren täglichen Kampf gegen das Verbrechen sehenswert macht.

Bezüglich des „Wayne“-Falles werden die Fans jedoch enttäuscht, denn hier offenbart sich ein Manko der Serie. Das Verbrechen ist zu vielfältig und die Episoden beinhalten gelegentlich einen “Monster-der-Woche”-Plot, während sich die Frage nach dem Mörder von Bruces Eltern nur träge entwickelt. Zwar gibt es einen roten Faden, der Gordons Kampf gegen die Korruption in den eigenen Reihen beinhaltet, aber gravierende Änderungen enden meist mit dem Status Quo, sodass sich Gordon am nächsten Tag wieder im Department vorfindet. Doch wie bereits gesagt: Es geht um Gotham.

Ein Penguin in der Großstadt

Wenn es etwas gibt, was diese Serie auszeichnet, dann ist es die Variation an Schurken in Gothams Unterwelt. Das ungebrochene Highlight der Serie ist Oswald Cobblepot, alias der Penguin, der fantastisch gespielt wird von Robin Lord Taylor. Als unscheinbarer Handlanger präsentiert sich Cobblepot bereits ab der ersten Folge als markante Persönlichkeit. Schnell wird klar, dass hinter diesem verängstigten und unterwürfigen Wicht, der von allen als „Penguin” verhöhnt wird, ein kalkulierender, gerissener und krankhaft ehrgeiziger Mann steckt. Dabei stellt er das böse Gegenstück zu Gordon dar: Während Ersterer die Unterwelt Gothams zu reinigen versucht, will Cobblepot diese erobern. Um dies zu erreichen, ist ihm jedes Mittel recht: Mord, Intrigen, Manipulation. Seine Tarnung als unterwürfiger Niemand, lässt er dabei nicht fallen. Tatsächlich erweist sich sein Handlungsstrang als der interessanteste, da man sich als Zuschauer dabei erwischt, wie man mit dem unberechenbaren Soziopathen mitfiebert und man nie weiß, was er als Nächstes tun wird. Ganz gleich was er macht, lange kann man dem Kerl nicht böse sein.

Comic, oder nicht Comic, das ist hier die Frage

Wieso ist der Altersunterschied der Charaktere so groß, wieso ist der Penguin nicht klein und dicklich und wo zur Hölle ist Jim Gordons Schnurrbart? All das sind Fragen, die sich vor allem Comic-Fans stellen und sich eine stärkere Anlehnung an die Vorlage erhoffen. Doch genau das macht eigentlich den Charme der Serie aus: Die Ursprungsgeschichte der größten Verbündeten und Schurken Batmans. Doch hier zeigt sich sowohl die Stärke, als auch die Schwäche der Serie. Es scheint an manchen Stellen, als wüsste Drehbuchautor Heller nicht, wen er zufrieden stellen möchte: Die Comicfans, oder den gewöhnlichen Zuschauer. Einerseits präsentiert er haufenweise etablierte Comic-Charaktere, an denen sich die Fans sattsehen können, andererseits neigt er zu starken Eigeninterpretationen der Figuren. Manchmal hat man das Gefühl, Heller will mit den Charakteren eine eigene Geschichte erzählen, muss sich jedoch an die Vorlage halten, um die Comicfans nicht zu erzürnen.

Doch so paradox das auch klingen mag, die Serie erreicht dann ihre Stärke, sobald Heller von der Comicvorlage abweicht. Auf einmal entwickeln sich die Figuren anders, haben andere Ursprünge, Ziele und Beziehungen und ihr Überleben ist nicht mehr selbstverständlich. Genau dann wird die Serie wieder spannend, da man mit den Charakteren mitfiebert, statt sich von einem fiesen Comic-Leser die Handlung spoilern zu lassen.

Fazit

8/10
Gut
Community-Rating:
Handlung 7/10
Spannung 8.5/10
Charaktere 8.5/10
Visuelle Umsetzung 8/10
Dialoge 8/10

‘Gotham’ braucht (noch) keinen Batman

Der Mythos um Batman ist mittlerweile so groß, das er sich nicht mehr auf Batman als den geflügelten Rächer beschränkt. Die Stadt Gotham und ihre Bewohner sind nicht weniger bekannt als der schwarze Ritter selbst. Und Bruno Heller hat den Mumm dies zu zeigen. Denn es erfordert Mut die Legende auf solch innovative Weise zu erzählen und den Scheinwerfer auch auf andere Charaktere zu richten, die die hoffnungslos verdorbene Stadt ausmachen.

Und es funktioniert. Gotham ist auch ohne den Fledermausmann düster, beklemmend und voll von Problemen. Man fiebert mit den Charakteren mit, die sich darin zurechtfinden müssen. Trotz einiger erzählerischer Schwächen und ein paar unfreiwillig komischer Szenen ist Gotham ein gelungenes Experiment, dessen Zuschauerschaft sich nicht auf Comicleser zu beschränken braucht.

Artikel vom 29. Mai 2016

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