9.1/10

Kritik: Game of Thrones – Staffel 4

WENN ES NICHT UM BLUT UND SEX GEHT, WORUM DANN?

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Genres: Drama, Fantasy, Historienserie, Startdatum: 02.06.2014

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In ‘Game of Thrones – Staffel 4’ geht es nicht um Gewalt und auch nicht um Sex. Nicht an erster Stelle zumindest. Die Serie, die auf der Buchvorlage von George Martin beruht, wäre nicht sie selbst, wenn beides nicht eine Rolle spielen würde. Doch Staffel 4 wird von stärkeren Motiven dominiert. Wenn es sich also nicht um Gewalt und Sex dreht, worum dann? Gehen wir der Frage auf den Grund.

#storysüchtig #strangerthings #schwarztee

Darum geht’s

Im Zentrum von Game of Thrones – Staffel 4 steht die Familie. Die Adelsfamilie. Starks, Lennisters, Tyrells, Aryns, Boltons – alle streben danach, ihrer Dynastie zu Macht und Ruhm zu verhelfen. In einer Welt, in der das Leben einer einzelnen Person kurz ist, zählt das Vermächtnis der Familie. Am konsequentesten verfolgt dieses Dogma Tywin Lennister (Charles Dance).

Gleichzeitig scheitert er damit auch besonders tragisch. Game of Thrones – Staffel 4 spielt seinem Haus besonders mit. Und das obwohl die Lennisters sich nach wie vor auf dem Thron behaupten können. Vorerst zumindest.

Nicht verpassen: unsere Zusammenfassung von Game of Thrones

Die Ironie Tywins Schicksal besteht darin, dass der grimmige Vater vom Fortbestand seiner so Familie besessen ist, dass er dabei vergisst auf die Menschen in seiner Familie zu achten. Der Mann, der niemals scherzt, verscherzt es sich mit seinen Kinder, obwohl er – aus seiner Sicht – nur das Beste für diese will. Schlussendlich endet Staffel 4 für Haus Lennister in einer Alle-Gegen-Alle-Situation.

Cersei (Lena Headey) will den Tod Tyrions. Auch Tywin will seinen Sohn loswerden. Tyrions Zorn gegen die eigene Familie wächst wiederum. Sein Bruder Jamie springt ihm gegen Vater und Schwester jedoch nur zaghaft zur Seite. Denn Jamie will vor allem eins: seine Schwester Cersei, die er heiß begehrt.

Oberyn Martell: Die Rache der Viper

In Game of Thrones – Staffel 4 liegen Familie und Rache nah beieinander. Entweder man rächt die Familie oder man rächt sich an der Familie.

Auch Cersei Lennister ist eine kalte Rächerin. Man kann es sich kaum vorstellen, doch die giftige Natter Cersei, hat wahre Liebe in sich. Für ihre Kinder natürlich. Diese zu beschützen ist ihr höchstes Ziel. All jenen, die ihren Schützlingen scheinbar gefährlich werden, begegnet sie mit blindem Hass und kalter Rache.

Auch für Oberyn Martell (Pedro Pascal) steht die Familie im Zentrum. Der Prinz von Dorne, dem südlichsten Königsland des Reiches, ist ein leidenschaftlicher Mann. Und das nicht nur, weil er die Vergnügungen in den Bordellen Königsmunds vollends auskostet. Offiziell weilt die Rote Viper, wie Oberyn genannt wird, in der Hauptstadt um der Hochzeit zwischen dem König und Margaery Tyrell beizuwohnen, doch die Absicht seines Besuches ist eine andere: Rache. Sie ist seine wahre Leidenschaft. Der südländische Prinz ist davon überzeugt, dass Tywin Lennister für die Vergewaltigung und den Tod seiner Schwester Elia Martell und deren Kinder verantwortlich ist. Sein Plan steht.

Pedro Pascal macht aus Oberyn einen Charakter, den man nicht anders als bewundern kann. Oberyn ist sowohl klug als auch kämpferisch. Die elegante Listigkeit, mit der er den verhassten Lennisters begegnet, ist eine Freude.

Doch wie bei Cersei, macht ihn sein Rachegefühl blind und unvorsichtig. Ein Kardinalsfehler beim „Spiel um den Eisernen Thron“.

Kleinfinger ganz groß

Wer keinen Fehler macht ist Lord Petyr Baelish (Aidan Gillen). Dass der listige Höfling einer der professionellsten Akteure beim „Spiel der Throne“ ist, ist nichts Neues. Doch nimmt das Ausmaß seines Ränkeschmiedens in Game of Thrones – Staffel 4 ein höllisches Ausmaß an. Dass er sich Sansa Stark (Sopie Turner) annimmt, tut dieser jedoch vor allem gut.

Endlich. Sansa Stark, die bisher vor allem viel heulte, macht langsam aber kontinuierlich eine Entwicklung durch. Grund dafür ist vor allem, das sie endlich dem Königshof entfliehen kann. In ihrer neuen Heimat findet sie langsam zu Stärke und scheint endlich zu verstehen, wie das Spiel um die Macht in Westeros läuft. Hoffen wir, dass sie in den folgenden Staffeln sich weiterentwickelt und vielleicht endlich zu einer selbstbewussten Frau wird, die sich nicht mehr als Spielball anderer Interessen missbrauchen lässt. Wir werden sehen.

Arya und Clegane: Wie man richtig tötet

Während Sansa noch immer unter dem Schicksal ihrer Familie leidet, scheint Arya Stark (Maisie Williams), die durch die vom Krieg verwüsteten Flusslande streift, das Schicksal ihrer Familie mit Zorn statt Tränen zu ertragen. Die Lücke, die in ihrem Herz entstanden ist, füllt sie wiederum mit dem Wunsch nach Rache. Die Rache an all denen, die ihr, ihren Freunden und ihrer Familie Leid zugefügt haben.

Arya führt eine Liste. Eine stattliche Liste. Es reiht sich Name an Name. Männer, die die junge, einst so kecke Arya zu töten gelobt hat. Ihre Gelöbnis widmet sie dabei dem einzigen Gott, an den sie, die so viel Grausamkeit erleben musste, noch glauben kann: dem Tod.

Und tatsächlich: das Mädchen, das noch nicht ein mal in der Pubertät angekommen ist, tötet ihn Game of Thrones – Staffel 4 mehrmals. Nicht aus Notwehr, sondern aus eiskaltem Kalkül mit einer Entschlossenheit, die einen Schaudern lässt. Arya Starks Motive mögen richtig sein, doch schockiert, wie abgestumpft sie zu sein scheint.

Müsste man einen Charakter nennen, der sich am besten in die blutige Welt von Game of Thrones integriert, dann wäre das Arya. Sie ist das Produkt von Verwahrlosung, Unrecht und Gewalt. Schauspielerin Maisie Williams kann in Staffel 4 beweisen, was für ein grandioses schauspielerisches Talent sie besitzt. Ihre großen Augen starren entschlossen und erbarmungslos in die Kamera. Tief in ihr schlummert etwas. Selbst den kampferprobten Sandor Clegane lassen Aryas Drohungen nicht kalt.

Rory McCann – harte Schale, weicher Kern?

Rory McCann als der Bluthund Sandor Clegane in Game of Thrones - Staffel 4

Das geht soweit, dass Clegane alias der Bluthund, der hofft Arya Stark bei ihrer Tante Lysa Arryn gegen gutes Geld einzutauschen, Respekt gegenüber dem kleinen Mädchen empfindet. Die Geschichte der Beiden, die sich gemeinsam durch das verwüstete Westeros schlagen, ist einer der Gründe, warum Game of Thrones – Staffel 4 so einzigartig und sehenswert ist. Der Unterschied zwischen dem blutrünstigen riesenhaften Krieger und dem kleinen Mädchen könnte nicht größer sein. Könnte man meinen. Tatsächlich trent die Beiden, bis auf ein paar Zentimeter Körpergröße, weniger als man denkt. Zwischen ihnen entwickelt sich ein Band aus gegenseitigem Respekt. Von ihrer Todesliste streicht Arya Clegane dennoch nicht.

Einst war der Bluthund Joffrey Baratheons erste Wahl, wenn es um blutige Verbrechen ging. Allein schon deshalb konnte man als Zuschauer den gewaltliebenden Clegane einfach nicht mögen. Doch Game of Thrones – Staffel 4 gibt uns intime Einblicke in die Gefühlswelt von Ser Sandor Clegane. Unter seiner schwarzen Schmuddelrüstung, die er nie ablegt, schlummert ein sensibler Kern. Liebe oder Zuneigung scheint ihm nie zuteil geworden zu sein, so dass ihn die Welt zu dem gemacht hat, was er ist: ein Schlächter. Er versteht die Spielregeln von Westeros. Nur der Stärkste, nur der Skrupelloseste, überlebt. Das falsche Gehabe und schleimige Rumgeprotze der feinen Ritter und der edlen Adligen hasst er. Alles Lüge. Seine Meinung zum König? Bitteschön:

„Fuck the King.“

Ser Sandor Clegane

Rory McCann ist in der Rolle des verbitterten Clegane einfach atemberaubend und schafft es, dass die Figur des Bluthunds, für die man sonst so wenig Sympathien hegte, einem ans Herz wächst. Zusammen mit seiner Gegenspielerin Maisie Williams in der Rolle Arya Starks, bietet er eine der stärksten schauspielerischen Leistungen der Staffel.

Endstation Tyrion

Tyrion Lennister – kein Weg zurück

Peter Dinklage als Tyrion Lennister in Game of Thrones - Staffel 4

Wer in Game of Thrones – Staffel 4 heftig Schläge einstecken muss, ist Tyrion (Peter Dinklage). Es scheint, als hätte sich die ganze Welt gegen ihn verschworen. Mal wieder. Das einzige was ihm, dem sonst so erfolgreichen Intriganten bleibt, ist die Rache. Das zentrale Motiv der vierten Staffel. Doch bis es dazu kommt, muss Tyrion Lennister erst einmal leiden.

Als Zuschauer erlebt man den kleinwüchsigen Lennister-Lord auf eine Weise, wie man ihn bisher noch nicht gesehen hat. Tyrion Lennister, der einen großen Teil der Staffel im Kerker schmort, hat alles verloren. Seine Macht und sein Einfluss wurden bereits in Staffel 3 beschnitten, doch jetzt ist gar nichts mehr übrig. Selbst sein treuer Freund Bronn besinnt sich auf das, was er ist: ein Söldner, der für Geld kämpft. Für die verlorene Sache Tyrions will er nicht sterben. Für Jamie Lennister, Tyrions Bruder, gilt das Selbe. Auch er will für Tyrion nicht in den Ring steigen. Von allen und allem verlassen erleben wir Tyrion zerbrechlicher denn je. Der Panzer aus Sarkasmus, der den kleinen Mann stets vor dem Gespött der Leute und vor dem Hass seiner Familie beschützte, ist rissig. Deutlicher gesagt: er ist am Arsch. Pardon.

Doch als es soweit ist, ergreift Tyrion die letzte Chance, die sich ihm bittet und nimmt Rache. Seine Vendetta ist nicht von schlechten Eltern. Bekommt diesen aber nicht so gut. Die Enttäuschung, die Wut und Verzweiflung kleinwüchsig geboren und von der Welt angewidert zu sein, entlädt sich in einem gewaltigen Finale, dass wieder einmal beweist, dass Tyrion, gespielt von Peter Dinklage, der faszinierendste Charakter der ganzen Serie ist.

Daenerys muss sich beweisen

Daenerys Targaryen – Meereen und mehr

Daenerys Targaryen vor den Toren von Meereen in Game of Thrones - Staffel 4

Aber auch Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) wird immer faszinierender. Nachdem sie in der dritten Staffel bewiesen hat wozu sie fähig ist, muss sie in Staffel 4 zeigen, dass sie ihre Versprechen und Eroberungen halten kann. Statt zu reagieren regiert die letzte Targaryen endlich.

Emilia Clarke, verleiht der Mutter der Drachen, wie Daenerys Targaryen nun genannt wird, Stärke, Kraft und Mut. Schauspielerisch überzeugt Emilia Clarke in dieser Staffel vor allem in den leisen und nachdenklichen Szenen. Ein Konfliktes mit ihrem Vertrauten Ser Jorah Mormont ist nicht nur sehr bewegend sondern zeigt auch, die Stärke und Entschlossenheit, mit der Daenerys zu regieren bereit ist.

Wildlinge: moderne Steinzeitmenschen

Am anderen Ende der Welt im hohen Norden von Westeros sind die Wildlinge in der Offensive und machen Jon Schnee (Kit Harrington) und seinen Brüdern der Nachtwache das Leben schwer. Es lohnt sich also, die Wilden, die nördlich der großen Eismauer leben, genauer zu betrachten. Was sofort auffällt ist, dass bei der steinzeitlich-anmutenden Kultur, zwei Welten aufeinander treffen.

Bei den Wildlingen handelt es sich einerseits um eine – verglichen mit den Sieben Königslanden – rückständige steinzeitliche Kultur. Andererseits ist ihr Lebensentwurf der modernste, den Essos und Westeros zu bieten haben. Für das Reich stellen sie auch deshalb eine Gefahr dar, weil sie die Grundfeste der feudalen Gesellschaft von Westeros in Frage stellen. Sie kennen keine Lehnsherren, keine Lordschaften, kein Reich. Ihre Loyalität schenken sie nur dem, der es verdient. Und das nur so lange, wie sie wollen. Sie gehen wohin sie wollen, sie kämpfen für was sie wollen und sie lieben wen sie wollen. Die Wildlinge werden dem Namen, mit dem sie sich selbst beschreiben, gerecht. Sie sind wahrhaftig das Freie Volk.

Jon Schnee ist ein Bruder der Nachtwache, doch hat die Zeit seiner „Gefangenschaft“ bei den Wildlingen geprägt. Welche Seite er im aufziehenden Konflikt zwischen Nachtwache und Wildlingen wählen soll, ist besonders spannend.

Einfach episch

Keine Versteckspiele mehr – Staffel 4 gibt’s Großes zu sehen

Armee der Unbefleckten in Game of Thrones - Staffel 4

Mit Staffel 4 machen die Showrunner David Benioff und D.B. Weiss einen riesigen Schritt nach vorne. In Puncto Aufwand, hat der Westeros-Epos nach der Buchvoralge von George Martin andere Serien längst überholt. Doch Staffel 4 überschreitet eine magische Grenze. Die aufwendig inszenierte Staffel braucht sich vor ihren großen Brüdern – den Filmen des Hollywood-Kinos – nicht zu schämen.

Dass Game of Thrones – Staffel 4 die bis dato teuerste Fantasystaffel überhaupt ist, sieht man. Falsch. Man sieht nicht. Man staunt. Das Staunen beginnt bei Daenerys Drachen, die faszinierend lebendig wirken, wenn sie sich wie Straßenkatzen um die besten Stücke ihres Abendessens streiten. Das Detailreichtum aber auch die realistischen Bewegungen der drei Drachen können sich problemfrei mit Smaug aus Der Hobbit messen. Vielleicht sind sie sogar ein Deut besser animiert.

Auch sonst ist die vierte Staffel größer und mächtiger als ihre Vorgänger. Die Kameraeinstellungen der Serie lösen sich endlich aus ihrem beengenden Korsett und öffnen sich für die Weite von Westeros und Essos. Endlose Landschaften, weitläufige Menschenmassen und Kameraflüge über archaische Bauwerke und Städte machen Game of Thrones – Staffel 4 zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Der visuelle Höhepunkt ist die faszinierende neunte Staffel, die nahezu ausschließlich aus einer packenden Schlacht besteht. Der Kampf um Königsmund in Staffel 2 wird dabei weit in den Schatten gestellt.

Fazit

9.1/10
Meisterwerk
Community-Rating: (1 Votes)
Handlung 9.5/10
VIsuelle Umsetzung 9.5/10
Schauspiel 9/10
Emotionen 8.5/10
Spannung 9/10

Game of Thrones – Staffel 4 weißt eine Fülle an spannenden Plot Twists und Game Changern auf, was die Handlung der Staffel zur stärksten der Serie macht. Es scheint, als würde die Serie von Staffel zu Staffel immer durstiger nach Blut. In Staffel 4 sterben mehr Haupt- und Nebenrollen als bisher. Die Zombieserie The Walking Dead, die sich mit dem Töten ihrer Helden schwer tut, könnte sich bei der fesselnden vierten Staffel Game of Thrones eine Scheibe abschneiden. Hier bleibt die Spannung immer hoch. George Martin, David Benioff und D.B. Weiss können wirklich stolz auf das sein, was sie in Staffel 4 geschaffen haben. Ein fulminantes, actionreiches Mittelalter-Drama, dass neben viel Blut auch viele kluge Sprüche und Weisheit bereithält.

Bleibt also die Frage zu beantworten, was Familienpoltik in Game of Thrones letztendlich hervorruft. Ganz einfach. Blindheit. Und in der Folge, den Tod. Denn die Rache, die die Mächtigsten von Westeros pflegen, macht sie blind für die eigentlichen Gefahren, die im Osten und im Norden des Reiches lauern. Ob sie in Staffel 5 für ihre Verbohrtheit werden bezahlen müssen?

Artikel vom 21. April 2016

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