Kritik: Der Spinnenkopf
DA SPINNT DER SPINNENKOPF!
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Als Jeff (Miles Teller) ins Gefängnis muss, geht er auf einen Deal ein: Er kann die Haftstrafe verringern, wenn er sich für Experimente zur Verfügung stellt. Unter der Leitung von Steve Abnesti (Chris Hemsworth) und dessen Assistenten Mark Verlaine (Mark Paguio) soll er Medikamente an sich testen lassen, die Emotionen und die Wahrnehmung beeinflussen können.
Anfangs noch wirkt dieser Deal ideal: Man ist in einem modernem Gefängnis, dass frei begehbar ist. Nur fliehen kann man von der Insel nicht. Jeff schafft es sogar mit der Insassin Lizzy (Jurnee Smollett) ein intimes Verhältnis aufzubauen. Da lässt man sich auch auf ein paar bewusstseinsverändernde Experimente ein.
Doch mit der Zeit kommt die Frage auf: Sind ihre Wahrnehmungen wirklich die eigenen?
Das erste was an der verfilmten Kurzgeschichte von Joseph Kosinski (Top Gun: Maverick) auffällt, ist die Ästhetik. Anders als in einigen düsteren Sci-Fi Filmen wirkt die Atmosphäre hier angenehm, ja geradezu einladend. Das ganze Gefängnis wirkt wie eine große, offene und moderne Wohnung mit angenehmer Beleuchtung. Auch die Bedingung der Medikamente selbst ist sehr handlich gehalten: Auf einem Smartphone werden per Fingerdruck das Medikament und die Menge geregelt, während die Phiolen am Probandenrücken den Rest erledigen. Usability über alles eben!
Ebenso simpel gehalten sind die Bezeichnung der einzelnen Medikamente: Namen wie Luvactin und Verbaluce sind leicht vermarktbare Namen, die auf den Punkt bringen was sie bewirken: In dem Fall Liebesgefühle und die vereinfachte Verbalisierung von Gedanken. Diese Einfachheit ist ein passender Kontrast zu den bizarren Wahrnehmungsveränderungen, die vor allem am Anfang ein Gefühl des Unwohlseins hervorrufen werden.
Doch leider zeigt der Film schon sehr früh, dass er lange nicht so clever ist, wie er es gerne wäre.
Spiderhead verspricht uns eine tiefgründige Irrfahrt über künstliche Emotionen und die Beeinflussung der menschlichen Natur. Doch dummerweise kann er dieses Versprechen nicht halten. Nachdem der erste Eindruck erloschen ist, wird schnell klar, dass der Spinnenkopf erstaunlich simpel gestrickt ist. Über eine oberflächliche Betrachtungsweise von künstlich veränderndem Verhalten kommt der Film nicht hinaus. Es gibt in dem Sinne kaum unlösbare und moralisch bedenkliche Fragen. Die Auflösungen bleiben eindeutig und ziemlich plump. Man sieht eine Vielzahl an bewusstseinsverändernden Medikamenten, doch über einen Gimmick kommt es kaum hinaus.
Dass diese Experimente moralisch nicht rechtzufertigen sind, steht von Beginn an außer Frage und der Film versucht nicht mal ambivalente Szenarien auszuprobieren. Stattdessen versucht man hier auf einen Twist zu setzen, der verhältnismäßig leicht zu durchschauen ist.
Das größte Problem von Spiderhead ist dessen Unfähigkeit, eine interessante und vor allem überraschende Handlung zu erzählen. Der Film ist verhältnismäßig kurz und verschwendet Zeit, wo er nur kann. Statt auf die beeinflussbare Natur von menschlichem Verhalten einzugehen oder zumindest einen spannenden Thriller mit einen herumschnüffelnden Jeff aufzubauen, kommt der Erzählfluss nicht voran, sei es durch überflüssigen atmosphärischen Aufbau, oder durch einzelne Wendungen, die keine Rolle für die Handlung spielen. Jeffs Fortgang zur eigentlichen Wahrheit hinter den Experimenten bleibt daher uninspirierend.
Der eigentliche Twist am Schluss wird simpel und ohne große Überraschungen aufgebaut. Und selbst wenn es scheint, dass der Klimax etwas Spannung aufzubauen scheint, folgt daraufhin eine bizarre Entwicklung, die absolut nicht ins Szenario passt.
Man kann förmlich sehen, an welchen Stellen man gänzlich andere Entscheidungen hätte treffen sollen.
Seien wir ehrlich: Ein Großteil der Popularität ist dem Marvel-Star Chris Hemsworth zu verdanken. Der allmächtige Thor spielt hier eine interessante Rolle: Als enigmatischer Wissenschaftler führt er mit Begeisterung scheinbar harmlose Tests durch. Dabei setzt er vor allem auf Charm und Geselligkeit gegenüber den Sträflingen. Er bewegt sich frei zwischen den Insassen als wären Sie Kollegen, fragt stets nach Ihrer Zustimmung und scheut sich nicht davor, sich mit einem von ihnen ordentlich zuzudröhnen.
Abnestis freundliche Art steht im klaren Gegensatz zu den sehr fragwürdigen Experimenten, mit denen er die Verhaltensweise seiner Versuchskaninchen manipuliert.
Doch hier endet auch das interessante an der Figur. Schon sehr bald nimmt es einen sehr vertrauten Gang: Die Fassade bröckelt langsam aber sicher und schon sehen wir düstere Absichten, die der Wissenschaftler hegt. Zumindest versucht Hemsworth hier einiges zu retten.
Der Spinnenkopf wirbt mit einer interessanten Prämisse über die menschliche Natur, scheitert aber schon sehr früh an der Auflösung. Die Manipulation menschlicher Verhaltensweisen gehen kaum über Gimmicks hinaus und es mangelt dem Film an Wendungen, die ihn von einen 0815-Sci-Fi-Thriller abheben. Selbst der Twist, auf den der Film hinarbeitet, wird kraftlos eingeworfen und mit fragwürdigen Handlungsentwicklungen abgefrühstückt.
Zwar ist der Film ästhetisch eindrucksvoll und gerade Chris Hemsworth überzeugt als erschreckend charmanter Visionär mit ausgefeilten Dialogen und Wortwitz. Doch alles in allem bleibt die Spinne kopflos.
Und eins steht fest: Man muss schon richtig zugedröhnt sein, um in dem Film Tiefgang zu sehen.
Artikel vom 25. Juni 2022
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