Kritik: Immer Ärger mit Grandpa
DIE VERGANGENHEIT IST AM APPARAT
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Der alternde Ed (Robert De Niro) lebt seit dem Tod seiner Frau allein. Nachdem er sich das Knie verletzt, beschließt seine Tochter Sally (Uma Thurman), dass er künftig bei ihr wohnen wird – das gefällt nicht nur Ed nicht besonders. Vor allem Eds Enkel Peter (Oakes Fegley) ist außer sich, weil er sein Zimmer für Opa räumen und auf den Dachboden ziehen muss. Er fasst den Plan, gegen seinen Großvater einen Streiche-Krieg zu führen, um den Eindringling zu vertreiben.
Der Film basiert auf einem erfolgreichen amerikanischen Kinderbuch aus dem Jahre 1984 mit dem Titel The War with Grandpa. Darin lernt Peter auf spielerische Art einige wichtige Lektionen über die Natur des Krieges. In Immer Ärger mit Grandpa geht es jedoch weniger um die moralische Erziehung des Jungen als um die besten Möglichkeit, den nächsten absurden Streich als Slapstick-Element in den Film einzubauen.
Robert De Niro beschäftigte sich in den letzten zwei Dekaden bereits mehrfach auf schauspielerische Art mit dem Altern. Zuletzt verkörperte er etwa in The Irish Man die Altenheimversion derjenigen Gansterrollen, für die er früher bekannt war. Doch schon vor über 15 Jahren spielte er in Meine Braut, ihr Vater und ich die Rolle des Schwiegervaters, die auf der Idee basiert, dass der Zuschauer De Niro eben noch als Gangster im Gedächtnis hat. De Niro persiflierte beispielhaft die eigene Filmkarriere.
Inzwischen wirkt der Ansatz allerdings wie eine schlechte Kopie. So spielt De Niro im Gegensatz zu Meine Braut, ihr Vater und ich keinen ehemaligen Geheimdienstler, sondern einen ehemaligen Bauarbeiter, der auf einmal geheimdienstlich tätig wird. Nicht nur fehlt dem die zweite Ebene, das Ganze ist gleichzeitig sehr unglaubwürdig und durchschaubar.
Doch nicht nur die Geschichte wirkt formelhaft. Auch die Witze über das Altern beschränken sich dann auch auf sehr erwartbare Situationen wie: “Opa kann das iPad nicht richtig lesen.” “Huch, auf einmal ist alles so groß!” “Opa kann das Handy nicht richtig bedienen.” “Oh, Opa kommt nicht mit Selbstzahlerkassen zurecht!”
Neben solchen maximal simplen Versuchen von Situationskomik gibt es leider auch noch Witze, die in inakzeptable Gewässer abdriften. Denn alte Männer im Park, die jungen Joggerinnen hinterherglotzen, ist jetzt wirklich nicht, was 2020 komödiantisch noch vom Hocker zu reißen vermag.
Ursprünglich hatte Immer Ärger mit Grandpa bereits Anfang 2018 in die Kinos kommen sollen, dann wurde die Veröffentlichung aber um über zwei Jahre verschoben. Doch auch vor zwei Jahren hätte der Film bereits sehr überholt gewirkt. Die Prämisse ist althergebracht und irgendwie abgedroschen, insgesamt wirkt der Film abgekupfert wie aus einer anderen Zeit.
In den 80ern und 90ern hatten Kinder in Filmen noch quasi magische Fähigkeiten und ein 12-Jähriger hätte einen Plattenspieler in wenigen Augenblicken so umbauen können, dass dieser die Schallplatte durch den Raum schießt. Es hätte keinen Widerspruch darstellt, dass Eltern offenbar zehntausend Dollar für die perfekte Inszenierung des Kindergeburtstags ausgeben, während sie ihren Sohn in den undichten Dachboden einziehen lassen.
Vielleicht hätte Immer Ärger mit Grandpa neben z.B. Kevin allein zu Haus besser dagestanden. Heute erinnert er eher traurig an vergangene Zeiten. So ist der Witz, dass wiederholt die Mutter ungewollt die Leidtragende der Streiche ist, ein ziemliches Klischee.
Zu allem Überfluss verlässt Immer Ärger mit Grandpa sich an vielen Stellen auf sehr unglaubwürdige Wendungen und Handlungselemente. Eltern quartieren ihren Sohn in den Dachboden ein, der voller Ratten und Fledermäuse und eindeutig nicht zum Wohnen ausgebaut ist, in den es reinregnet und der nicht mal funktionierende Lichtinstallationen hat? Das passiert in der dargestellten Vorort-Mittelschicht einfach nicht.
Ob es tatsächlich noch Familien gibt, die abends gemeinsam vor dem Fernseher sitzen und Naturdokus schauen, während die Mutter stickt, ist auch mindestens zweifelhaft und insgesamt symptomatisch für den Film. Es ließen sich nämlich noch etliche Szenen aufzählen, bei denen die hauptsächliche Reaktion als Zuschauer ist: ach, als ob.
Immer Ärger mit Grandpa wirkt wie aus einer anderen Zeit. Und das leider nicht im positiven Sinne. Story und Gags erinnern an Familienfilmklassiker von vor zwanzig, dreißig Jahren, können sich aber nicht mit diesen messen. Der Film tut zwar niemandem weh und ist auch nicht so schlecht, dass er deshalb wieder sehenswert würde – man verpasst aber auch absolut nichts, wenn man ihn auslässt. Mit durchschaubarer und sehr formelhafter Handlung bleibt der Film ziemlich leicht zu vergessendes Mittelmaß.
Artikel vom 6. Januar 2021
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