6.8/10

Kritik: The Alto Knights

LANG OHNE GRUND

Genres: Thriller, Startdatum: 20.03.2025

Interessante Fakten für…

  • Der Film endet mit der Darstellung des legendären “Apalachin Meeting”, einem Zusammentreffen von führenden Mafia-Bossen der USA. Dieses Ereignis wird in vielen Filmen und Romanen über das organisierte Verbrechen erwähnt.
  • Ursprünglich lief die Produktion unter dem Titel Wise Guys, eine geläufiges Synonym für Mafiosi.

Was ist besser als ein Film mit Robert De Niro? Nicht unbedingt ein Film mit zwei Robert De Niros. Diese Gangster-Geschichte hält die Spannung nicht bis zum Ende. Und gäbe es nicht auch spannende Figuren als die immer gleichen Mafiosi?

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#Kinogänger #Klassiker #Trashfan

Darum geht’s

Im Manhattan der 1930er machen die Freunde Frank und Vito erste Gehversuche als Gangster. Als Vito nach Europa fliehen muss, überträgt er Frank das Geschäft. In den 50ern kehrt Vito (Robert De Niro) zurück und fordert von Frank (Robert De Niro) die Kontrolle über das Business zurück, welches sich mittlerweile prächtig entwickelt hat. Frank hat jedoch Vorbehalte, dem hitzköpfigen Vito Verantwortung zu übertragen, zumal dieser plant, auch ins Drogengeschäft einzusteigen. Auch die Ehe mit Anna (Kathrine Narducci) bremst Vitos Ungeduld nicht, er will zurück in den Chefsessel. Aus Freunden werden Konkurrenten im gefährlichsten Business Amerikas.

Blut auf Schachbrett-Fliesen

Spagetti gibt es, natürlich. Auch Nadenstreifenanzüge und Fedoras, Zigarren, Whiskey-Tumbler und Blut auf Schachbrett-Fliesen. The Alto Knights ist durch und durch ein Mafiafilm der alten Schule und muss sich den Vorwurf gefallen lassen, in der Vergangenheit verhaftet zu sein. Trailer und Poster setzen voll auf die Präsenz von Robert de Niro und der Film fühlt sich vor allem wie ein Vehikel an, um den Star noch einmal in das Kostüm zu stecken, das ihn berühmt machte.

Doch er fesselt genauso wie vor 50 Jahren. Wenn Robert de Niro im dicksten New Yorker Akzent die Kleinigkeiten des Alltags verflucht und in der Unterwelt die Fäden zieht, wünscht man, er würde nie aufhören. Der Film schafft die Freiräume, in denen die hochkarätigen Schauspieler befreit spielen können. Die Bosse der New Yorker Familien diskutieren in holzvertäfelten Hinterzimmern das Geschäft und Pasta-Rezepte. Debra Messing erkämpft sich ihre Szenen-Präsenz als besorgte Ehefrau, eine nur scheinbar undankbare Rolle. Das eigentlich doch so männliche Mafia-Genre enthält etliche Frauenfiguren, die sich von ihrem Platz am Herd lösen.

Taktiker vs. Haudrauf

Kathrine Narducci, bekannt geworden als dominante Ehefrau in The Sopranos, brilliert als Clubbesitzerin, die sich nicht ins Geschäft hineinreden lässt. In ihr kondensiert sich das grundlegende Drama der organisierten Kriminalität: Wie trennt man Business und Privatleben? Ihren Mann, den hitzköpfigen Gangster Vito, liebt sie aufrichtig, doch beim Geld hört der Spaß auf. Als ihre Figur den Film verlässt, verliert er einiges an Tiefe und zurück bleiben zwei archetypische Antagonisten.

Der eine, Frank, ist der Geschäftsmann, der das Regelbuch auswendig beherrscht. Er sehnt sich nach dem Ruhestand in Rom, scheut die schlechte Presse. Sein ehemals bester Freund Vito ist ein mies gelaunter Mobster mit kurzer Lunte. Das Geschäft der Unterwelt verlangt beides, Strategie und Faustschlag. Mafia-Filme leben von diesem Antagonismus auf derselben Seite und setzen beide Pole gegenüber (de Niro vs. Joe Pesci) oder verschmelzen beide Typen in einer Figur, die sich darüber selbst zerreisst (Tony Soprano). Die Grundspannung zwischen diesen Gangster-Typen funktioniert, großartig wie De Niro gleichzeitig zwei Individuen verkörpert. Doch sie gehen nie über ihren Archetypus hinaus. Vito muss nie einen Kompromiss suchen oder eingestehen, dass seine Emotionalität Konsequenzen hat; Frank ist nie zum harten Durchgreifen oder einer kaltblütigen Entscheidung gezwungen.

Flüchtiges Alterswerk

Schon lange beklagen Kinogänger die stetig länger werdenden Laufzeiten von Filmen und The Alto Knights begeht den Fehler, um den es in dieser Diskussion eigentlich geht: Er hat keinen Grund, so lang zu sein. Dem Film fehlt der Schwung von Goodfellas, die shakespeare’sche Größe von Der Pate. Als großes Alterswerk De Niros wird The Irishman verbucht werden. Im letzten Drittel geht den Alto Knights gehörig die Puste aus, die Story wird eher abgewickelt als auserzählt. Nicht aus einem modernen Zwang heraus, aber mit echtem Potential hätte der Film den beiden Frauen mehr Raum geben können. So würde sich neben den zwei Fronten (wohlüberlegter Frank, reizbarer Vito) eine Dritte eröffnen: Eine Partnerin, die den Scheiß satt hat.

Doch das Rampenlicht gehört De Niro. Er verdient jede Minute darin und macht aus jedem Augenblick einen Hollywood-Moment, aus jedem Szenenbild eine Zeitkapsel. Die Gefahren dieses Starkults sind jedoch groß. Wie sollen neue Gesichter kommen, wenn De Niro noch auf den letzten Metern als quasi gesetzt für die Hauptrolle gilt? Wie soll der Mafiafilm nach De Niro aussehen? Werden AI und gerenderte Avatare den Platz einnehmen? Wünschen wir Robert De Niro das Beste, aber wünschen wir auch dem Mafiafilm, dass er ohne die New Yorker Legende weiterleben wird.

Fazit

6.8/10
Ganz okay
Community-Rating:
Schauspiel 7.5/10
Atmosphäre 8/10
Handlung 5/10
Spannung 6/10
Szenenbild 7.5/10
Details:
Regisseur: Barry Levinson,
FSK: 12 Filmlänge: 123 Min.
Besetzung: Cosmo Jarvis, Debra Messing, Kathrine Narducci, Robert De Niro,

Macht The Alto Knights Spaß? Zunächst ja. Eine packende Eröffnung, gutes Pacing und lebendige Figuren aus der altbekannten New Yorker Unterwelt ziehen in den Filmfluss, der von Regisseur Barry Levinson sicher geführt wird. Doch ab der Hälfte entweicht die Dynamik, die Hauptfiguren werden nicht gefordert, interessante Nebenfiguren verschwinden. Bekannte Gesichter aus Hollywoods Gangster-Kartei können nicht kaschieren, dass es dem Film an Substanz fehlt. Eine Demonstration von Schauspielkunst, aber keine packende Geschichte. 

Artikel vom 9. April 2025

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