Kritik: The Prom
IST ‘THE PROM’ DER NEUE LGBTQIA+ MUSICALFILM?
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Die Broadway-Stars Dee Dee Allen (Meryl Streep) und Barry Glickman (James Corden) müssen Erschreckendes feststellen: Kritiker:Innen bewerten ihre neusten Performances mehr nur als schlecht – die beiden werden auch noch als narzisstisch und arrogant bezeichnet! Um ihr Image aufzupolieren, beschließen sie gemeinsam mit dem arbeitslosen Darsteller Trent Oliver (Andrew Rannells) und der Darstellerin Angie Dickinson (Nicole Kidman) in das konservative Edgewater, Indiana zu reisen. Dort macht gerade der Vorfall die Runde, dass die lesbische Schülerin Emma (Jo Ellen Pellman), trotz der Unterstützung ihres Rektors Mr. Hawkins (Keegan-Michael Key), nicht mit ihrer Freundin zum Abschlussball darf. Klar, dass die verzweifelten Musical-Stars da helfen müssen – komplett selbstlos versteht sich.
Als Ryan Murphy im Jahre 2018 einen mutmaßlich 300-Millionen-Dollar schweren Overall-Deal bei Netflix unterschrieb, waren die Erwartungen groß. Was für tolle Werke würde Murphy exklusiv für den Streaming-Dienst entwickeln? Zwei Jahre nach Abschluss des Vertrages veröffentlichte der Produzent, Drehbuchautor und Regisseur bereits Serien wie Pose, Hollywood und Ratched, die teils mehr, teils weniger erfolgreich waren. Zu dieser Reihe gesellte sich jüngst auch das Filmmusical The Prom, das auf dem erfolgreichen, gleichnamigen Broadway-Musical von 2018 basiert. Als der Film angekündigt wurde, war die Spannung groß: Neben Nicole Kidman, Andrew Rannells, James Corden und Keegan-Michael Key ist Schauspielgröße Meryl Streep auch mit dabei. Aber worum geht es überhaupt?
Die Broadway-Stars Dee Dee Allen (Meryl Streep) und Barry Glickman (James Corden) müssen Erschreckendes feststellen: Kritiker:Innen bewerten ihre neusten Performances mehr nur als schlecht – die beiden werden auch noch als narzisstisch und arrogant bezeichnet! Um ihr Image aufzupolieren, beschließen sie gemeinsam mit dem arbeitslosen Darsteller Trent Oliver (Andrew Rannells) und der Darstellerin Angie Dickinson (Nicole Kidman) in das konservative Edgewater, Indiana zu reisen. Dort macht gerade der Vorfall die Runde, dass die lesbische Schülerin Emma (Jo Ellen Pellman), trotz der Unterstützung ihres Rektors Mr. Hawkins (Keegan-Michael Key), nicht mit ihrer Freundin zum Abschlussball darf. Klar, dass die verzweifelten Musical-Stars da helfen müssen – komplett selbstlos versteht sich.
Eine Geschichte über oberflächliche Stars zu erzählen, die sich nur für wohltätige Zwecke einsetzen, um ihren eigenen Status zu verbessern, ist eine interessante Idee mit viel Potential. Schaut man sich eine Vielzahl an Prominenten heutzutage an, hätte The Prom perfekt als bissiger Kommentar über unsere aktuelle Gesellschaft funktionieren können. Doch diese Marke verfehlt der Musicalfilm leider.
The Prom reißt neben dem bereits angesprochenen Punkt viele Themen an, die leider allesamt nicht so richtig zu Ende erforscht und erzählt werden. Seien es Religion und Sexualität, das Outing oder eben die Frage, was es braucht, um Menschen zu erreichen, die sich diskriminierend gegen die LGBTQIA+ Community stellen. Alles wird kurz gestreift, die Handlung bleibt aber leider konstant an der Oberfläche, Charaktere bleiben eindimensional und lassen keinen Einblick in ihr Inneres zu.
Das führt dazu, dass sich einige Figuren komplett unvorhersehbar ändern, ihre Wandlung ist für das Publikum einfach nicht nachvollziehbar. Schade drum, denn die Ideen und Ansätze, die The Prom liefert, sind durchaus interessant und immer noch relevant für die heutige Gesellschaft. In einer Szene des Films singt Keys Charakter Mr. Hawkins davon, dass Musicals einen die harte Realität vergessen lassen und in eine Traumwelt entführen, in der alles problemlos möglich zu sein scheint. Vielleicht ist das ein Motto, dass man sich hier ein bisschen zu sehr zu Herzen genommen hat.
Ein wichtiger Part eines Musicalfilms ist logischerweise der Soundtrack. Schließlich wird die Geschichte in einem Musical zu großen Teilen durch Songs und Tanz erzählt. Glücklicherweise kann man hierzu sagen, dass The Promeinige Ohrwürmer und mitreißende Songs abliefert. Sei es der feurige Song „It’s Not About Me“, in dem Meryl Streep darüber singt, wie toll es ist, dass sich ihre Rolle Dee Dee Allen um das Schicksal von Emma sorgt. Ein weiteres Highlight ist der großartige Song „Love Thy Neighbor“ performt von Andrew Rannells, in dem sein Charakter Trent skeptische Teenager davon überzeugen will, dass die wichtigste Lehre aus der Bibel „Liebe deinen Nächsten!“ ist.
Aber auch auf der emotionalen Seite hat The Prom einiges zu bieten und schafft es mit Songs wie „Dance with You“ oder „Unruly Heart“ das Publikum zu rühren – was zu großen Teilen auch an der natürlichen und ruhigen Performance von Darstellerin Jo Ellen Pellmann liegt! Generell sind die Gesangseinlagen in The Prom schön inszeniert und werden sicherlich zu dem ein oder anderen Ohrwurm führen.
Doch wie sieht es in Sachen Cast aus? Meryl Streep überzeugt als Broadway-Diva Dee Dee Allen und liefert mal wieder eine tolle Schauspielleistung ab. Die Grande Dame Hollywoods spielt Meryl Streep als eingebildete Allen so herrlich überzeugend und selbstverliebt – es macht einfach Spaß, ihr beim Singen, Tanzen und Überreagieren zuzusehen. Streep holt alles aus dem Charakter raus, was das stellenweise sehr flache Drehbuch ihr bietet. Neben ihr kann auch Andrew Rannells als mittelloser Musicaldarsteller Trent überzeugen und sorgt für einige der lustigsten Momente des Films. Auch Newcomerin Jo Ellen Pellmann behauptet sich als optimistische Schülerin Emma und schafft es mit ihrer sympathischen Art, in dem mit Stars gespickten Cast nicht unterzugehen. Die Sympathieträgerinnen des Films sind ganz klar Pellman und Ariana DeBose, die Emmas Freundin Alyssa spielt. Man kann also sagen, dass der Cast aus dem leider flachen Drehbuch das Meiste rausholt.
Der Schauspieler, über den im Rahmen von The Prom wohl am meisten gesprochen wird, ist James Corden. Und das leider aus eher unerfreulichen Gründen. Dabei geht es nicht hauptsächlich um seine darstellerische Leistung, die aufgrund von stellenweise arg gestelltem Schauspiel nicht immer überzeugt. Es geht auch nicht um seine Fähigkeiten als Musicaldarsteller, mit denen Corden zugegebenermaßen ein bisschen mehr glänzen kann als mit seinem Schauspiel. Es geht vielmehr darum, für welche Rolle James Corden gecastet wurde.
Corden spielt den homosexuellen Broadwaydarsteller Barry. Im echten Leben ist Corden aber ein heterosexueller Mann. In einer Welt, in der es Minderheiten jeglicher Art immer noch unglaublich schwer haben, im Film und Fernsehen Gehör zu finden und repräsentiert zu werden, wäre es die bessere Entscheidung gewesen, Barry mit einem homosexuellen Darsteller zu besetzen.
Vielleicht mögen sich jetzt einige denken „Beim Schauspielen geht es doch darum, in andere Rollen zu schlüpfen!“. Und diese Annahme ist auch vollkommen richtig! Aber solange nicht alle Schauspieler:innen, unabhängig vom Geschlecht, der Sexualität, der Religion oder der Herkunft die gleichen Chancen haben – und das haben sie zur Zeit leider noch nicht – sollten homosexuelle Rollen mit homosexuellen Schauspieler:innen besetzt werden. Das Casting von Corden sorgt also verständlicherweise für Unmut, vor allem wenn man bedenkt, dass es in The Prom um die LGBTQIA+ Community und den Kampf um Akzeptanz geht. Einige richtige Schritte hat das Team hinter dem Musicalfilm schon gemacht, indem mit Ryan Murphy ein offen homosexueller Mann auf den Regiestuhl gesetzt wurde und die lesbischen Rollen Emma und Alyssa mit den queeren Darsteller:innen Jo Ellen Pellman und Ariana DeBose besetzt wurden.
Trotz der tollen Idee und schönen Botschaft und eines weitgehend überzeugenden Casts, bleibt The Prom wegen des oberflächlichen Drehbuchs und eindimensionaler Charaktere weit hinter seinen Chancen zurück. Glücklicherweise kann das Filmmusical mit tollen Songs und Tanzeinlagen wenigstens ein bisschen wieder gutmachen. Im Großen und Ganzen ist The Prom aber eine Enttäuschung.
Artikel vom 23. Dezember 2020
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